Nachverhandeln oder durchwinken?
Das umstrittene EU-Kanada-Handelsabkommen ist am Mittwochabend Gegenstand einer lebhaften Diskussion im Handelsausschuss des Europaparlaments in Brüssel gewesen. Der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas betonte: „Ich sage Ja zu CETA, weil die Bedingungen erfüllt sind.“ Dagegen verlangte die SPÖ-Europaabgeordnete Karoline Graswander-Hainz Nachverhandlungen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Als Bereiche, in denen nachverhandelt werden sollte, nannte Graswander-Hainz den Investorenschutz, öffentliche Dienstleistungen und das Nachhaltigkeitskapitel. „Ein ‚Augen zu und durch‘ bei CETA würde die negative Stimmung gegenüber der Handelspolitik weiter aufheizen.“
Mit der Debatte im Handelsausschuss startete offiziell auch das Zustimmungsverfahren für die Ratifizierung durch das EU-Parlament. Die EU-Kommission hat im Juli entschieden, dass neben dem EU-Parlament auch die nationalen Parlamente über CETA abstimmen sollen. Das Abkommen soll nach Zustimmung im EU-Ministerrat im Oktober bei einem EU-Kanada-Gipfel unterzeichnet werden.
Karas: „Bedingungen erfüllt“
Karas argumentierte, es sei entscheidend, ob Bedingungen des EU-Parlaments von 2011 erfüllt würden, und dass dann aufgrund von Fakten ein Urteil getroffen werde. „Der Berichterstatter teilt uns mit, dass die Bedingungen erfüllt sind. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, haben wir Ja zu sagen.“ Man dürfe nicht mit Stimmungen gegen Fakten operieren.
Der zuständige CETA-Berichterstatter des EU-Parlaments, der lettische Abgeordnete Artis Pabriks (EVP), sagte, bei den Werten sei Kanada das der EU am nächsten stehende Land außerhalb Europas. „Wenn wir CETA abschließen, sparen sich die Europäer unmittelbar zwölf Mrd. Euro.“ Für Kanada sei Europa der zweitgrößte Handelspartner weltweit. Die EU hätte mit CETA sogar bessere Handelschancen in Kanada als die USA. Vom ersten Tag des Inkrafttretens an werde CETA Zölle für Waren aus der EU im Umfang von 400 Mio. Euro abschaffen.
Grüne fordern klare Positionierung Kerns
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) äußerte sich am Mittwoch skeptisch zum bereits ausverhandelten CETA-Abkommen und forderte Verbesserungen. „Das wird der nächste Konflikt innerhalb der EU sein, den Österreich auslöst“, sagte Kern.
Der grüne Europaabgeordnete Michel Reimon forderte Kern am Donnerstag auf, sich noch klarer gegen CETA zu positionieren. „Der Bundeskanzler sollte klar sagen, dass Österreich CETA nicht zustimmt und sich keine Hintertüren offenlassen.“
Warnung vor „unglaubwürdiger EU“
Die niederländische Liberale Marietje Schaake warnte in der Debatte im Ausschuss vor einem Scheitern des Handelsabkommens mit Kanada. „Wenn das entgleist, und das kann durchaus der Fall sein, wäre die EU kein glaubwürdiger Handelspartner mehr.“ Die Konsequenzen wären beträchtlich, weil eine fragmentierte EU keine Standards mehr setzen könne.
Der Ausschussvorsitzende Bernd Lange (SPD) widersprach Kritik der Linken, wonach das Europaparlament alleine keine demokratische Legitimation zur Ratifizierung des Handelsabkommens hätte. Es sei bedenklich, das zu sagen, sagte Lange.
Link: