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Opferzahl steigt weiter

Bei dem schweren Erdbeben in Mittelitalien sind mindestens 120 Menschen ums Leben gekommen, wie Ministerpräsident Matteo Renzi Mittwochabend bekanntgab. In der bei Touristen beliebten Bergregion wurden am Mittwoch noch über 100 Menschen unter den Trümmern vermisst, Tausende verloren ihr Dach über dem Kopf. „Drei Viertel der Stadt sind nicht mehr da“, beschrieb der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, die Verwüstung.

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„Diese Bilanz ist nicht endgültig“, sagte Renzi nach der Nennung der gestiegenen Opferzahl. Es gehe um Lebensgeschichten, Menschen und Familien. „Es ist ein grenzenloser Schmerz.“ 368 Verletzte und Kranke seien seit dem Morgen aus der Gegend weggebracht worden. Italien stehe nun solidarisch zusammen, um die großen Herausforderungen nach dem Erdbeben zu meistern. Dutzende Menschen werden noch vermisst. Die Chancen, sie lebend zu finden, sinken.

Über 70 Nachbeben

Das Erdbeben riss die Menschen um 3.36 Uhr aus dem Schlaf. Die Bewohner hatten nach den Erdstößen mit Stärken von bis zu 6,2 in den frühen Morgenstunden mit bloßen Händen im Schutt nach Verschütteten zu graben begonnen, bevor die ersten Rettungskräfte eingetroffen sind. Trotz der inzwischen angelaufenen Hilfsaktion konnten allerdings nur wenige Menschen lebend aus den Trümmern gerettet werden, am Nachmittag etwa drei Nonnen aus einem Kloster. Vier Menschen wurden dort vermisst.

Noch im 150 Kilometer entfernten Rom war es deutlich merkbar und bis in Teile Österreichs zu spüren. Besonders betroffen war neben Amatrice die Gemeinden Accumoli sowie Arquata del Tronto und Norcia. Die Zerstörungskraft des Bebens potenzierte sich durch ein Epizentrum in einer ungewöhnlich geringen Tiefe von vier Kilometer unter der Erdoberfläche. Es gab über 70 Nachbeben und rund 130 kleinere Erdstöße. Mit weiteren Nachbeben wird noch mindestens bis Donnerstag gerechnet.

Karte zeigt die betroffenen Orte des Erdbebens in Italien

Omniscale/OSM/ORF.at

Auf Luftbildern war erkennbar, dass große Teile von Amatrice zerstört wurden, das für seine historische Altstadt berühmt ist. Wegen eines in zwei Tagen geplanten Stadtfestes waren noch mehr Touristen in der Stadt als ohnehin immer im Sommer, darunter viele Jugendliche. Bürgermeister Pirozzi sagte dem Staatssender RAI: „Wir hören noch Stimmen unter den Trümmern. Es muss alles getan werden, um die Menschen zu retten.“ Auch das Krankenhaus wurde schwer beschädigt, Patienten wurden auf die Straße gebracht.

Luftaufnahme der schwer beschädigen Ortschaft Amatrice

Reuters/Vigili del Fuoco

Luftaufnahmen, hier von Amatrice, zeigen das Ausmaß der Zerstörung

Lage in entlegenen Dörfern unklar

Das betroffene Gebiet liegt in den Regionen Umbrien, Latium und Marken. Die Gegend ist dünn besiedelt, aber besonders im Sommer Ziel von Wandertouristen. Viele Römer, die dem heißen Sommer in der Stadt entfliehen wollen, haben hier Ferienwohnungen. Information über die Lage in den entlegenen kleinen Dörfern und Siedlungen in den betroffenen Gemeinden sind rar. Die Opferzahlen könnten deshalb noch um ein Vielfaches höher sein als ohnehin schon befürchtet.

In Illica starb eine vierköpfige Familie. Guido Bordo sorgte sich um seine Schwester und seinen Schwager, die dort im Urlaub waren. „Sie sind unter den Trümmern, wir warten auf Bagger, aber sie kommen hier nicht herauf“, sagte der 69-Jährige. „Es gibt kein Lebenszeichen von ihnen, wir haben nur ihre Katzen gehört.“ Immerhin seien die Kinder seiner Schwester aus den Trümmern gezogen worden. Pescara del Tronto ist laut Bürgermeister Aleandro Petrucci „komplett zerstört“.

„Keiner wird alleine gelassen“

Renzi mobilisierte die Armee mit schwerem Gerät. Die italienische Zivilschutzbehörde erklärte, die Menschen in den zerstörten Orten würden in andere Teile Mittelitaliens gebracht oder an Ort und Stelle in Zelten untergebracht. Allein in Accumoli gingen die Behörden von 2.500 Obdachlosen aus. Die Behörden rieten den Menschen im Katastrophengebiet, nicht in die Häuser zurückzukehren.

Suchmannschaft mit Hund

APA/AFP/Filippo Monteforte

Die Suche nach Überlebenden in Amatrice

Spendenmöglichkeit

Hilfsorganisationen bitten um Spenden für die Bebenopfer:

  • Rotes Kreuz: IBAN: AT57 2011 1400 1440 0144 und online, Kennwort: Katastrophenhilfe
  • Samariter-Bund: IBAN: AT04 1200 0513 8891 4144, Kennwort: Erdbeben Italien

„Keiner wird alleine gelassen: keine Familie, keine Gemeinde, keine Nachbarschaft“, versprach Renzi. Er machte sich am Mittwochnachmittag in Amatrice selbst ein Bild von der Lage, traf Einsatzleiter und versprach umfassende Hilfe. Als Soforthilfe stellte die Regierung 235 Millionen Euro bereit. Bekundungen der Anteilnahme und Hilfsangebote vor allem aus ganz Europa, darunter auch aus Österreich, trafen ein.

Italien wird aufgrund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert, oft auch von schwerwiegenden. 2009 war bei einem Beben die mittelitalienische Stadt L’Aquila verwüstet worden. Damals starben mehr als 300 Menschen. L’Aquila liegt in Luftlinie nur gut 30 Kilometer von Amatrice entfernt.

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