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Hohe Gewinneinbußen erwartet

Der Machtkampf zwischen Volkswagen und zwei Zulieferern könnte den Konzern teuer zu stehen kommen. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sagte den „Ruhr Nachrichten“ (Samstag-Ausgabe), VW drohten „Gewinneinbußen im hohen dreistelligen Millionenbereich“.

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Solch ein Lieferstopp verspiele aber Vertrauen bei allen Herstellern in der Branche. „So etwas macht man nur in wirklich allerhöchster Not.“ Der Autoökonom an der Universität Duisburg-Essen ergänzte, VW sei nicht gut aufgestellt. „Bei jedem anderen Autobauer der Welt gibt es mindestens zwei Lieferanten für solche Teile.“

VW könnte Gerichtsvollzieher schicken

Der Konzern kündigte an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um ein Ende des Lieferstopps bei externen Partnern durchzudrücken. VW will die beiden sächsischen Firmen Car Trim und ES Automobilguss unter Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft dazu zwingen, ihre Lieferungen wieder aufzunehmen.

Das zuständige Landgericht Braunschweig betonte am Freitag, dass VW bereits alle nötigen Voraussetzungen für die Herausgabe fehlender Teile erwirkt habe. Am Ende könnte also der Gerichtsvollzieher zur Not mit der Polizei im Schlepptau die dringend benötigten Teile vom Lieferanten holen.

Zulieferer: VW selbst schuld

Die beiden Zulieferer, die zur Prevent-Gruppe mit Hauptsitz in Slowenien gehören, werfen VW einen Missbrauch seiner Marktmacht vor. Sie wiesen eine Verantwortung für die Misere zurück, VW trage selbst die Schuld an der Eskalation. „Für die Krise bei VW und die dadurch entstandene Kurzarbeit sind wir nicht verantwortlich“, sagte ES-Geschäftsführer Alexander Gerstung einer Mitteilung zufolge.

ES und der auf Sitze spezialisierte Car Trim, eine ES-Schwester, verweigern trotz der einstweiligen Verfügungen dem Autobauer die Lieferung der Teile, für die VW zumindest kurzfristig keinen Ersatz bei anderen Zulieferern bekommen kann.

Hintergründe unklar

Die genauen Hintergründe des Streits liegen weiter im Dunkeln. Aus Sicht von ES und Car Trim ist die schwierige Lage Folge einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen seitens VW. Volkswagen habe keinen Ausgleich dafür gewährt. Deswegen „sahen sich Car Trim und ES Automobilguss letztlich zum Lieferstopp gezwungen“, heißt es in der Mitteilung. Dennoch sei man an einer Einigung interessiert: „Wir streben nach wie vor eine einvernehmliche Lösung mit VW an und sind offen für entsprechende Vorschläge.“

Auch ein VW-Sprecher sagte, man versuche, weiterhin eine gütliche Einigung herbeizuführen. Die dürfte aber noch auf sich warten lassen. Volkswagen und die Lieferfirmen vertagten am Samstag ihre Gespräche auf kommende Woche. Die Verhandlungen sollen erst am Montag fortgesetzt werden, hieße es von beiden Seiten.

Golf-Produktion ruht

Wegen der fehlenden Bauteile muss im Stammwerk in Wolfsburg die Golf-Produktion ruhen. Von Montag (22. August) bis einschließlich kommenden Samstag (27. August) soll dann die Arbeit auf den Montagelinien und in anderen Teilen der Produktion ruhen, wie die dpa von VW-Mitarbeitern erfuhr. Entsprechende Schichten entfallen.

Insgesamt wird Volkswagen voraussichtlich in fünf Werken mehr als 20.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Das deutsche Bundesland Niedersachsen spricht sich als VW-Großaktionär für ein hartes Vorgehen aus: „Ich wünsche mir sehr schnell eine gütliche Einigung, aber ich halte es für richtig, wenn Maßnahmen der Zwangsvollstreckung an dieser Stelle erhoben werden. Ich glaube, dass für alle Beteiligten ein Schaden entsteht, das sollte schleunigst beendet werden“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil am Freitag. Der SPD-Politiker appellierte an die beiden Firmen, die Lieferung sofort wieder aufzunehmen. Auch VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh verurteilte den Lieferstopp. „Hier läuft ein ganz mieses Spiel“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Samstag-Ausgabe).

Sinkende Absatzzahlen bei Golf

Laut „Bild“ droht VW auch an anderer Stelle ausgebremst zu werden. Die Bänder in der Golf-Produktion im VW-Werk in Wolfsburg werden demnach nicht nur nächste Woche stillstehen, sondern auch von 4. bis 7. Oktober und von 19. bis 22. Dezember. Hintergrund seien die sinkenden Golf-Absatzzahlen nach dem Abgasskandal, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Konzernkreise. VW rechne in Wolfsburg mit rund 15.000 weniger produzierten Golf-Wagen als noch zu Beginn des Jahres.

VW wollte „effizientere Beschaffungskosten“

Der VW-Konzern ist in der Branche bekannt für seine Verhandlungsmacht - nur noch Toyota und General Motors bauen ähnlich viele Fahrzeuge. Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz gilt als einer der erfahrensten Einkäufer der Branche. Er schrieb den Zulieferern Ende Juni, der Autobauer müsse auch bei den „Beschaffungskosten deutlich effizienter werden“. Er wolle die Reserven mobilisieren. „Das wollen wir kooperativ erreichen, aber auch mit der notwendigen Konsequenz, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, kündigte er die Marschrichtung an.

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