Wie das Gesetz aussieht
Was Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) für Österreich fordert, hat Deutschland seit Anfang Juli: ein Gesetz, das die Schaffung von 100.000 „gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten“ für Migranten vorsieht - besser bekannt als Ein-Euro-Jobs, wie sie für Langzeitarbeitslose in Deutschland seit Jahren existieren und kontroversiell diskutiert wurden und werden.
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Eingebettet ist die Bestimmung in ein Gesetz, das eine bessere Integration von Flüchtlingen bringen soll. Migranten sollen dadurch künftig stärker gefördert werden und leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu Integrations- und Deutschkursen erhalten. Auf der anderen Seite drohen ihnen Leistungskürzungen, wenn sie Integrationsmaßnahmen ohne wichtigen Grund ablehnen oder im Asylverfahren die Mitarbeit verweigern.
Hartz IV als Auslöser
Für Flüchtlinge werden aus den Ein-Euro-Jobs 80-Cent-Jobs, durch die sie Wartezeiten mit gemeinnützigen Tätigkeiten füllen und etwa in den Unterkünften bei der Reinigung oder der Essenausgabe helfen können. Scharfe Kritik gibt es von den Oppositionsparteien Linke und Grüne. Auch Flüchtlingsverbände wie Pro Asyl und kirchliche Sozialverbände beanstanden die geplanten Sanktionen und Vorgaben.
Sowohl das Thema als auch die Debatte darüber kennt man in Deutschland seit mittlerweile mehr als 20 Jahren: Als Teil des „Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, kurz: Hartz IV, wurden die Ein-Euro-Jobs mit 1. Jänner 2005 Teil des Reformprogrammes der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder (SPD) - seiner „Agenda 2010“.
Kritik: Gefährdung regulärer Arbeitsplätze
Langzeitarbeitslose, die keine reguläre Arbeit finden, bekommen gemeinnützige „Arbeitsgelegenheiten“ und dafür pro Stunde ein, zwei Euro zusätzlich zum Arbeitslosengeld II (ALG II) - der „Hartz-IV-Rente“, die Arbeitslose statt der bisherigen Arbeitslosen- oder Sozialhilfe erhalten, wenn sie keinen Anspruch (mehr) auf Arbeitslosengeld haben. Wer einen zumutbaren Job ausschlägt, muss mit zeitlichen und Teilkürzungen beim ALG II rechnen, Jugendlichen bis 25 Jahren kann es für drei Monate sogar ganz gestrichen werden.
Kritik an den Ein-Euro-Jobs gibt es seit der Einführung von Hartz IV von verschiedenen Seiten und mit verschiedenen Begründungen. So beklagen Arbeitgeber und auch Gewerkschaften, die öffentliche Förderung der „Arbeitsgelegenheiten“ gefährde reguläre Arbeitsplätze in den Unternehmen und verhindere die Vermittlung der Arbeitssuchenden in normale Beschäftigungsverhältnisse. Für die oppositionellen Linken schufen die Ein-Euro-Jobs einen parallelen Billiglohnsektor unter „Arbeitszwang“.
Opposition sieht keine Lösung
Auch die Umlage des Ein-Euro-Job-Systems auf Flüchtlinge durch das neue Integrationsgesetz wurde von Opposition, Arbeitgebern und Gewerkschaften mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Allenfalls eine Übergangslösung könnten sie sein, hieß es durch die Bank. Wichtiger sei es, die Asylverfahren zu beschleunigen und die Flüchtlinge so schnell wie möglich auszubilden und in reguläre Arbeitsverhältnisse zu bringen.