Browser-Plug-in auf dem Abstellgleis
Die Browser-Erweiterung Flash Player sorgte in den vergangenen Jahren für einigen Ärger. Gravierende Sicherheitslücken, Leistungseinbußen und häufige Updates sorgten bei vielen Nutzern für Unmut. Die Browser-Hersteller reagieren nun mit Einschränkungen für die Verwendung der weitverbreiteten Software von Adobe. Dabei gilt Flash eigentlich als Wegbereiter des modernen Web.
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„Dieses Plug-in ist verwundbar und sollte aktualisiert werden“ - mit dieser und ähnlichen Warnungen wurden Anwender in den letzten zwei Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass eine neue Sicherheitslücke in Adobes Flash Player entdeckt wurde. Die kostenlose Software, die seit den späten 90er Jahren praktisch zur Grundausrüstung jedes Computers zählt, entwickelte sich zur schleichenden Gefahr - auf die mittlerweile alle großen Browser-Entwickler reagieren.

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Ärgernis für Anwender und Administratoren: Gravierende Sicherheitslücken zwangen Mozillas Browser Firefox dazu, Flash zeitweise zu blockieren
Bei Google steht das Ende von Flash schon länger fest, ernst wird es demnächst: Mit der für Anfang Dezember angekündigten Version 55 des Chrome-Browsers werden Flash-Inhalte nur noch auf Nachfrage bei den Anwendern geladen - der Schritt solle Ladezeiten beschleunigen und Laptop-Akkus schonen, so Google. Ähnliches verspricht Mozilla für seinen Browser Firefox, und auch Microsoft will den Einsatz von Flash im nur auf Windows 10 verfügbaren Browser Edge reduzieren.
Mobiles Web verzichtet auf Flash
Die Idee, Flash einzuschränken und langfristig abzuschaffen, ist keineswegs neu: Für besondere Aufmerksamkeit sorgte etwa 2010 Apple-Mitgründer Steve Jobs, als er klarstellte, dass Flash keinen Platz auf iPhone und iPad habe. Das Konkurrenzsystem Android nutzte die Gunst der Stunde und warb damit, das „volle Web“ - inklusive Videoinhalte - auf den tragbaren Geräten darstellen zu können.
In der Praxis konnten die Smartphones von damals aber nicht mit den multimedialen Inhalten mithalten - Videos ruckelten, Akkus hielten plötzlich deutlich kürzer. Nur knapp zwei Jahre später stellte Hersteller Adobe die Entwicklung des Flash Players für Android-Telefone wieder ein. Das mobile Web verbreitete sich immer schneller - und Flash war kein Teil davon.
Wegbereiter für Bewegtbild im Netz
Die neue Situation muss Adobe fast fünf Jahre danach noch immer verdauen - nicht zuletzt, weil Flash mehr als ein Jahrzehnt der Quasistandard für Bewegung im Netz war. Im Jahr 1996, als die Vision vom Internet als „globales Dorf“ noch neu und das World Wide Web den Kinderschuhen kaum entwachsen war, kam das Plug-in erstmals unter dem Namen FutureSplash, wenig später bereits unter dem aktuellen Namen zum Einsatz.
Die meisten Heiminternetzugänge waren zu diesem Zeitpunkt noch ein paar Jahre davon entfernt, Videos in brauchbarer Qualität über das Web zu empfangen. Flash war vorerst als Werkzeug zur Animation von Zeichnungen gedacht, die einfacher und schneller als einzelne Pixel übertragen und dargestellt werden konnten. Zu den ersten großen Kunden zählte daher zum Beispiel Disney, das damit eigene Inhalte für das Web bereitstellen konnte.

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Vor „Gangnam Style“ gab es „Badger Badger Badger“: Die Flash-Animation war so populär, dass „Queen“-Gitarrist Brian May eine eigene Version des monotonen Internetphänomens veröffentlichte
In den folgenden Jahren fand Flash Eingang in unzählige Websites: Unterhaltungsportale wie „Newgrounds“ nutzten die Animationen zur Unterhaltung, andere erkannten das Potenzial als Werbemittel. Mit schnelleren Internetzugängen war auch die Einbettung von Videos plötzlich Thema: „YouTube“ nahm 2005 seinen Betrieb auf - und Flash war die zentrale Komponente des Portals.
Standardisierung gegen Flash-Monopol
Je mehr sich auf den Bildschirmen bewegte, desto eher zeigten sich die Schwachstellen: Der inflationäre Einsatz von Flash zwingt selbst heute noch viele Computer in die Knie. Dass das Plug-in auch unbemerkt im Hintergrund laufen kann, wird von Datenschützern seit Jahren bemängelt. Die Daten, die Flash über seine Anwender preisgibt, sind genauer als Details aus dem Browser - und lassen sich nicht deaktivieren. „Flash Cookies“ sind auf normalem Weg nur schwer zu entfernen und verfolgen die Benutzer quer durch das Netz - sie werden daher auch als „Super Cookies“ bezeichnet.
Mit der Vorreiterrolle bei Webvideos hielt Adobe über Jahre hinweg seine Monopolstellung und schlug daraus Profit - und es war letztlich wohl ausschlaggebend für die Einführung eines offenen Standards, der nicht, wie Flash, unter der Kontrolle einer einzelnen Firma steht. Die vom World Wide Web Consortium (W3C) eingeführte „HTML5“-Spezifikation ist der Gegenentwurf zu Adobes Quasistandard: Videos, Ton und Animationen waren darin erstmals festgeschrieben - das populäre Flash-Plug-in sollte damit im Prinzip überflüssig geworden sein.
Wer wagt den ersten Schritt?
Viele große Hersteller bemühen sich seither, den neuen Standard schnell umzusetzen, darunter Flash-Verweigerer Apple, Facebook und Google, mitsamt seinem Videoportal YouTube. Auch Adobe selbst rät mittlerweile, wenngleich zaghaft, dazu, auf HTML5 umzusteigen und benannte im Vorjahr die Animationssoftware Flash Professional nach knapp zwei Jahrzehnten in Adobe Animate um - ein Akt mit Symbolcharakter.
Doch Flash ist nach wie vor allgegenwärtiger Teil des Web. Vor allem kleinere Dienstleister, spezialisierte Angebote und die schier unendliche Zahl nicht mehr gewarteter Seiten setzen weiterhin auf das überholte Browser-Plug-in, das heute von Anwendern, Administratoren und Entwicklern in erster Linie als Ärgernis wahrgenommen wird.
Wenn sich ein Hersteller nun dazu entschließt, den langjährigen Platzhirsch endgültig aus dem Browser zu verbannen, dann bedeutet das gleichzeitig, einen Teil des Web in Zukunft unzugänglich zu machen. Das ist ein Schritt, der Mut erfordert und nicht ohne Kritik auskommen wird - letztlich sogar Kunden kosten kann. Bis dahin wird Flash auch weiterhin jeden zweiten Dienstag des Monats mit einem Sicherheitsupdate daran erinnern, wieso offene Standards als Grundpfeiler des Webs gelten.
Florian Bock, ORF.at
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