Ostrowski in Glawoggers Fußstapfen
Um Freundschaft und um Spaß geht es in „Hotel Rock ’n’ Roll“, sagt Regisseur und Schauspieler Michael Ostrowski. Freundschaft und Spaß haben ganz offensichtlich auch das Treiben am Set dominiert. Aber wird sich auch das Publikum mit dem Film anfreunden und Spaß daran haben?
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„Hotel Rock ’n’ Roll“ ist der dritte Teil der Sex-and-Drugs-and-Rock-and-Roll-Trilogie des im April 2014 bei Dreharbeiten in Liberia verstorbenen Michael Glawogger. Sex, das war „Nacktschnecken“ (2004). Drugs, das war „Contact High“ (2009). Fehlte noch Rock ’n’ Roll. Alle drei Teile bestritt im Großen und Ganzen dasselbe Team, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Einige von ihnen kennen einander vom Grazer Kreativmotor Theater im Bahnhof, darunter Ostrowski und sein Koregisseur Helmut Köpping (der viele Jahre lang künstlerischer Leiter des Theaters war).

Dor Film/Toni Muhr
Gerald Votava als Jerry, Pia Hierzegger als Mao, Michael Ostrowski als Max
Die große Leerstelle freilich bildet „Glawo“, wie er von seinen Freunden liebevoll genannt wurde. Im Abspann von „Hotel Rock ’n’ Roll“ wird ihm noch einmal gedankt und sein „Spirit“ beschworen. Im Vorfeld durfte man Angst haben: Ob Ostrowski sich da nicht überhebt, ob die Fußstapfen Glawoggers nicht zu groß sind? Aber es stimmt eigentlich gar nicht, dass Glawogger nicht mit von der Partie war. Er hatte gemeinsam mit Ostrowski bereits jahrelang am Drehbuch herumgewurschtelt.
Schorschi und die kleine rote Corvette
Im Interview mit der österreichischen Nachrichtenagentur APA sagte Ostrowski, dass schon unmittelbar nach dem Begräbnis Glawoggers das Team beschlossen habe, auf jeden Fall weiterzumachen. Der Altmeister war nicht nur am Drehbuch beteiligt - er hat die Crew bei den Drehs der ersten beiden Teile auch aufeinander eingeschworen. Ostrowski übernahm eine gut geölte Maschine - dass der Schmäh rennen würde, war von Anfang an klar. Und der Schmäh kommt auch im Kinosaal an.

Dor Film/Toni Muhr
Mit den beiden ein Hotel aufmachen? Viel Spaß ...
Zur Story: Willi „Ostbahn Kurti“ Resetarits veerbt als Onkel Waberl seiner Nichte Mao (Pia Hierzegger) sein abgehalftertes und überschuldetes Hotel. Mao packt ihre Kumpane Max (Michael Ostrowski) und Jerry (Gerald Votava) zusammen, sie beschließen, aus der Villa ein Rock-’n’-Roll-Hotel zu machen, begleitete „Rauschreisen“ inklusive. Als plötzlich eine kleine rote Corvette im Teich des Gartens landet, aus der sich Schorschi (Georg Friedrich) befreit, der gerade von einem Banküberfall kommt, ist die Chaostruppe komplett.
Wie Peter Alexander und Gunther Philip
Von da an entwickelt sich eine Handlung, die in ihren Irrungen und Wirrungen sicher nicht zufällig an „Im Weißen Rössl“ (1960) mit Peter Alexander und Gunther Philipp erinnert. Verwechslungen, patscherte Intrigen und die Weltfremdheit der liebenswerten Charaktere bestimmen die anarchisch-bekiffte Atmosphäre des Films.

Dor Film/Toni Muhr
Was für ein Paar: Georg Friedrich als Schorschi auf Detlev Bucks (er spielt Harry) Schultern. Mao ist wie immer die Säule der Vernunft - mehr oder weniger
Es gilt jedenfalls, das Hotel zu retten: erstens vor einem spießigen Bankbeamten (gespielt von Koregisseur Köpping), der den Kredit des Onkels fällig stellt, zweitens vor dem gewissenlosen Geschäftemacher Harry (Detlev Buck), der sich das Hotel unter den Nagel reißen möchte, und drittens vor Kommissar Walzer (Johannes Zeiler), der dem Geld vom Banküberfall nachjagt.
Sven Regener und Stefanie Werger mit an Bord
Das geraubte Geld wäre eigentlich die Lösung für alle Probleme von Mao, Max und Jerry, würde Schorschi damit rausrücken - was der nicht tut, zumindest nicht freiwillig. Als Plan B gilt ein großes Konzert, bei dem die vier als Band auftreten wollen, obwohl man nur einen Song hat: „Futschikato“. Aber der hat es textlich in sich - „Lochschwager, Futknecht, Nudelwoiger, Muschigruber, Zipflhuber (...)“. Immerhin kann das Lied in unendlich vielen Versionen (Metal, Reggae etc.) gespielt werden.
Bei „Hotel Rock ’n’ Roll“ mischen unter anderen außerdem noch mit: Sven Regener von Element of Crime als Pfarrer, Stefanie Werger als Puffmutter, Hilde Dalik als Max’ Techtelmechtel, der Rapper Skero als Pianist in Harrys Alzheimer-Hotel und Lukas König von koenigleopold als Unterwassermusikerkobold (sic!). Absurde Arrangements, sketchartige Szenen und ein Kalauer nach dem anderen wechseln einander ab, bis hin zum fulminanten Finale.
Dadaistisches Theater
Die Running Gags der ersten beiden Teile werden gnadenlos weiter ausgereizt - etwa die ambivalente Beziehung zwischen Schorschi („I bin ka Woama“) und Harry, oder Maos Dauergenervtheit von Max. Bei all dem ist Ostrowskis Beitrag zur Trilogie (übrigens unterstützt durch das ORF-Film-Fernseh-Abkommen) genug dadaistisches Theater, um nicht ganz im Klamauk zu versumpfen. „Hotel Rock ’n’ Roll“ ist zwar in erster Linie ein Film zum Lachen - aber auch einer zum ganz ordentlich Staunen, im positiven Sinn. Der Film ist zwar kein „Glawogger“ - aber Ostrowski braucht sich vor seinem „Glawo“ mit Sicherheit nicht zu verstecken. Das Experiment ist geglückt.
Simon Hadler, ORF.at
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