Das Schnitzel hat einen Namen
Regional, bio und fair: Als bewusste Gegenentscheidung zu Lebensmitteln aus der Massenproduktion entscheiden sich mehr und mehr Menschen für den Kauf nachhaltiger Produkte. Etiketten wie „Made in Austria“ gehen vielen nicht weit genug. Gleichzeitig erkennen viele Bauern den Trend und satteln auf Bioproduktion um.
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Um damit profitabel arbeiten zu können, sind viele von ihnen auf neue Modelle der Vermarktung angewiesen. Tierpatenschaft (mit oder ohne finales Rendezvous beim Griller), „Aktienpaket“ mit Dividenden in essbarer Form und „Crowdbutching“, eine Art Sammelbestellung, bei der die Kuh erst geschlachtet wird, wenn sich genügend Frischfleischinteressenten angemeldet haben - wer wissen will, was genau er isst, hat mittlerweile viele Optionen.
„Interesse an Herkunft der Lebensmittel steigt“
„Das Interesse der Menschen an der Herkunft und den Produktionsbedingungen ihrer Lebensmittel steigt“, sagt Julia Elpons, Bioschafzüchterin aus dem Burgenland, gegenüber ORF.at. Gemeinsam mit ihrer Familie betreibt sie einen Hof im Naturpark Südburgenländische Weinidylle. Gut ein Fünftel des Lammfleisches ihres Hofes wird mittlerweile via „Schaf-Aktie“ verkauft.

Johannes Hloch
Glückliche „Aktien“ im Burgenland
Für einen Anteilsschein von 55 Euro erhält man dort an drei aufeinanderfolgenden Jahren je ein Paket mit 1,7 Kilogramm Lammfleisch. Geschlachtet wird mehrmals im Jahr genau die jeweils benötigte Menge an Lämmern, Investoren können ihren Bedarf anmelden. Ähnlich auch das Konzept des steirischen Schweinenbauernhofs Labonca: Dort kann man Genussscheine im Wert von 1.000 Euro kaufen und erhält dafür jährlich Gutscheine im Wert von 130 Euro für Bioschweinefleisch aus der hauseigenen Schlachtung.
Nebeneffekt: Bewusstseinsbildung
Für die Bauern sind derartige Abomodelle eine Methode, um Geld für Investitionen - etwa zur Vergrößerung der Herde und zur Anschaffung von Arbeitsgerät - zu lukrieren. „2012 wurden die ersten Aktien ausgegeben, um die Naturparkherde zu vergrößern, vor allem aber auch, um auf diese aufwendige Pflege der Kultur- und Naturlandschaft aufmerksam zu machen“, so Elpons. Das Konzept scheint sich zu bewähren - schon im Frühjahr musste der Verkauf der „Schaf-Aktien“ gestoppt werden.
Den Erfolg führt Elpons vor allem auf den direkten Kontakt der Konsumenten zu „ihren“ Schafbauern zurück. Zur Ausgabe der heurigen „Dividende“ am 20. August wird auf dem Hof deshalb auch ein Weidelammfest gefeiert - viel Rahmenprogramm vom Schafscheren bis zur Hütehundwanderung soll den „Aktionären“ einen Einblick in das (vormalige) Leben ihres Fleisches geben.
Rein von der finanziellen Seite klingen die Renditen unterschiedlicher Anbieter höchst vielversprechend. Bis zu acht Prozent „Zinsen“ in Form von Naturalien werden angeboten. Rechtlich ist das deshalb möglich, weil - auch wenn teilweise als Crowdfunding bezeichnet - hinter den meisten Modellen nichts anderes steckt als ein Gutscheinverkauf mit Rabattgewährung.
Per Webcam nah an der Mietkuh
In lebende Bauernhoftiere mit Profit investieren können auch jene, denen das Essen der Patentiere zu weit geht. Auf dem Kräuterbauernhof der Familie Erath in Vorarlberg gibt es unter dem Motto „Kuh for you“ ganze Kühe zu mieten. Statt Fleisch gibt es Milchprodukte, der persönliche Kontakt zum Tier - mit dem man sich auf der Homepage per Steckbrief vertraut machen kann - ist nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erwünscht. Besuche der Kuh im Stall und eigenhändiges Melken sind genauso möglich, wie die Rund-um-die-Uhr Überwachung via Webcam.
Ein ähnliches Konzept bietet auch der Milchhof Wurzinger in der Steiermark, wo man ebenfalls eine „Kuh for you“ - genauer gesagt Heidi, Herta, Friederike oder Molly mieten kann um mehrmals jährlich in den Genuss von deren Milchprodukten zu gelangen.

ORF.at/Roland Winkler
Bauernhöfe bieten persönlichen Kontakt zum späteren Grillgut
In Österreich sind es meistens kleinere Familienbetriebe, die für den Vertrieb ihres Fleisches Patenschaften, „Aktien“ oder andere Crowdfunding-Methoden ausprobieren und dabei eben dezidiert das gute Gewissen der Abnehmer ansprechen.
„Ferngesteuerte“ Onlinekühe in Südafrika
In Südafrika gibt es ähnliche Modelle in viel größerem Stil. Das Start-up Livestock Wealth hat sich auf „Cowfunding“ spezialisiert und verwaltet derzeit bereits 800 Kühe. „Wir bieten etwas, das über ein normales Investment hinausgeht“, so Gründer Ntuthuko Shezi gegenüber dem „Guardian“. „Es gibt viele Menschen, die den Wert einer eigenen Kuh schätzen.“ Per SMS, E-Mail und App werden die Investoren täglich über den Status des Tieres auf dem Laufenden gehalten. „Auch wenn man weit weg ist, ist man emotional involviert und kann die Kuh quasi fernsteuern.“
„Unkomplizierte Geldvermehrung“
Dennoch sieht Shezi seine Kühe auch als wirkliche Geldanlagen. Neben dem Kaufpreis bezahlen die Investoren eine monatliche Gebühr. Rund einmal im Jahr kalben die Tiere, das dadurch gewonnene Fleisch wird zum marktüblichen Preis verkauft, das Geld wird als Dividende ausgezahlt.
Rund zwei Jahre soll es laut Unternehmenswebsite dauern, bis sich die Investition gelohnt hat und die Kuh Gewinn abwirft. „Das ganze Projekt entstand aus persönlicher Frustration“, so Shezi. „Ich habe mir gedacht: Wie kann ich unkompliziert mein Geld vermehren? Dabei bin ich mit meinen Gedanken immer wieder bei der Kuh gelandet.“
Sophia Felbermair, ORF.at
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