Mann vor Abschiebung nach Bulgarien
In Ansbach in Bayern hat am Sonntagabend ein 27-jähriger Syrer im Eingangsbereich eines Musikfestivals einen Sprengsatz zur Explosion gebracht. Der Mann starb, mindestens 15 weitere Menschen wurden verletzt. Der Asylantrag des Mannes war abgeleht worden, er sollte nach Bulgarien abgeschoben werden.
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Der Sprengsatz detonierte nach Polizeiangaben kurz nach 22.00 Uhr in der Nähe des Eingangs zu einem Musikfestival mit mehr als 2.000 Teilnehmern. Das Festivalgelände, das sich in der Innenstadt von Ansbach befindet, wurde evakuiert - das Stadtzentrum wurde abgeriegelt. Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger erklärte, der Mann habe den Sprengsatz in einem Rucksack gehabt.

APA/dpa/Daniel Karmann
Ein Beamter sichert den Rucksack, in dem der Sprengsatz transportiert wurde
„Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben“, sagte Fertinger. Er sei am Eingang aber abgewiesen worden, weil er keine Eintrittskarte hatte. Polizeiangaben zufolge waren am Tatort weit verstreut Metallteile aufgefunden worden - ein Indiz dafür, dass die Bombe eine stärkere Wirkung haben sollte. Unter den Verletzten befanden sich laut Polizeiangaben vier Menschen mit schweren Verletzungen.
Islamistischer Hintergrund „leider sehr naheliegend“
Entsprechend hielt es Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) für wahrscheinlich, dass die Explosion das Werk eines islamistischen Selbstmordattentäters war. „Meine persönliche Einschätzung ist, dass ich es leider für sehr naheliegend halte, dass hier ein echter islamistischer Selbstmordanschlag stattgefunden hat“, sagte Herrmann in der Früh. Auch der bayerische Justizminister Winfried Bausback teilte die Ansicht seines Parteikollegen.

Grafik: Omniscale/OSM/ORF.at
Bereits zwei Suizidversuche
Herrmann erklärte, der Täter habe die Explosion vorsätzlich herbeigeführt. Er habe früher bereits zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen. Es sei unklar, ob er nur in Suizidabsicht gehandelt habe oder ob er andere Menschen mit in den Tod habe nehmen wollen. Der Inhalt des Rucksacks, den der Täter bei sich trug, sei aber geeignet gewesen, noch mehr Menschen zu töten.
„Nachdem er einen Rucksack mit Sprengstoff hatte, in dem gleichzeitig auch viele scharfkantige Metallteile gepackt waren, die ja geeignet sind, im Zusammenhang mit einer solchen Bombe dann möglichst viele Menschen im Umkreis zu verletzen, müssen wir davon ausgehen, dass es keine reine Selbstmordtat war, sondern dass er möglichst viele Menschen mit ins Verderben stürzen wollte“, so Herrmann.

APA/AP/Matthias Schrader
Herrmann bei der Pressekonferenz in der Früh
Wie weit die Tat islamistischem Terror zuzuordnen sei, müssten aber die Ermittlungen zeigen, sagte Herrmann. Auf die Frage, ob der Täter im Zusammenhang mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stehe, sagte der Minister: „Es ist dies auf jeden Fall nicht auszuschließen.“ Konkrete Hinweise auf den IS gebe es allerdings nicht.
Abschiebung nach Bulgarien stand offenbar fest
Weiteren Angaben zufolge sei der Mann wegen anderer Vorfälle polizeibekannt gewesen. Er sei wiederholt auffällig geworden, unter anderem wegen eines Drogendelikts. Sein Asylantrag sei vor einem Jahr abgelehnt worden. Aus dem Innenministerium verlautete zu Mittag, dass der Syrer nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen.
„Ich kann Ihnen zur Stunde nicht sagen, warum diese Abschiebung nicht vollzogen worden ist“, fügte der Ministeriumssprecher hinzu. Abschiebungen lägen in der Zuständigkeit der Länder. Zuvor hatte es geheißen, dass der Mann wegen Suizidversuchen bereits in Behandlung gewesen sei. Man müsse nun herausfinden, mit wem der Täter kommuniziert habe, erläuterte Staatsanwalt Michael Schrotberger.
Warten auf „zuverlässige Tatsachen“
Die Bundesanwaltschaft hat indes noch nicht entschieden, ob sie die Ermittlungen an sich zieht. „Wir sind natürlich in den Informationsfluss eingebunden“, sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde auf Anfrage. „Jetzt gilt es aber erst einmal, sich eine zuverlässige Tatsachengrundlage zu verschaffen. Dann müssen wir sehen, ob das in unsere Zuständigkeit fällt oder nicht.“ Der Generalbundesanwalt verfolgt Straftaten gegen die innere Sicherheit der Republik wie Terrorismus.
Unterdessen beschlagnahmten Ermittler in der örtlichen Flüchtlingsunterkunft mehrere Gegenstände. Ob es sich bei dem ehemaligen Hotel um die Unterkunft des mutmaßlichen Täters handelte, wollte die Polizei am Montagvormittag nicht bestätigen. Mitarbeiter der Spurensicherung hatten in der Früh mehrere Kisten, Säcke und Tüten unbekannten Inhalts aus dem Gebäude getragen.
Nach Deutschland eingereist sei der Täter über Österreich - in Österreich bzw. zuvor in Bulgarien sei er registriert worden. Das gehe aus entsprechenden Einträgen im Eurodac-System, der gesamteuropäischen asylrechtlichen Datenbank, hervor, erklärte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums. Aus Österreich kam diesbezüglich zunächst keine Bestätigung.
Polizei bittet um Bilder und Videos
In der Früh wurde eine Sonderkommission mit mehr als 30 Mitgliedern gegründet. Sie solle die Ermittlungen leiten, teilte das Polizeipräsidium Mittelfranken mit. Zugleich forderte die Polizei Zeugen auf, Videos und Bilder zu der Tat per Mail an die Behörde zu schicken. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte die bayerische Polizei einen entsprechenden Aufruf.
Dritte Bluttat innerhalb einer Woche in Bayern
Es ist die dritte Bluttat in Bayern innerhalb einer Woche. Am Montagabend hatte ein junger Mann in einem Regionalzug in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen, am Freitagabend war ein Mann in München Amok gelaufen. Mehrere Menschen starben, viele wurden verletzt. In Ansbach sorgte die Explosion erneut für einen Großeinsatz der Polizei, die mit 200 Kräften anrückte. Feuerwehr und Rettungsdienste waren mit 350 Mann im Einsatz.
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