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Politiker verurteilen Putschversuch

Der Putschversuch von Militärs in der Türkei hat weltweit eine Solidaritätswelle mit der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan ausgelöst. Eine Reihe von EU-Staatschefs sowie US-Präsident Barack Obama betonten ihre Unterstützung. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) forderte die „unverzügliche“ Rückkehr zu Dialog und Rechtsstaatlichkeit.

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Die Regierung habe nach dem versuchten Militärputsch die schwierige Verantwortung, Gräben zu überwinden und alle Bevölkerungsgruppen zusammenzuführen. Gewalt könne nie ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, schrieb Kern mit Verweis auf die Toten und Verletzten auf seiner Facebook-Seite.

Merkel fordert Rechtsstaatlichkeit

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte den Putschversuch „auf das Schärfste“, warnte aber zugleich die Regierung in Ankara vor Überreaktionen. Die beste Grundlage für die Wiederherstellung des inneren Friedens im Land sei „die Demokratie, die die Rechte aller achtet und Minderheiten schützt“, sagte Merkel am Samstag in Berlin. Sie mahnte zudem, bei der Bestrafung der Umstürzler rechtsstaatliche Verfahren einzuhalten.

„Gerade im Umgang mit den Verantwortlichen für die tragischen Ereignisse der letzten Nacht kann und sollte sich der Rechtsstaat beweisen“, sagte die deutsche Kanzlerin, die erst am Samstag vom Europa-Asien-Gipfel (ASEM) in der Mongolei zurückgekehrt war.

Notfallhotline

Das Außenministerium richtete eine Beratungshotline ein: 0043-1-90115-4411

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wandte sich auch direkt an Erdogan: „Dieser Militärputsch ist kein Freibrief, um nicht rechtsstaatlich oder sogar willkürlich zu agieren“, sagte er, „wir brauchen gerade in der Türkei eine Regierung des Rechts.“ Zugleich verurteilte Kurz die Putschisten, deren Vorgehen und vor allem die Tötung von Menschen dabei sei „definitiv nicht zu rechtfertigen“. Kurz rief „alle Kräfte in der Türkei“ zur Besonnenheit auf. Menschenleben seien zu schützen, Rechtsstaat und Demokratie seien zu achten.

Unterstützung von EU-Staaten

„Wir rufen zu einer schnellen Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung auf“, hieß es am Samstag am Rande des Asien-Europa-Gipfels (ASEM) in Ulan-Bator in einer gemeinsamen Erklärung von EU-Ratspräsident Donald Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini im Namen aller 28 EU-Staaten. „Die Türkei ist ein wichtiger Partner der EU“, hieß es weiter, „die EU unterstützt voll die demokratisch gewählte Regierung, die Institutionen des Landes und die Rechtsstaatlichkeit.“

Die EU-Spitze werde die Entwicklung aufmerksam verfolgen und sich weiter mit allen 28 Mitgliedern abstimmen. Mogherini rief zum „Respekt vor demokratischen Institutionen“ in der Türkei auf. Zugleich mahnte sie zu Zurückhaltung. „Die Lage scheint unter Kontrolle, aber die Situation ist weit von einer Stabilisierung entfernt“, sagte Tusk, „die Spannungen und die Herausforderungen in der Türkei können nicht mit Waffen gelöst werden.“ Es sei zu früh, so wolle er nicht über die Auswirkungen spekulieren. Die Frage sei aber, „was für eine Türkei aus dieser Krise herauskommt“, so Tusk.

Internationale Solidarität für Erdogan

International stellte sich die Politik hinter die gewählte türkische Regierung und Staatschef Recep Tayyip Erdogan. US-Präsident Barack Obama appellierte, die demokratisch gewählte Regierung des Landes zu unterstützen.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich „zutiefst beunruhigt“ über den Putschversuch. „Alle Versuche, die demokratische Grundordnung der Türkei mit Gewalt zu verändern, verurteile ich auf das Schärfste“, sagte er. Zugleich rief er „alle Beteiligten“ dazu auf, die demokratischen Institutionen und die Verfassung zu achten. „Alle Verantwortlichen müssen sich an die demokratischen und rechtsstaatlichen Spielregeln halten und dafür sorgen, dass weiteres Blutvergießen verhindert wird.“

Obama hinter Regierung Erdogan

US-Präsident Barack Obama rief alle Parteien auf, sich hinter die Regierung Erdogan zu stellen, wie das Weiße Haus am Freitag (Ortszeit) erklärte. Auch die EU-Spitzen bekräftigten in einer gemeinsamen Erklärung ihre „volle Unterstützung für die demokratisch gewählten Institutionen“ der Türkei.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief zu Zurückhaltung und Respekt vor den demokratischen Institutionen und der türkischen Verfassung auf. Die Bundesregierung verlangte, die demokratische Ordnung in der Türkei zu respektieren, wie es in einer Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert hieß. Das Auswärtige Amt riet allen Deutschen in der Hauptstadt Ankara und in Istanbul zu „äußerster Vorsicht“.

UNO-Chef Ban ruft zu Gewaltverzicht auf

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Beteiligten zum Gewaltverzicht auf. Er verfolge die Geschehnisse sehr genau und mit großer Sorge, sagte Ban am Samstag. „Die Gewährleistung der fundamentalen Rechte, inklusive Rede- und Versammlungsfreiheit bleiben von zentraler Bedeutung.“ Jegliche Einmischung des Militärs in Staatsangelegenheiten sei nicht akzeptabel, sagte Ban. Es müsse rasch und friedlich die konstitutionelle Ordnung mit demokratischen Prinzipien wiederhergestellt werden.

Putin verurteilt Vorgänge bei Telefonat mit Erdogan

Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Putschversuch bei einem Telefonat mit seinem Kollegen Erdogan als unzulässig und verfassungswidrig. Die Führung in Moskau sei prinzipiell gegen solche Gewalt gegen den Staat, sagte Putin am Sonntag nach Angaben des Kremls in Moskau. Putin habe Erdogan sein Beileid für die Opfer übermittelt, hieß es.

Das Telefonat gilt auch als ein weiterer Schritt hin zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Moskau und Ankara. Das Verhältnis hatte sich nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im November 2015 im syrischen Grenzgebiet durch die Türkei massiv verschlechtert. Zuletzt gab es aber eine Wiederannäherung.

Nachbarn Griechenland und Iran solidarisch

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sicherte der türkischen Regierung die Unterstützung seines Landes zu. „Die Regierung und das griechische Volk verfolgen die Entwicklung in der Türkei und stehen an der Seite von Demokratie und Verfassungsordnung“, schrieb Tsipras bei Twitter. Bereits in der Nacht hatte Verteidigungsminister Panos Kammenos den Generalstab zusammengerufen.

Zypern zeigte sich erleichtert über das Scheitern des Putsches. Zunächst hatte der Putschversuch die Politik auf der Insel in Alarmbereitschaft versetzt. Der Präsident der Republik Zypern, Nikos Anastasiades, habe umgehend Kontakt mit Juncker und anderen Spitzenpolitikern aufgenommen.

Der Iran verurteilte den Putschversuch im Nachbarland. „Wir unterstützen die vom türkischen Volk demokratisch gewählte Regierung und verurteilen den Putsch“, sagte der Sprecher des iranischen Sicherheitsrats am Samstag. Seit den frühen Morgenstunden verfolge man in Teheran akribisch die Lage. Der Putsch werde in einer von Präsident Hassan Rouhani einberufenen Krisensitzung des Sicherheitsrats weiter diskutiert, sagte Sprecher Kejwan Chosrawi der Nachrichtenagentur IRNA. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sei in ständigem Kontakt mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu.

Ägypten blockiert Beschluss des UNO-Sicherheitsrats

Ägypten blockierte unterdessen einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrats, in dem die Gewalt und die Unruhen in der Türkei verurteilt werden sollten. Die Regierung in Kairo lehnt nach Angaben von Diplomaten insbesondere einen Passus ab, in dem alle Parteien aufgefordert werden, die „demokratisch gewählte Regierung der Türkei“ zu respektieren. Der UNO-Sicherheitsrat befinde sich nicht in der Position, zu beurteilen, ob eine Regierung demokratisch gewählt sei oder nicht, wird von ägyptischer Seite argumentiert.

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