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Abbau von Zöllen zwischen Kanada und EU

Europa und Kanada haben 2009 Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen mit dem Namen „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (CETA) aufgenommen. Ziel war, die Zölle zwischen beiden Ländern rigoros abzubauen, die jeweiligen Heimatmärkte für den Partner weit zu öffnen und in vielen Bereichen gemeinsame Regeln und Standards zu vereinbaren.

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Nach fünfjährigen Verhandlungen, die lange fernab der Öffentlichkeit liefen, lag im September 2014 das Ergebnis vor. Damit, so die EU-Kommission, könnte der Handel und Dienstleistungsaustausch zwischen beiden Wirtschaftsräumen längerfristig um 23 Prozent ausgeweitet werden. Europas Firmen würden durch vielerlei Kostenentlastungen und Vereinfachungen pro Jahr fast eine halbe Milliarde Euro sparen. Zudem hält die Kommission einen Zusatzimpuls in Form einer jährlich zwölf Milliarden Euro höheren EU-Wirtschaftsleistung für möglich.

EU ist Kanadas zweitwichtigster Handelspartner

Kanada stellt für die EU einen wichtigen Auslandsmarkt mit einem seit Jahren robusten Wachstum dar. Zwar dominiert für Kanada das Geschäft mit den USA bei Weitem. Aber immerhin knapp zehn Prozent des kanadischen Außenhandels entfallen auf die EU, die damit der zweitwichtigste Handelspartner des Landes ist.

Aus Deutschland kommen gut drei Prozent der kanadischen Importe - wobei die traditionell starken deutschen Branchen Autoindustrie, Maschinenbau und Chemie die größten Anteile hatten. Das Außenhandelsvolumen zwischen Kanada und der EU lag zuletzt bei 63 Milliarden Euro, das mit Deutschland bei knapp 21 Milliarden Euro. Es wuchs im vergangenen Jahr kräftig - sowohl bezogen auf die EU als auch auf Deutschland.

Was mit den Abkommen erreicht wurde

Über 99 Prozent der Zölle zwischen beiden Volkswirtschaften sollen durch das CETA-Abkommen abgebaut werden, lautet ein Verhandlungsergebnis. Es soll nicht nur für Firmen im Waren- und Dienstleistungsaustausch leichtere Marktzugänge auf beiden Seiten des Atlantiks geben, sondern auch für Landwirte sowie für Post- und Telekomanbieter. Die Europäer verweisen als Erfolg darauf, dass gerade für mittelständische Firmen viele Türen für neue Geschäfte aufgeschlossen worden seien.

In etlichen kritischen Feldern, versichern die Unterhändler aus Brüssel, gebe es für Europa Bestandsschutz. Zwingende Vorschriften des Arbeitsrechts, das Streikrecht und auch der Mindestlohn würden durch CETA nicht infrage gestellt. Als Beleg wird auf eine „Arbeitsmarktklausel“ verwiesen. Damit könnten etwa der Mindestlohn in EU-Ländern und Tarifverträge nicht in Gefahr kommen, sagt das deutsche Wirtschaftsministerium.

Was das besonders strittige Thema Investitionsschutz angeht, so hat die europäische Seite im Nachhinein eine Regelung in die CETA-Verträge hereinverhandelt, die engere Grenzen für solche Streitschlichtungsverfahren zwischen Konzernen und den jeweiligen Staaten setzt. Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium spricht von einem „modernen Investitionsschutz“ mit einem unabhängigen rechtsstaatlichen Investitionsgericht und nicht, wie zuvor geplant, ominösen privaten Schiedsgerichten.

Für Kritiker weiter ein rotes Tuch

Die Kritiker überzeugt all das nicht. Sie fordern weiterhin den Verzicht auf das Abkommen und haben das mit der Demonstration von Hunderttausenden von Menschen im vergangenen Herbst und im Frühjahr gegen CETA und das geplante US-Abkommen TTIP unterstrichen. Sie sehen nach wie vor die Gefahr von überzogenen Privatisierungen und einer „Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge“ wie etwa von der NGO ATTAC kritisiert.

Von einer „Paralleljustiz“ zum Schutz von Konzerninteressen ist die Rede, der Einschränkung demokratischer Rechte in Europa, von einer Dominanz von Profitinteressen. Auch Umwelt- und Klimastandards kämen durch CETA unter die Räder, bemängeln die Kritiker.

Gernot Heller, Reuters

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