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Erster Prozess solcher Verbrechen in Afrika

In einem Kriegsverbrecherprozess ist der tschadische Ex-Diktator Hissene Habre Ende Mai zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Sondertribunal in der senegalesischen Hauptstadt Dakar befand Habre unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter, Mordes und Zwangsprostitution für schuldig.

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Menschenrechtler sprachen von einem historischen Urteil. Habre ist der erste ehemalige Präsident, der sich wegen solcher Verbrechen vor einem Gericht in einem afrikanischen Staat südlich der Sahara verantworten musste. Er sei oftmals nicht nur persönlich in die Verbrechen involviert gewesen, er habe auch gewusst, dass sie unter seinem Regime stattfanden bzw. diese in Auftrag gegeben, urteilte Richter Gberdao Gustave Kam. Habre habe sich außerdem selbst an Folter und Vergewaltigungen beteiligt.

Habre führte im Tschad von 1982 bis 1990 ein totalitäres Regime. Schätzungen zufolge soll er für den Tod von etwa 40.000 Menschen verantwortlich sein. Rund 200.000 wurden laut dem Gericht unter seiner Herrschaft gefoltert. Zuständig war die gefürchtete Geheimpolizei DDS. Mitte Juni legte der 73-jährige Ex-Diktator Berufung gegen das Urteil ein. Sein Anwalt forderte die „bedingungslose Freilassung“. Habre bestreitet die Vorwürfe gegen seine Person.

Studium in Paris

Habre wurde als Sohn in eine Bauernfamilie im Norden des Tschad geboren und wuchs unter Nomaden auf. Durch seine hohe Intelligenz fand er rasch den Weg zu einem Jus- und Politikwissenschaftsstudium in Paris. Zurück in der Heimat schloss er sich der Nationalen Befreiungsfront an, später gründete er seine eigene Rebellengruppe FAN.

1974 geriet Habre in die Schlagzeilen, weil er eine französische Ethnologin entführt und drei Jahre lang festgehalten hatte, bis Frankreich seine Bedingungen für die Freilassung erfüllte. 1982 erkämpfte er sich seinen Weg an die Macht. Acht Jahre später wurde er selbst von einer Rebellentruppe unter dem heutigen Präsidenten Idriss Deby gestürzt und setzte sich in den Senegal ab.

Prozess gestützt durch Afrikanische Union

Die Afrikanische Union (AU) übertrug dem Senegal im Juli 2006 das Mandat, gegen Habre einen Strafrechtsprozess zu eröffnen. Das geschah vor dem Hintergrund zunehmender Kritik, dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu einseitig Afrikaner ins Visier nehme.

Die Strafverfolgung gegen Habre kam jedoch im Senegal viele Jahre nicht voran. Das ging zum Teil auf Interventionen des senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade zurück. Auch ein belgischer Haftbefehl, der gegen Habre erwirkt wurde, weil drei Belgier mit tschadischer Herkunft eine Klage wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingereicht hatten, blieb jahrelang folgenlos.

Erst nach jahrelangem Exil wurde Habre im Juli 2013 in Dakar verhaftet. Dort wurde ihm nun auch der Prozess gemacht. Mit dem Rückhalt der AU-Entscheidung für einen Prozess im Senegal wurde er dem Gericht zwangsweise vorgeführt. Beharrlich weigerte er sich, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Tschad als „Bollwerk“ gegen Libyen

Kurz nach der Verkündung des Urteils präsentierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zwei Berichte, wonach die USA und Frankreich Habres System finanziell, mit Waffen, Informationen und logistisch gestützt haben - obwohl Zeichen seiner Brutalität bereits offensichtlich gewesen seien. Beide Länder hätten den Tschad aber als wichtiges „Bollwerk“ gegen den expansionistischen Drang Libyens unter Muammar al-Gaddafi gesehen. So bildete etwa der französische Geheimdienst laut HRW Mitarbeiter des tschadischen DDS und Armeeoffiziere aus.

Unter US-Präsident Barack Obama bemühten sich die USA und auch Frankreich, den Opfern Habres zu helfen. Beide Länder unterstützten die gerichtliche Aufarbeitung finanziell.

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