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(Welt-)Untergang im Mittelmaß

Nach 14 Jahren auf der Leinwand verlässt „Ice Age“ den Planeten - und geht jetzt nach demselben bewährten, aber betagten Schema im Weltall vor. „Kollision voraus!“ ist der mittlerweile fünfte Teil der animierten Eiszeitsaga. Statt neuer Ideen werden neue Charaktere eingeführt, die allesamt straucheln beim Versuch, den drohenden Untergang zu verhindern.

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Der Weltraum - unendliche Weiten: Ausgerechnet eine Eichel bringt das Sonnensystem aus dem Gleichgewicht. Säbelzahn-Eichhörnchen und Publikumsliebling Scrat verirrt sich auf der Jagd nach der geliebten Nuss in ein UFO (das schon im ersten Teil kurz im Eis aufblitzte), mit dem das Gefüge der Planeten kräftig durcheinandergewirbelt wird. Das interstellare Chaos hat fatale Auswirkungen, denn plötzlich befindet sich ein Asteroid auf direktem Kollisionskurs mit der Erde.

Szene aus "Ice Age"

2016 Twentieth Century Fox

Das Wiesel Buck feiert sein Comeback und führt Mammuttochter Peaches, Diego, Neuzugang Julian und Co. an

Die Flucht ins All demonstriert das Dilemma der „Ice Age“-Reihe und ihrer Macher (Regie führt wie zuletzt Mike Thurmeier) anschaulich: Auf, unter und über der prähistorischen Erdoberfläche wurden anscheinend alle erzählerischen Möglichkeiten - sprich- und wortwörtlich - abgegrast. Was bleibt, ist ein außerirdisches Bedrohungsszenario, das Anleihen bei „Armageddon“ nimmt, nur um den Hauptcharakteren ein weiteres Mal die Möglichkeit zu geben, die Welt zu retten.

Rollenbilder aus der Eiszeit

Mammut Manni, Säbelzahntiger Diego und Faultier Sid (abermals von Otto Waalkes synchronisiert) ahnen unterdessen nichts von ihrem drohenden Schicksal, sie beschäftigen sich lieber mit ganz und gar irdischen Problemen, deren Verursacher schnell gefunden sind: „Weiber“ - „Weiber“. Der Dialog erinnert streckenweise an längst abgesetzte Sitcoms - ob das 2016 noch für Lacher beim Publikum sorgt, ist weit weniger wichtig als die Frage, welches Bild damit den jüngeren Zuschauern vermittelt werden soll.

Auch im weiteren Verlauf wird bemüht an der antiquierten Rollenverteilung festgehalten. Vom Schwiegersohn in spe, der nicht männlich genug ist, bis hin zur Tochter, die sich nach der Hochzeit auf das Großziehen der Kinder vorbereiten müsse - in der geschichtlich inakkuraten Welt fiktiver Urzeittiere ist offensichtlich kein Platz für zeitgemäße Rollenbilder. Filme wie „Zoomania“ zeigen indes vor, wie die anthropomorphe Fantasiewelt zum Abbau eingefahrener Stereotype beitragen kann.

Scrat wird befördert

Neben Lebensweisheiten aus vergangenen Zeiten bedient sich „Kollision voraus!“ bereits bekannter Motive, allen voran jenes der globalen Bedrohung und des daraus resultierenden kollektiven Wanderns. Bei der Vielzahl an neuen und auch zurückkehrenden Charakteren (Wiesel Buck aus dem dritten Teil nimmt eine wesentliche Rolle ein) ist der Überblick schnell verloren, der herannahende Asteroid bald nur noch eine Randerscheinung inmitten markiger Sprüche, flacher Witze und popkultureller Anspielungen.

Szene aus "Ice Age"

2016 Twentieth Century Fox

Faultier Sid (synchronisiert von Otto Waalkes) auf Partnersuche in Geotopia - in der bunten Kristallwelt lebt Brooke (im Original von Sängerin Jessie J gesprochen)

Überzeugen kann „Ice Age“ vor allem dann, wenn zur Abwechslung nicht gesprochen wird. Nager Scrat jagt seiner flüchtenden Nuss quer durchs All hinterher und erinnert in seinem wortlosen Humor an die Anfänge der Reihe. Dass das eigentliche Aushängeschild der „Ice Age“-Filme im fünften Teil zum anfänglichen Handlungsmotor befördert wird und deutlich öfter auf der Leinwand zu sehen ist, ist jedenfalls positiv zu werten. Leider schneiden die eingeschobenen Sketche den Plot aber noch weiter ein.

Farbenfrohe Welt in 3-D

Dem erzählerischen Chaos der drohenden Apokalypse steht deren kompromisslose optische Präsentation gegenüber: So farbenfroh wie in „Kollision voraus!“ war „Ice Age“ bisher noch nie. Neben Ausflügen in den Kosmos (im Original dient der US-Physiker Neil deGrasse Tyson als begleitender Erzähler) ist vor allem die Kristallwelt Geotopia hervorzuheben, die einen visuellen Kontrapunkt zum vorwiegend braun-grün-blauen Urzeitleben bildet.

Auch Otto kann nichts mehr retten

Ein wirklich guter Kinderfilm schafft es, Kinder zu inspirieren und Erwachsene zu unterhalten. Der fünfte Film der „Ice Age“-Reihe wartet neben der bereits erwähnten Reihe flacher Witze (und so manch unnötiger Doppeldeutigkeit) und einem antiquierten Rollenbild mit Elementen einer romantischen Komödie auf - und wurde in dieser Form schon viermal davor auf der Leinwand gezeigt.

Damit können vielleicht „Ice Age“-Neulinge und die treuesten Fans begeistert werden, doch der Serie ist ihr fortgeschrittenes Alter anzumerken, selbst dann, wenn die Kinokassen dem Studio recht geben. „Kollision voraus!“ ist nicht außergewöhnlich schlecht, aber es gibt mittlerweile umso mehr außergewöhnlich gute Filme, die konstant zeigen, wozu Animationsfilm in der Lage ist. Im Abspann singt Otto. Das tröstet nach 94 durchwachsenen Minuten. Aber es rettet den Film leider nicht.

Florian Bock, ORF.at

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