Bericht zeigt „bevorzugte Methode“ auf
Frauen in Mexiko werden bei Festnahmen und Verhören laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) routinemäßig misshandelt und oft sexuell angegriffen. Alle hundert weiblichen Häftlinge, die Amnesty für den im Vorjahr vorgestellten Bericht befragte, gaben an, von den Polizisten sexuell oder psychisch misshandelt worden zu sein.
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Sieben von zehn Frauen berichteten laut AI, ihnen sei bei ihrer Festnahme oder in den folgenden Stunden sexuelle Gewalt widerfahren. 33 Frauen hätten versichert, sie seien von Sicherheitskräften vergewaltigt worden. „Wenn wir über Gewalt gegen Frauen reden, ist die bevorzugte Methode des Staates die sexuelle Gewalt“, sagte die Autorin des Berichts, Madeleine Penman, der Nachrichtenagentur AFP. Das sei „die schreckliche Entdeckung“ der Untersuchung.
Elektroschocks und Würgen
Die befragten Frauen berichteten laut Amnesty überdies von Schlägen in den Bauch oder auf den Kopf, Begrapschen und Elektroschocks an den Genitalien. Außerdem drohten Polizisten laut Bericht Festgenommenen oder deren Angehörigen eine Vergewaltigung an oder würgten Frauen, sodass sie keine Luft mehr bekamen.
Auffällig ist laut Amnesty auch die geringe Chance, dass Misshandlungen geahndet werden. Von den hundert Frauen hätten 70 die Übergriffe einem Richter oder anderen Repräsentanten des Staates berichtet, aber nur in 22 Fällen seien Ermittlungen eingeleitet worden. Niemand sei bisher belangt worden. Die deutsche Mexiko-Expertin von Amnesty, Maja Liebing, forderte die mexikanische Regierung auf, „endlich effektive Schutzmechanismen gegen Folter umzusetzen“.
„Einfache Ziele“ für bessere Statistik
Besonders Frauen mit geringem Einkommen, wenig Bildung, Alleinerziehende, Homosexuelle und Prostituierte seien für Behörden und Sicherheitskräfte „einfache Ziele“, kritisierte Amnesty. Der Zugang zu einem Anwalt direkt nach der Festnahme müsse künftig garantiert werden, forderte die Organisation. Bei Foltervorwürfen müssten Betroffene zudem umgehend von unabhängigen medizinischen Experten untersucht werden.
Die mexikanische Polizei sehe in Frauen offenbar „leichte Ziele für Festnahmen, um die Statistiken zu verbessern und der Gesellschaft zu zeigen, dass die Sicherheitsmaßnahmen der Regierung Ergebnisse zeitigen“, so Amnesty. Meist seien junge Frauen mit geringem Einkommen Opfer der Misshandlungen. Die Untersuchung habe ergeben, dass viele festgenommene Frauen alleinerziehend seien. Sie würden zur Zielscheibe der Sicherheitskräfte, weil sie ohne einen Mann an ihrer Seite nicht den weit verbreiteten Geschlechtervorstellungen entsprächen.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Die mexikanischen Sicherheitsbehörden führen seit zehn Jahren einen blutigen Krieg gegen die Drogenkartelle im Land, damit wird teils auch der übermäßige Gewalteinsatz argumentiert. Nach Einschätzung von Menschenrechtsgruppen begehen dabei beide Seiten Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Sowohl staatliche Sicherheitskräfte, also Polizei und Militär, als auch Verbrechersyndikate würden gezielt die Zivilbevölkerung angreifen, hieß es in einem Bericht der Stiftung Open Society. Diese systematischen Morde, Entführungen und Folterungen erfüllten den Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit.
Appell an Regierung
Seit 2006 wurden mehr als 177.000 Menschen getötet, mehr als 28.000 gelten als vermisst. Nur ein Bruchteil der Verbrechen werde aufgeklärt, hieß es in dem Bericht, an dem fünf mexikanische Menschenrechtsorganisationen mitgearbeitet hatten. Die Regierung solle Ermittlergruppen für die Suche nach Verschleppten gründen, unabhängige Zeugenschutzprogramme einrichten und die Streitkräfte von ihren Polizeiaufgaben entbinden, empfahlen die Fachleute.
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