Schelling sieht „vernünftige Lösung“
Nach dem Sturmlauf mehrerer Organisationen und Branchenvertretungen gegen die bisherige Form der Registrierkassenpflicht hat die Regierung am Dienstag Erleichterungen für gemeinnützige Vereine und kleine Betriebe beschlossen. Das Paket, das nun geschnürt wurde, enthält unter anderem Verbesserungen für die Gastronomie.
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Es geht etwa um die Zusammenarbeit von Wirten mit Vereinen und um Familienmitglieder, die im Betrieb mitarbeiten, so Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) vor dem Ministerrat. Er geht nicht davon aus, dass es „dramatische Einnahmeneinschränkungen“ geben wird. Das Paket sei eine „gute und vernünftige Lösung“. Eine generelle Erhöhung der Umsatzgrenze für alle auf 30.000 Euro komme aber nicht.
Kern: „Sind über unseren Schatten gesprungen“
Der Finanzminister geht außerdem davon aus, dass die neuesten Änderungen nun die letzte Präzisierung in Sachen Registrierkassenpflicht waren. Auf die Frage, ob nun Ruhe bei dem Thema einkehren werde, sagte Schelling: „Ich hoffe doch.“ Man sei sehr um entsprechende Erleichterungen bemüht gewesen, so Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im Pressefoyer nach dem Ministerrat.
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) merkte an, dass die Regierung, was die Wirte betreffe, über ihren Schatten gesprungen sei. Die Änderungen seien nicht „die Korrektur eines Fehlers“, sondern der Versuch, „eine positive Stimmung für Wirtschaftstreibende in diesem Land zu erzeugen“. Man habe nun „eine sehr gute Lösung, die sehr praktikabel ist“.
Erleichterungen für Almhütten
Die nunmehr geplanten Erleichterungen sehen vor, dass Unternehmensumsätze, die außerhalb fester Räumlichkeiten erzielt werden, von der Registrierkassenpflicht ausgenommen und eine einfache Losungsermittlung ermöglicht werden soll („Kalte-Hände-Regelung“). Das soll gelten, wenn der außerhalb des Betriebes erzielte Jahresumsatz 30.000 Euro nicht überschreitet.
Keine Registrierkassenpflicht soll es auch für Alm-, Berg-, Ski- und Schutzhütten geben, wenn die Umsätze 30.000 Euro nicht überschreiten. Erleichterungen soll es auch für gemeinnützige Vereine geben. Feste von Vereinen und Körperschaften öffentlichen Rechts - zum Beispiel Feuerwehren - sollen im Ausmaß von bis zu 72 Stunden im Jahr einer steuerlichen Begünstigung unterliegen. Bei derartigen Veranstaltung besteht keine Registrierkassenpflicht.
Begünstigung für Parteien „bei ortsüblichen Festen“
Für politische Parteien sollen die gleichen Regeln gelten, mit der Einschränkung, dass eine steuerliche Begünstigung nur für ortsübliche Feste zusteht. Das ist dann gegeben, wenn der Jahresumsatz 15.000 Euro nicht überschreitet und die Überschüsse für gemeinnützige oder politische Zwecke verwendet werden. Die Beschränkungen sollen unabhängig von der Rechtsstruktur jeweils auf Ebene der derzeit bestehenden kleinsten Organisationseinheit - Bezirks- oder Ortsebene - gelten.
Mitterlehner glaubt, dass die Regelung für Vorfeldorganisationen und Parteien vielleicht noch öffentlich diskutiert werde. Dabei gehe es um ortsübliche Vorgangsweisen, verteidigte der Vizekanzler die Regelung. Gemeint sei etwa eine kleine Mostverkostung des ÖVP-Bauernbundes. Weder eine Bundes- noch eine Landespartei werde sich mit Festen finanzieren.
Zahlreiche Änderungen für Vereine
Für den Kantinenbetrieb von gemeinnützigen Vereinen - zum Beispiel Fußballvereinen - soll es künftig keine Registrierkassenpflicht geben, wenn die Kantine an maximal 52 Tagen im Jahr geöffnet und ein Umsatz von maximal 30.000 Euro erzielt wird.
Gewährleistet werden soll auch, dass die freiwillige und unentgeltliche Mitarbeit von Vereinsmitgliedern bei Vereinsfesten - insbesondere bei Zusammenarbeit mit Gastronomen - keine lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit begründet. Generell soll die Zusammenarbeit zwischen Gastronomen und gemeinnützigen Vereinen erleichtert werden, ohne dass dadurch die steuerlichen Begünstigungen für den Verein verloren gehen.
Bei unentgeltlicher Mitarbeit von vereinsfremden Personen etwa bei kleinen Vereinsfesten soll der Verein seine steuerlichen Begünstigungen ebenfalls nicht verlieren. Zuwendungen von Vereinen an ihre Mitglieder - zum Beispiel im Rahmen von Weihnachtsfeiern - sollen im Ausmaß von bis zu 100 Euro pro Vereinsmitglied möglich sein, ohne dass das steuerschädlich für den Verein ist.
Seit Mai faktisch in Kraft
Die Registrierkassenpflicht gilt theoretisch seit Anfang Jänner 2016. Nach einer Übergangsfrist können säumige Betriebe seit Mai gestraft werden. „Keine Schätzungen“, wie viele Betriebe noch über keine Registrierkasse verfügen, gab es im Finanzministerium bei einer APA-Anfrage Anfang Juni. Bisher gab es auch keine verhängten Strafen für säumige Unternehmer, weil etwaige Verfahren noch laufen.
Bei einer vorsätzlichen Verletzung der Registrierkassenpflicht oder Belegerteilungspflicht können laut Finanzministerium Strafen bis zu 5.000 Euro verhängt werden. Es sind beim Strafausmaß etwa Einkommen, Schuld, Milderungsgründe zu berücksichtigen. Bei einem geringen Verschulden ist theoretisch auch eine Verwarnung möglich.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte im März festgestellt, dass die Registrierkassenpflicht „keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Erwerbstätigkeit“ darstellt. Damals hatten Kleinunternehmer versucht, die Steuerreformmaßnahme überhaupt zu kippen.
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