Spleeniger zweitreichster Mann der Welt
Geht es nach dem Vermögen, ist der spanische Textilindustrielle Armancio Ortega derzeit mit einem geschätzten Privatvermögen von rund 60 Milliarden Euro nach Microsoft-Gründer Bill Gates der zweitreichste Mann der Welt. Geht es nach seinen Spleens, ist er wohl die klare Nummer eins unter den Superreichen. Bis heute isst er in der Firmenkantine, wann immer er kann.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Gesicherte Fakten gibt es nur wenige über Ortega. Seine Zurückgezogenheit ist geradezu legendär. In seinem ganzen Leben gab er bisher drei Interviews, und auch das nur widerwillig aus PR-Gründen vor dem Börsengang seines Inditex-Konzerns im Jahr 2001. Was sein Privatleben angeht, gibt es nur wenige gesicherte Fakten, dafür umso mehr unbestätigte Medienberichte. In Spaniens Boulevardpresse gilt es als großer Fang, wenn man auch nur ein winziges privates Detail über ihn in Erfahrung bringt.
Start mit Patchwork-Bademänteln
Fest steht, dass Ortega heute 80 Jahre alt ist, in zweiter Ehe mit einer ehemaligen Zara-Mitarbeiterin verheiratet ist - und sich von ganz unten hochgearbeitet hat. Das Kind eines Bahnarbeiters begann seine berufliche Karriere als Laufbursche in einem Hemdengeschäft in A Coruna (La Coruna), das noch heute an der ursprünglichen Adresse exisitiert. Damals lernte er auch seine erste Frau kennen, die Näherin Rosalia Mera Goyenechea.
Gemeinsam mit seiner Frau baute Ortega sein Textilimperium auf. Er begann mit Bademänteln im Patchwork-Stil, schon damals mit innovativen unternehmerischen Ideen: Statt die Bademäntel in Nähereien zu bestellen, baute er eine Näherinnenkooperative auf, bei der alle am Gewinn beteiligt waren. Anfang der 70er Jahre machte das Paar den nächsten Schritt und eröffnete in A Coruna eine Boutique mit Namen Zara.
Karitative Tätigkeiten im Verborgenen
Aus einer Boutique wurden inzwischen weltweit über 2.100 rund um die Welt, 2016 stieg die Firma auch in Vietnam und Neuseeland auf dem Markt ein. Dazu kommen mit weiteren Shops noch die weiteren Marken Zara Home, Massimo Dutti, Bershka, Oysho, Pull and Bear, Stradivarius und Uterqüe. Die Expansion funktionierte nach dem Schneeballsystem, immer auf der Reinvestition vorhandener Profite basierend. Allein in den letzten vier Jahren verdreifachte sich damit Ortegas Privatvermögen.
Man weiß von zwei Kindern, einer Tochter und einem Sohn aus erster Ehe. Dessen schwere Behinderung wird als Grund dafür angesehen, dass Ortega und seine erste Frau gemeinsam die karitative Stiftung Paideia gründete, die behinderten Kindern und Jugendlichen hilft. Bekannt wurde außerdem etwa eine Spende an die Caritas im Jahr 2012 im Ausmaß von 20 Millionen Euro, was er damals mit der nötigen Hilfe für die Ärmsten der Gesellschaft wegen der Auswirkungen der Wirtschaftskrise begründete.
Nur bedingt bescheiden
In absoluter Verschwiegenheit brachten Ortega und die 2013 verstorbene Mera auch ihre Scheidung in den 80er Jahren über die Bühne, bei der sie das Firmenimperium unter sich aufteilten beziehungsweise weiter zu zweit leiteten. Den Beleg für die Scheidung hatte die Öffentlichkeit erst mit dem Auftauchen von Ortegas zweiter Frau Flora Perez Marcote nach dem Jahr 1986. Geheiratet haben soll das Paar erst 2001.
Auch mit seiner zweiten Frau hält er sich konsequent von der Öffentlichkeit fern. Er wohnt bis heute nur in Apartmenthäusern, um nicht zum Ziel von Paparazzi zu werden. Das oft gezeichnete Bild des „bescheidenen Milliardärs“ trifft allerdings nur bedingt zu. Dass er bis heute nach Möglichkeit in der Firmenkantine von Inditex isst, hat laut Angaben aus seinem Umfeld vor allem damit zu tun, dass er möglichst direkt erfahren will, wie es um seine Firma steht.
Pferde, Kunst, Autos - und nie Krawatte
Ortegas kolportierte Hobbys entsprechen schon eher dem gängigen Bild über Superreiche: Er hat ein eigenes Gestüt mit Rennpferden, dem Vernehmen nach eine bedeutende Kunstsammlung und liebt teure Autos - das angeblich aber nur, weil diese bequemer seien als andere. Bequem liebt er auch seine Kleidung: Noch nie wurde er in der Öffentlichkeit anders gesehen als mit grauen Jeans, Hemd ohne Krawatte und Sakko. Nie waren es Stücke des Inditex-Konzerns.
Links: