Sorge um Image Frankreichs
Frankreichs Präsident Francois Hollande hat mit Blick auf die am Abend beginnende Fußball-Europameisterschaft ein Ende von Streiks und Protesten im Land gefordert. „Es ist notwendig, dass diejenigen, die in den Bewegungen sind oder sie organisieren, ihre Verantwortung übernehmen“, sagte Hollande am Donnerstag in seinem Heimatwahlkreis in Tulle im südlichen Zentrum des Landes.
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„Ich appelliere an die Verantwortung aller“, sagte Hollande. Der Staat werde seine Pflicht übernehmen für Empfang und Transport der Menschen und die hohen Sicherheitsanforderungen der Spiele. Dafür kündigte Hollande „alle erforderlichen Maßnahmen“ an. Konkrete Schritte nannte der Staatschef aber nicht.
Streiks bei Eisenbahn ausgedehnt
Gleichzeitig kritisierte Hollande Aktionen von Gewerkschaftern und Demonstranten kurz vor der EM. „Es gibt Proteste und Bewegungen, die sich seit Wochen artikulieren, die aber nicht die Aufgabe haben, Hindernisse aufzubauen für diesen großen Wettbewerb“, sagte Hollande. Es gehe dabei auch um das Bild Frankreichs und seiner Hauptstadt Paris, die sich als Ausrichter der Olympischen Spiele 2024 beworben hat.

Reuters/Charles Platiau
Im Bahnverkehr kommt es zurzeit zu zahlreichen Ausfällen
Die französischen Eisenbahner hatten zuvor beschlossen, den Streik bei der Staatsbahn SNCF auch an den ersten Tagen der Fußball-EM fortzusetzen. Dieser betrifft auch die Pariser Vorortzüge, die zum Stade de France fahren, wo am Freitagabend das Eröffnungsspiel stattfindet.
Appell an Verantwortungsbewusstsein
Auf die Frage, ob es zu Dienstverpflichtungen von Bahnbeschäftigten kommen werde, sagte Hollande: „An dem Punkt sind wir noch nicht.“ Aber man könne sich darauf verlassen, „dass die öffentlichen Dienstleistungen gewährleistet sind und dass der Staat seiner Verantwortung nachkommt“.
Aber auch die Befürworter der Streiks müssten „ihrer Verantwortung nachkommen“. Das bedeute nicht, dass sie auf ihre Forderungen verzichten sollten. Aber sie müssten auch einen Beitrag dazu leisten, dass die EM „ein gemeinsames Volksfest“ werde.
Für Valls auch Dienstverpflichtung denkbar
Premierminister Manuel Valls schloss am Donnerstagabend nicht aus, streikende Lokführer zum Dienst zu verpflichten. „Keine Hypothese“ sei ausgeschlossen, um den Transport zum Eröffnungsspiel zu gewährleisten, sagte er in Clermont-Ferrand. Auf die Frage, ob das Dienstverpflichtungen einschließt, antwortete er: „Ich schließe aus Prinzip keine Hypothese aus.“ Die EM solle „ein schönes Schaufenster Frankreichs“ werden.
Gewerkschaft sieht sich nicht als Spielverderber
Der Generalsekretär der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, wollte sich nicht den Spielverderber umhängen lassen. Die Fußball-EM solle „in den Stadien und Fanmeilen wie ein echtes Volksfest ablaufen“. Die Protestbewegung sei aber „nicht vorbei“ - und könne noch ausgeweitet werden, so der Gewerkschaftsführer.

APA/AFP/Alain Jocard
Bereits am Donnerstagnachmittag war die Fanzone vor dem Eiffeltum gefüllt
In Frankreich machen Gewerkschaften schon seit drei Monaten gegen eine umstrittene Arbeitsmarktreform mobil, mit der Staatschef Francois Hollande Unternehmen im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit mehr Flexibilität einräumen will. Die Streiks haben aber auch andere Gründe - die Eisenbahner streiken beispielsweise aus Protest gegen eine neue Vereinbarung über ihre Arbeitszeiten.
Landesweiter Protesttag am Dienstag
Für Dienstag hatte CGT darüber hinaus bereits vergangene Woche einen landesweiten Protesttag angekündigt. Bisher kam es bei den Großdemonstrationen gegen das geplante Arbeitsmarktgesetz regelmäßig zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Das bedeutet zum einen eine Extrabelastung für die Sicherheitskräfte, die ohnehin bereits rund um die EM im Dauereinsatz stehen. Zum anderen gilt wohl - ähnlich wie für Flugausfälle und Müllberge -, dass Tränengas und fliegende Pflastersteine kaum dem Bild entsprechen, das Paris vor einer breiten Öffentlichkeit von sich zeichnen will.
Gute Stimmung bei Eröffnung der Fanmeile
Zumindest bei der Eröffnung der Fanmeile vor dem Eiffelturm ließen sich die Fußballfans die gute Stimmung aber nicht nehmen. Bereits einen Tag vor dem Eröffnungsspiel gab der französische DJ David Guetta vor rund 83.000 Zuschauer ein Konzert. „Es ist einfach unglaublich, hier zu sein und die Leute zu sehen“, sagte Guetta auf der Bühne.
Unterstützt wurde der 48-jährige Guetta, der mit seinem EM-Song „This One’s For You“ auch bei der Eröffnungszeremonie am Freitagabend im Stade de France dabei ist, unter anderen vom US-Rapper will.i.am von den Black Eyed Peas. Bereits am Nachmittag waren Besucher auf das für bis zu 92.000 Menschen konzipierte Gelände auf dem Marsfeld gekommen. Freilich war auch hier nicht „Business as usual“ angesagt. Wegen der - aus Angst vor Terroranschlägen - extra strengen Sicherheitsvorkehrungen bildeten sich lange Schlangen vor den Kontrollpunkten.
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