Mehrheit so gut wie fix
Hillary Clinton hat einem Medienbericht zufolge die Nominierung der US-Demokraten für die Präsidentschaftskandidatur sicher. Wie die Nachrichtenagentur AP am Montagabend unter Berufung auf eigene Berechnungen meldete, hat die Ex-Außenministerin die benötigten 2.383 Delegiertenstimmen beisammen, um am Parteitag im Juli ernannt zu werden. Davon unbeeindruckt zeigte sich Kontrahent Bernie Sanders.
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Auch andere US-Medien, darunter die „New York Times“, berichteten auf dem Aufmacherplatz, Clinton habe die Nominierung in der Tasche. Bei der Zählung von AP sind die Superdelegierten - insgesamt 714 hochrangige Parteivertreter, die sich frei für einen Kandidaten entscheiden dürfen - einbezogen, die ihre Meinung auf Medienanfragen hin kundgetan hatten, diese aber jederzeit ändern können. Laut AP hat Clinton 1.812 normale Delegierte aus den Vorwahlen sicher sowie das Versprechen von 571 Superdelegierten, im Juli für sie zu stimmen. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht.
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Vorwahlsieg fixiert?
Clinton sieht sich an der Schwelle zu einem „historischen Moment“.
Zweiter „Super Tuesday“
Im Präsidentschaftswahlkampf der USA stehen am Dienstag Abstimmungen in sechs Staaten an, wegen der gleichzeitig stattfindenden Voten auch zweiter „Super Tuesday“ genannt. Dabei erreicht Clinton die Delegiertengrenze unweigerlich, selbst wenn sie alle Abstimmungen verlieren sollte. Damit würde erstmals in der Geschichte der USA eine große Partei eine Frau in das Rennen um das wichtigste Staatsamt schicken. Clinton dürfte bei der Wahl Anfang November auf den Republikaner Donald Trump treffen. Der jüngsten Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge liegt sie elf Prozentpunkte vor dem Milliardär in Führung.
Sanders bezweifelt Berechnung
Allerdings zeigte sich Clintons verbliebener Rivale im Vorwahlkampf, Sanders, in einer ersten Reaktion unbeeindruckt. Es sei falsch von den Medien, die Superdelegierten mitzuzählen, sagte der Senator aus Vermont. Er werde bis zum Parteitag daran arbeiten, diese umzustimmen.

Grafik: ORF.at; Quelle: NY Times; Fotos: APA/AFP/AP
Knackpunkt Kalifornien
Sowohl Demokraten als auch Republikaner stimmen am Dienstag in Montana, New Jersey, New Mexico und South Dakota sowie im besonders wichtigen - weil größten - Vorwahlstaat Kalifornien ab. Nur die Demokraten wählen zusätzlich in North Dakota. Danach folgt am 14. Juni die letzte Vorwahl in Washington DC. Im Juli wird schließlich an Nominierungsparteitagen der beiden Parteien die endgültige Entscheidung über den Kandidaten getroffen. Bereits am Samstag gewann Clinton die Virgin Islands, am Sonntag das US-Außengebiet Puerto Rico.
Unabhängig von den Delegierten wird spannend, ob die Favoritin im wichtigen Bundesstaat Kalifornien reüssieren kann. Bis dato lag Clinton zwar in jeder Umfrage vorne, der Abstand zwischen ihr und ihrem Konkurrenten Sanders schmolz allerdings in den vergangenen Wochen auf wenige Prozentpunkte. In manchen Umfragen trennen sie und ihren großen, unerwarteten Konkurrenten des Wahlkampfes nur noch zwei Prozentpunkte.
Sanders chancenlos
De facto ist Sanders chancenlos. Selbst bei einem Erdrutschsieg in Kalifornien könnte er Clinton den Gesamtsieg nicht mehr entreißen. Das liegt auch daran, dass Clinton den größten Teil der Superdelegierten hinter sich vereinen konnte, die ihre Stimme außerhalb der Vorwahlen und erst am Nominierungsparteitag abgeben.
Damit Sanders noch Chancen hätte, müsste er nicht nur die Unentschlossenen unter den Superdelegierten auf seine Seite ziehen, sondern auch Clinton einige Unterstützer abspenstig machen. Beides scheint politischen Beobachtern mehr als unwahrscheinlich. Aber Sanders will es offenbar bis zum letzten Moment versuchen: Erst der Nominierungsparteitag entscheide über den Kandidaten, betonte er.
Sanders stellt Kampfabstimmung in Aussicht
Klar ist aber, dass im Fall einer Niederlage in Kalifornien Clinton mit einem schweren Handicap in den Wahlkampf gegen Trump ziehen würde. Die Ex-Außenministerin kämpft dort vor allem um Stimmen Schwarzer und Latinos, machte Immigration, Waffengesetze und Gentrifizierung zu ihren Themen. Sanders kritisierte sie dafür, gegen ein Novelle der Immigrationsgesetze gestimmt zu haben.
Sanders konterte diese jüngste Attacke, indem er Spenden ausländischer Regierungen an die von ihrem Mann Bill gegründete Clinton Foundation kritisierte. Er habe ein Problem damit, dass eine amtierende Außenministerin und eine von ihrem Mann organisierte Stiftung viele Millionen Dollar von fremden Regierungen annehme, unter anderem auch von diktatorischen Regierungen.
Entspannter Vorwahltag für Trump
Keine Sorgen um Konkurrenten muss sich der umstrittene politische Quereinsteiger Trump machen. Er konnte bereits vor dem Wahltag am Dienstag die Schwelle von 1.237 Delegierten überschreiten. Doch auch Trump hat Kalifornien im Auge: Der „blaue“, also demokratisch wählende Bundesstaat gilt als nahezu uneinnehmbares Terrain, das allerdings aufgrund seiner Größe entscheidend sein kann.
Kein Zufall also, dass Trump erst vergangene Woche bei einer Wahlkampfveranstaltung im kalifornischen San Jose besonders laut gegen Clinton polterte. Trump forderte dort unter anderem, dass Clinton wegen der E-Mail-Affäre „in den Häfen“ kommt. Bei der Wahlkampfkundgebung gab es auch erneut Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern.
Republikaner freunden sich mit Trump an
Zusätzlich kann sich Trump über wachsende Unterstützung aus dem republikanischen Establishment freuen. Kürzlich hat der Präsident des US-Abgeordnetenhauses der Republikaner, Paul Ryan, einen Damm gebrochen, indem er seine Opposition zu Trump aufgegeben hat. „Ich bin zuversichtlich, dass er dazu beitragen wird, die Ideen unserer Agenda in Gesetze umzusetzen“, schrieb Ryan in einer Kolumne für die Zeitung „The Gazette“, die in seiner Heimatstadt Janesville (Wisconsin) erscheint. „Deswegen werde ich ihn in diesem Herbst wählen.“
Auch sein ehemaliger Widersacher Marco Rubio hat sich mit Trump versöhnt. Rubio wolle sich auf dem Nominierungsparteitag im Juli in Cleveland für Trump aussprechen und seine während des Vorwahlkampfes gewonnenen Delegiertenstimmen freistellen, so Rubio in einem Interview mit CNN. Der Senator aus Florida zog sich im März zurück, nachdem er in seinem Heimatstaat eine herbe Niederlage erlitt.
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