Clinton ungewöhnlich scharf
Die Wortgefechte im US-Vorwahlkampf zwischen der wahrscheinlichen demokratischen Kanidatin Hillary Clinton und dem schwer umstrittenen republikanischen Milliardär Donald Trump werden härter. Trump forderte am Donnerstag Gefängnis für Clinton. Clinton indes sprach in harten Worten Trump die Fähigkeit für die US-Präsidentschaft ab.
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Das heftige Wortgefecht gibt einen Vorgeschmack darauf, mit welcher selbst für US-Verhältnisse ungewöhnlichen Härte der Kampf um das Weiße Haus im Herbst geführt werden dürfte. Viele Beobachter rechnen mit einem der erbittertsten Wahlkämpfe der jüngeren US-Geschichte.

APA/AP/John Locher
Clinton attackierte Trump in bisher ungewohnter Schärfe
Trump: Clinton gehört ins Gefängnis
Trump forderte am Donnerstag, dass seine demokratische Konkurrentin Clinton ins Gefängnis kommt. „Ich sage Ihnen eins: Hillary Clinton muss in den Häfen“, sagte Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) im kalifornischen San Jose. „Ehrlich, Leute - sie ist so etwas von schuldig“, sagte Trump in Zusammenhang mit der E-Mail-Affäre.
Die 68-Jährige hatte während ihrer Zeit als Außenministerin ihre Kommunikation über einen privaten Server laufen lassen. Dafür wurde sie in einem Untersuchungsbericht des Außenministeriums gerügt. In dem am Mittwoch veröffentlichten Papier heißt es, Clinton habe sich im Ministerium keine Erlaubnis dafür eingeholt, den privaten Server zu nutzen.
Clinton ist die Favoritin auf die Kandidatur der Demokraten. Die Affäre nagt seit Längerem an der demokratischen Präsidentschaftsbewerberin. Sie sieht sich deswegen schweren Angriffen aus dem republikanischen Lager ausgesetzt. Trump lenkt die Aufmerksamkeit immer wieder auf das Thema.
Clinton: Trump ein Sicherheitsrisiko
Clinton selbst hatte zuvor ihren bisher härtesten Angriff gegen Trump gefahren. Sie bezeichnete Trump als instabiles Leichtgewicht, als ahnungslosen Politnovizen, gänzlich unvorbereitet, als aggressiven Macho mit fragwürdigen Neigungen. Er verbreite Lügen. In einer Rede im kalifornischen San Diego beschrieb sie den rechtspopulistischen Immobilienmilliardär am Donnerstag als Sicherheitsrisiko: „Wir können die Sicherheit unserer Kinder und Enkel nicht in die Hände von Donald Trump legen.“
Es sei unschwer vorstellbar, dass Trump als Präsident die Vereinigten Staaten in einen Krieg führen würde, bloß weil jemand „unter seine sehr dünne Haut geraten ist“, warnte die frühere Außenministerin. Sie bezeichnete den voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner als charakterlich unfähig, ein Amt auszuüben, „das Wissen, Stabilität und immenses Verantwortungsbewusstsein erfordert“. Trump sei niemand, dem die Codes für den Einsatz der US-Atomwaffen übergeben werden dürften.
Trump „will NATO-Verbündete in Stich lassen“
Clinton ging unter anderem auf Trumps Äußerungen zur NATO ein. Der Immobilienmilliardär hatte den derzeitigen Grad des Engagements der Vereinigten Staaten in der Allianz infrage gestellt und angedeutet, dass er als Präsident generell die Rolle der USA in der Welt deutlich zurückfahren würde.
Die Ex-Außenministerin bezeichnete Trump als jemanden, „der unsere NATO-Verbündeten im Stich lassen will“. Dabei seien das die Länder, die zusammen mit den USA gegen den Terrorismus kämpften. Clinton unterstrich, dass die USA zu ihrem eigenen Schutz mit ihren Verbündeten zusammenhalten müssten. Die Alliierten stellten Operationsbasen für das US-Militär zur Verfügung und lieferten Geheimdiensterkenntnisse über potenzielle Bedrohungen.
„Werde es den Psychiatern überlassen“
Clinton attackierte Trump auch wegen dessen Lobes für den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un. „Ich werde es den Psychiatern überlassen, seine Zuneigung zu Tyrannen zu erklären“, spottete sie. „Wenn Donald seinen Willen kriegt, werden sie im Kreml feiern“, sagte sie.
Noch während ihrer Rede konterte Trump im Kurznachrichtendienst Twitter: „Schlechter Auftritt der betrügerischen Hillary Clinton. Sie liest schlecht von ihrem Teleprompter ab. Sie sieht nicht einmal präsidentiell aus.“
Mit Fäusten und Eiern
Hunderte Gegner von Trump stürmten am Donnerstagabend einen Wahlkampfauftritt des Immobilientycoons im US-Bundesstaat Kalifornien. Bei Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und Trump-Anhängern flogen die Fäuste, mindestens eine Trump-Anhängerin wurde von einem rohen Ei getroffen. Die Trump-Gegner blockierten zunächst ein Polizeifahrzeug und verschafften sich dann Zugang zum Parkhaus des San Jose Convention Center, in dem Trump auftrat. Der Fernsehsender ABC News berichtete, einige Demonstranten hätten den Wagen eines mutmaßlichen Trump-Unterstützers umringt, geschüttelt und ein Rücklicht demoliert, als er aus der Garage kam.
Bei einem Protestmarsch vor dem Veranstaltungszentrum hatten Hunderte Menschen zuvor Trump vorgeworfen, die USA zu spalten und Hass zu schüren. „Kein Hass in unserem Staat“ und „Trump auf den Müll“ riefen sie. Ein Demonstrant setzte eine US-Flagge in Brand, mehrere Trump-Anhänger wurden bespuckt. Bei Auftritten Trumps kam es schon mehrfach zu Gegendemonstrationen und Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des polarisierenden Immobilienmoguls. Vor allem mit seinen Tiraden und abfälligen Äußerungen über Latinos, Frauen und Muslime provoziert Trump Aggressionen.
Ryan unterstützt Trump
Der ranghöchste US-Republikaner im Kongress stellte sich unterdessen nach langem Zögern hinter Trump. „Es ist kein Geheimnis, dass wir Differenzen haben“, schrieb Paul Ryan, Präsident des Repräsentantenhauses, in einem Beitrag der Zeitung „The Janesville Gazette“ seines Heimatbundesstaates Wisconsin.
Tatsache sei jedoch, dass es bei politischen Fragen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gebe. Ryans Unterstützung dürfte es nun für Mitglieder des Parteiestablishments einfacher machen, sich ebenfalls dem Milliardär anzuschließen. Zudem kann Trump nun leichter argumentieren, dass die Partei hinter ihm die Reihen schließt.
Clinton dürfte genug Delegierte haben
Trump hat bei den Vorwahlen der Republikaner inzwischen genug Stimmen, um die Nominierung am Parteitag im Juli zu gewinnen. Trotzdem hatte Ryan zunächst gezögert, ihm seine Stimme zu geben. Trump ist wegen seiner Aussagen zu Frauen und Minderheiten sowie seiner Haltung zu Handel und Einwanderung auch unter Republikanern umstritten. Bei der Präsidentenwahl Anfang November dürfte er gegen Clinton antreten.
Clinton muss sich zwar noch mit dem Senator Bernie Sanders als parteiinternem Rivalen auseinandersetzen, doch fehlen ihr nur noch wenige Delegiertenstimmen, um das Quorum der absoluten Mehrheit am Nominierungsparteitag im Juli zu erreichen. Diese Delegiertenstimmen dürfte sie sich bei den Vorwahlen am Dienstag in sechs Bundesstaaten, darunter Kalifornien, sichern.
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