„Ich bin stolz auf ihn“
Zwei Tage nach der Hofburg-Stichwahl und fast 24 Stunden nach der Verkündung der Niederlage Norbert Hofers ist der FPÖ-Kandidat am Dienstag gemeinsam mit Parteichef Heinz-Christian Strache vor die Presse getreten. Dankbar und gerührt gaben sich die FPÖ-Politiker - und in Hinblick auf kommende Wahlen kämpferisch. Aber auch Argwohn wurde vorgebracht - vor allem gegenüber dem Briefwahlsystem.
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Eine Wahlanfechtung wollte der FPÖ-Chef aber nicht bestätigen - wenn auch noch nicht gänzlich ausschließen. „Wir haben natürlich sehr, sehr viele Zuschriften erhalten und von sehr, sehr vielen Bürgern diverse Informationen erhalten“, so Strache zu allfälligen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten bei der Wahl.

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Strache lässt prüfen
„Und ja, wir gehen natürlich all diesen Hinweisen und Informationen auch nach. Wir überprüfen diese sachlich. Das machen Experten - und bewerten diese. Und erst nach einer Bewertung kann man sagen: Ist da etwas dran, gibt es sozusagen ‚Fleisch am Knochen‘?“ Strache ließ auch durchblicken, dass eine Anfechtung nur dann Sinn ergebe, wenn es um wahlentscheidende „Anomalien“ gehe.
Briefwahlstimmen „diametral entgegengesetzt“
Vor allem die Briefwahlstimmen in den Städten beschäftigen den FPÖ-Chef. Die Wahlkarten in den Städten seien den Ergebnissen an der Urne „diametral entgegensetzt“, so Strache. Das werfe Fragen auf, weshalb das Wahlkartensystem „sehr, sehr kritisch zu betrachten“ sei, sagte der FPÖ-Obmann, bevor er mögliche Missbrauchsmöglichkeiten ausführlich aufzählte.
Gratulation an Van der Bellen
Straches Misstrauensbekundungen gegenüber dem Briefwahlsystem nahmen zwar einen bedeutenden Teil der Pressekonfernez ein. Alleiniges Thema waren sie freilich nicht. Die beiden FPÖ-Politiker nutzten ihr Statement auch, um Alexander Van der Bellen zu dessen Wahlsieg zu gratulieren - ihn aber zugleich in die Pflicht zu nehmen.

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Hofer und Strache richteten dem Sieger ihre Glückwünsche aus
„Ich wünsche ihm für diese wichtige Aufgabe wirklich alles Gute“, sagte Hofer nach der FPÖ-Vorstandssitzung. Strache sagte, die FPÖ werde Van der Bellen an seiner Ankündigung messen, ein Präsident für alle Österreicher zu sein. Auch er wünschte dem Ex-Grünen-Chef „für das Amt alles Gute“. Er hoffe, „dass das ein ernst gemeintes Angebot war“, sagte der FPÖ-Obmann zu Van der Bellens Ankündigung, auch die anderen 50 Prozent, die ihn nicht gewählt hatten, zu berücksichtigen.
Auch „beim Gräben-Zuschütten“ sah Strache in der ZIB2 nicht sich selbst, sondern Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Zug. Kern habe mit seiner jüngsten Kritik an Ungarn Gräben aufgerissen, und Van der Bellen ignoriere mit dem neuerlichen Nein zu einem FPÖ-Regierungsauftrag den Wählerwillen, so Strache.
Heinz-Christian Strache in der ZIB2
FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache spricht im ZIB2-Interview über den knappen Ausgang der Stichwahl zum Bundespräsidenten und über seine Reaktionen auf Facebook nach der Wahl.
„Neue politische Zeitenwende“
Beide Politiker bedankten sich nicht nur bei den Wählern, sondern auch beim jeweils anderen. „Wenn ein Mensch mit einem Handicap, einem Invaliditätsgrad ausgestattet ist“, sei ein solcher Wahlkampf eine große Leistung, so Strache über seinen Hofburg-Kandidiaten. „Ich bin stolz auf ihn.“ Für die FPÖ selbst prognostizierte Strache weitere Erfolge, denn: „Der Plafond für freiheitliche Stimmen liegt heute bei 50 Prozent.“ Damit sei eine „neue politische Zeitenwende eingeleitet“.
Machtkampf zurückgewiesen
Vermutungen, wonach der FPÖ nun ein internen Machtkampf um die Spitze drohe, wiesen beide entschieden zurück. Derartige Spekulationen finde er „ausgesprochen witzig“, so Strache. „Ich kann Sie beruhigen: Wir sind seit elf Jahren ein erfolgreiches Team“, seit elf Jahren sei Hofer sein Stellvertreter, „der nicht nur ein Freund ist, sondern jemand, auf den ich stolz bin, der unseren gemeinsamen Weg bestritten hat. Wir sind nicht erfolgsneidisch, sondern erfolgsgewohnt.“

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Ein Kampf um die Obmannschaft ist laut Hofer und Strache ausgeschlossen
Hofer werde weiterhin sein Amt als Dritter Nationalratspräsident ausüben, an der Parteispitze werde es keine Änderungen geben. Und man bereite gemeinsam die „nächsten Wahlsiege“ vor, so Strache. Der Wahlerfolg zeige vielmehr die personelle Breite der FPÖ auf, sagte er. Und diese Breite gehe über die Person Hofers weit hinaus.
Hofer von Kritik überrascht
Hofer sagte, er bereue es nicht, dass er sich nach anfänglichem Zögern doch zu einem Antreten überreden ließ. Seine Bedenken hinsichtlich eines zu anstrengenden Wahlkampfes hätten sich nicht bestätigt, allerdings habe er manche Kritik unterschätzt - etwa, dass er als Kandidat mit zwei Gesichtern bezeichnet wurde und dass er „unheimlich böse NLP-Tricks“ angewendet haben soll. „Das ist bei mir nicht der Fall.“ Überwogen habe aber die Freude über die „riesige Unterstützung“. „Von Politikverdrossenheit, die immer wieder herbeigeschrieben wurde, ist in Österreich keine Spur.“
Ein „ganz besonders“ wichtiges Anliegen richtete Hofer an die internationalen Medien: „Die FPÖ ist keine rechtsextreme Partei. Wenn eine rechtsextreme Partei in Österreich angetreten wäre, hätte diese in Österreich vielleicht ein Wahlergebnis von zwei Prozent erreicht. Größer ist der Narrenanteil in Österreich mit Sicherheit nicht. Wir sind eine Mitte-rechts-Partei mit großer Verantwortung“, daher sei es möglich gewesen, fast 50 Prozent der Stimmen zu erreichen. Er bitte die internationalen Medien, das Parteiprogramm der FPÖ zu lesen - das gebe es auch auf Englisch, so Hofer.
Aufruf zur Mäßigung
Bereits wenige Stunden zuvor war Hofer im Parlament das erste Mal nach seiner Niederlage vor die Kameras getreten. Der Montag sei ein „sehr harter Tag“ gewesen, so Hofer gegenüber Journalisten vor dem Lokal des Hypo-Untersuchungsausschusses. Er sei nun vor allem damit beschäftigt, Leute zu trösten. Etwas Müdigkeit sei dem verhinderten Bundespräsidenten durchaus anzusehen, so das ORF.at-Team im Nationalrat.
Erste Hofer-Stellungnahme zu Ergebnis
FPÖ-Hofburg-Kandidat Norber Hofer schildert, wie es ihm mit dem Wahlergebnis geht.
Schwer sei es für beide Seiten, Van der Bellen habe nur knapp gewonnen, er habe nur knapp verloren, so Hofer. „Ich bitte nur beide Seiten zusammenzuhalten.“ Er habe sich viele Reaktionen angesehen, in Sozialen Netzwerken und sonst wo, und er ersuche die Österreicher, nicht zu streiten. „Wir sind alle Österreicher.“
Etwa zur selben Zeit rief Strache seine Fans - und Gegner - auf Facebook zu Besonnenheit auf. In den vergangenen Tagen hätten rund um die Präsidentenwahl viele User „völlig unangemessen reagiert und Kommentare hinterlassen, die mit dem Respekt gegenüber der Demokratie und auch gegenüber den Kandidaten und ihren Wählern völlig unvereinbar sind“. Der FPÖ-Chef forderte eine „Abrüstung der Worte“.
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