Themenüberblick

Zurückhaltung soll Hillary Weg ebnen

Zwar unterstützt er seine Frau aktiv bei der Kandidatur für das US-Präsidentenamt, trotzdem ist es ausgesprochen ruhig um Bill Clinton. Fiel er in Hillary Clintons Vorwahlkampf von 2008 noch mit extremer Dünnhäutigkeit und lauten Verbalattacken gegen Barack Obama, den er als „schwarzen Kandidaten“ abstempelte, auf, nimmt er sich nun zurück.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Hillary Clinton mit ihrem Mann Bill

APA/AFP/Eduardo Munoz Alvarez

Der Ex-Präsident immer ein paar Schritte hinter seiner Frau Hillary

Statt sich in großen Auftritten im US-Fernsehen zu inszenieren, hält sich „Invisi-Bill“, wie ihn die „Washington Post“ nennt, im Wahlkampfgetöse rund um seine Frau im Hintergrund. Laut dem Bericht steht er dabei vor der Herausforderung, seinen politischen Einfluss größtmöglich einzusetzen, gleichzeitig aber Negativschlagzeilen, die seit dem Auffliegen des Monica-Lewinsky-Vorfalls im Jahr 1998 an ihm haften, zu vermeiden.

Anfängliche Sorgen, der populäre Ex-Präsident könnte zu einem Hindernis für die voraussichtliche demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton werden, bzw. gegenteilige Befürchtungen, der Promi Bill Clinton könnte das Licht seiner Ehefrau in den Schatten stellen, haben sich inzwischen nicht bewahrheitet.

Selfies statt Zwischenfragen

Bill Clinton absolviert vor allem in kleineren ländlichen Gebieten seine Auftritte, die ihm Titelseiten in dortigen Lokalzeitungen und maximale Aufmerksamkeit in regionalen TV-Nachrichten garantieren. „Hillary tut gut daran, ihn in die Swing-States zu schicken. Dort kann er mehr erreichen als als Sprecher in den Medien. Bei seinen Reden kann er zwar brillant sein, lässt aber manchmal seinen Emotionen zu sehr freien Lauf,“ so David Axelrod, Chefstratege von Obama, gegenüber der „Washington Post“.

Ex-US-Präsident Bill Clinton

Reuters/Brian Snyder

Stille Beobachter am Bühnenrand: Bill Clinton und Tochter Chelsea

Statt vor Zehntausenden Menschen spricht Bill Clinton regelmäßig vor wenigen hundert Zuhörern. Zwischenfragen aus dem Publikum meidet der Ex-Präsident, stattdessen nimmt er nach jedem seiner Auftritte ein ausgiebiges Bad in der Menge, hört zu, steht für Selfies zur Verfügung und verlässt den Saal nicht eher, bis jeder, der will, sein Foto geknipst hat.

Netzwerker im Hintergrund

Dabei scheut er auch kritisches Territorium nicht und schafft es oftmals, Wählergruppen der demokratischen Basis anzusprechen, die üblicherweise wenig mit der Intellektuellen Hillary Clinton anfangen können. Das brachte ihr etwa Erfolge in der Arbeiterstadt Worcester (Massachusetts) und auch in Prestonsburg (Kentucky).

Als Bill Clinton dort bei einem Auftritt von Kohlearbeitern ausgebuht wurde, entgegnete er: „Mir macht es nichts aus, ausgebuht zu werden. Ich bin zu alt, um mir darüber Sorgen zu machen. (...) Wählt, wen ihr wollt, aber tut nicht so, als könnten wir irgendetwas ändern, wenn wir uns anschreien.“ Wenig später konnte Hillary Clinton hier ebenfalls punkten. Auch in Florida spielten die Kontakte ihres Ehemannes eine entscheidende Rolle bei ihrem Vorwahlerfolg.

Ex-US-Präsident Bill Clinton

APA/AP/The San Diego Union-Tribune/Misael Virgen

Durch vegane Ernährung hat Clinton - hier am 21. Mai an der Bonita Vista High School in Chula Vista, Kalifornien - sein Gewicht reduziert

Zurückhaltung oder Kraftlosigkeit?

Bei seinem ersten Einsatz für das Team Hillary Anfang des Jahres, interpretierten Beobachter die neue Zurückhaltung noch als Kraftlosigkeit bzw. Altersmilde. Die achtjährige Politpause seit Hillarys letzter Kandidatur habe ihn rosten lassen, kommentierte etwa die „Washington Post“. Auch waren viele, die Bill Clinton länger nicht gesehen hatten, von seinem Erscheinungsbild überrascht. Das Alter hat bei dem 69-Jährigen seine Spuren hinterlassen, und wegen einer veganen Diät aufgrund von Herzproblemen ist er deutlich schlanker als noch zu Zeiten seiner Präsidentschaft.

Durch seine mediale Absenz entzog sich Bill Clinton auch lange Zeit den Verbalattacken von Donald Trump, dem voraussichtlichen Kandidaten der Republikaner im Rennen um das Weiße Haus. Anfang Mai macht der populistische Milliardär dann doch die Ehe der Clintons zum Wahlkampfthema. Mit Blick auf Affären des Ex-Präsidenten sagte Trump in einem TV-Interview, Hillary Clinton habe das Handeln ihres Ehemannes „ermöglicht“ und damit „viele Frauen verletzt“.

Mini-Eklat in Philadelphia

Bill Clinton selbst bezeichnete er als „Vergewaltiger, Fummler und Grabscher“. Trump bezog sich dabei auf Vorwürfe, die bereits in den 1990er Jahren gegen den Ex-Präsidenten laut geworden waren. Auch das konnte Bill Clinton nicht aus der Reserve locken. Als Reporter ihn bei einer Veranstaltung nach einer Entgegnung auf Trumps Tiraden fragten, verweigerte er einen Kommentar und widmete sich lieber weiter dem Händeschütteln potenzieller Unterstützer.

Doch trotz aller Zurückhaltung machte das Temperament des möglichen künftigen Präsidentinnengatten doch einmal Schlagzeilen, als er sich in Philadelphia mit schwarzen Bürgerrechtlern anlegte, welche die Strafrechtsreform von 1994 (Clintons Amtszeit) kritisierten. Nach einem emotionalen Ausbruch, räumte der Ex-Präsident ein, sich entschuldigen zu müssen. Seine Frau hatte sich bereits davor von der Reform distanziert und Neuerungen versprochen.

Ex-US-Präsident Bill Clinton

Reuters

Bill Clinton in seiner zweiten Amtszeit 1999, im Hintergrund der Ostflügel des Weißen Hauses, in dem das Büro der „First Lady“ liegt

„First Spouse“ könnte sich um Wirtschaft kümmern

Dass sich Bill Clinton im Falle eines Sieges von Hillary Clinton als Pensionist in den Ostflügel des Weißen Hauses zurückziehen wird, gilt laut dem Bericht der „Washington Post“ als ausgeschlossen. Welches Amt er konkret bekleiden könnte, ist noch nicht klar. Die frühere First Lady und Ex-Außenministerin sah seine Rolle zuletzt etwa im Bereich der Wirtschaft bzw. der Schaffung von Arbeitsplätzen.

„Ich habe meinem Ehemann gesagt, er muss aus der Pension zurückkehren und diesen Bereich übernehmen, weil er in einer Minute mehr Ideen hat als jeder andere“, so die Präsidentschaftsbewerberin. Auch Bill Clinton selbst erklärte bei einer Veranstaltung: „Sollte Hillary Präsidentin werden, würde ich gerne Verantwortung für die Zukunft des Landes übernehmen.“ Die Tapeten für das Weiße Haus wird also jemand anderer aussuchen müssen.

Links: