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Fischer bereitet Übergabe vor

Alexander Van der Bellen hat die Bundespräsidentschaftswahl gewonnen. Nach Auszählung der Briefwahlstimmen verkündete Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Montag um 16.43 Uhr, dass Van der Bellen mit 50,3 Prozent und einem Vorsprung von 31.026 Stimmen auf seinen Konkurrenten Norbert Hofer (FPÖ) zum neuen Bundespräsidenten gewählt wurde.

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Das knappe Ergebnis mache seine Verantwortung umso größer, sagte Van der Bellen in seiner ersten Presskonferenz als designierter Bundespräsident am frühen Abend. Er zollte Hofer und seinen Wählern Respekt und dankte ihnen ebenso wie seinen eigenen Wählern. Er wolle allen Menschen im Land dienen, „dafür wird man in einer Demokratie schließlich gewählt“, betonte Van der Bellen, der zum Zeichen einer überparteilichen Amtsführung seine grüne Parteimitgliedschaft mit Montag ruhend stellte.

Van der Bellen will auf „Ängste und Zorn“ hören

Meldungen über „aufgerissene Gräben“ nach der Wahl relativierte er. Diese Gräben hätten wohl schon länger bestanden, nur habe man sie bisher vielleicht nicht gesehen. Dass wegen der Wahl „sehr viele Menschen miteinander diskutiert, gerungen und gestritten“ hätten, „quer durch alle Berufe, Schichten und Familien“, sah er als „positives Zeichen“: Den Menschen sei Politik nicht egal, im Gegenteil. Auch unter Verweis auf die hohe Wahlbeteiligung meinte er: „Das ist doch gut, das ist ein schönes Zeichen.“

Alexander Van der Bellen

ORF

Van der Bellen bei seinem ersten Auftritt als designierter Bundespräsident

„Ja, sicher liegt eine Menge Arbeit vor uns. Offensichtlich fühlen sich viele Menschen in diesem Land nicht gesehen und gehört“, räumte Van der Bellen ein. Man müsse auch auf die „Ängste und den Zorn“ eingehen, der da aufgetaucht sei, allerdings: „Wenn ich jemandem zuhöre, dann darf ich auch erwarten, dass mir zugehört wird.“ Unter Bezugnahme auf das 50:50-Wahlergebnis meinte er: „Es sind zwei Hälften, die Österreich ausmachen. Man könnte sagen: ’Du bist gleich wichtig wie ich, und ich bin gleich wichtig wie du.“

Hoch gesteckte Ziele

Er wolle ein konstruktives Gegenüber für Parlament und Regierung sein, ging Van der Bellen auf sein Amtsverständnis ein. Er wolle „behutsam mit den Rechten und Pflichten des Amtes umgehen“. Er wolle Österreich im Ausland bestmöglich vertreten, im Inneren auf Verbindliches bauen und für die Wirtschaft im Sinne der Arbeitsplätze „als Türöffner wirken“. Sein Ziel steckte er zum Abschluss der Rede denkbar hoch: „In sechs Jahren sollen möglichst alle Menschen in Österreich sagen können: ‚Ja, mir geht es gut.‘“

Ergebnisse zeigen Kluft

Eine so spannende Wahl hatte Österreich noch kaum gesehen. Der Wettlauf um die Hofburg war am Sonntag nicht beendet, erst die Briefwahlstimmen entschieden das knappe Rennen. Die Wahlergebnisse zeigten eine deutliche Kluft zwischen Stadt und Land. In praktisch allen Städten setzte sich der von den Grünen unterstützte Van der Bellen am Sonntag deutlich durch. Hofer konnte indes vor allem in ländlichen Regionen die Wähler von sich überzeugen.

Hofer hätte gerne „aufgepasst“

Noch vor der offiziellen Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses hatte Hofer auf Facebook seine Niederlage eingestanden: Er hätte gerne „als Bundesprädident auf unser wunderbares Land aufgepasst“, schrieb er, offenbar vorab vom Ergebnis informiert. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache nannte Hofer in einer ersten Reaktion einen „ex aequo Sieger“, der „gerade noch nicht zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt“ worden sei.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, zugleich Hofers Wahlkampfleiter, sprach in einer ersten Reaktion von einem „riesigen Erfolg“ und ebenfalls von einem Ex-aequo-Sieg. Eine Wahlanfechtung wollte er nicht ausschließen. Er warte auf Rückmeldungen aus den Bundesländern, ob es dort „Missstände“ gegeben habe. Kickl sah durch die Wahl aber jedenfalls Vorurteile entkräftet, dass die FPÖ nur für Protestwähler interessant sei. Es gebe „viele Norbert Hofers in der FPÖ“, die für hohe Ämter im Staat bereitstünden.

Fischer hofft auf einigende Wirkung

Bundespräsident Heinz Fischer gratulierte Van der Bellen unmittelbar nach der Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses und erklärte, er werde ihn schon am Dienstag treffen, um die Amtsübergabe am 8. Juli vorzubereiten. Als vordringlichste Aufgabe seines Nachfolgers sah er, die „gravierenden Unstimmigkeiten“ zwischen den politischen Lagern in Österreich zu glätten und diese zu einen.

Seine „Anerkennung“ sprach Fischer auch Hofer aus, der „in einem langen und spannenden Wahlkampf seine Standpunkte mit Engagement und Verve vertreten und verteidigt hat“. Am Mittwoch ist auch ein Treffen zwischen Hofer und Fischer anberaumt. Das knappe Ergebnis sah Fischer als gewichtiges Argument gegen das politverdrossene Vorurteil, dass es auf eine einzelne Stimme in der Demokratie nicht ankomme.

Offenbar auch Van der Bellen vorab informiert

Anscheinend wurde auch Van der Bellen vorab informiert: Er kündigte ebenfalls noch vor dem offiziellen Vorliegen des Ergebnisses den öffentlichen Auftritt am frühen Abend an. In seinem Wahlkampfhauptquartier im Wiener Palais Schönburg war bereits am Nachmittag ein Podium mit österreichischer Flagge und EU-Fahne im Hintergrund aufgebaut.

Wahlkampfleiter zollt Hofer Respekt

Vor Van der Bellen erklärte sein Wahlkampfmanager Lothar Lockl, er sei „persönlich wirklich glücklich“. Der Stein, der ihm vom Herzen gefallen sei, sei sehr groß. Nach einer erfolgreichen, beispiellosen Aufholjagd sei ihm aber auch bewusst, dass Van der Bellen mit dem Bundespräsidentenamt eine große Verantwortung übernehme. Sein Dank gelte den Wählern und den Unterstützern im Wahlkampf, Respekt zollte er FPÖ-Kandidat Hofer, dessen Familie und Wählern.

Van der Bellen werde ein guter Bundespräsident sein und vom ersten Tag an daran arbeiten, das Vertrauen auch all jener zu gewinnen, die ihn nicht gewählt haben, meinte Lockl vor Journalisten. „Ich bin überzeugt, er wird ein Bundespräsident sein, der Österreich innen verbindet und das Ansehen Österreichs in Europa stärkt.“

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