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Duell geht in die Verlängerung

Das Duell um die Hofburg geht in die Verlängerung. Zwar hat FPÖ-Kandidat Norbert Hofer im vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 51,9 Prozent die Nase vorn, die 885.437 Wahlkartenstimmen könnten das Ergebnis aber noch umdrehen. In der SORA-Prognose für den ORF liegt Alexander Van der Bellen hauchdünn voran.

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Laut jüngster Hochrechnung kommen mit den Briefwahlstimmen Hofer und Van der Bellen auf 50,0 Prozent. Laut der Prognose liegt Van der Bellen mit nur 2.900 Stimmen voran. Vorausgegangen war ein an Dramatik kaum zu überbietender Wahlabend. In den allerersten Hochrechnungen lag Hofer an erster Stelle, mit den ersten Ergebnissen aus Wien ging Van der Bellen in Führung. Schließlich landeten beide praktisch gleichauf.

Hochrechnung Bundespräsidentschaftswahl 2016 – 50% Norbert Hofer; 50% Alexander Van der Bellen

ORF/SORA

Halten die Prognosen?

Bei den Wahlkartenwählern wird ein deutlicher Überhang an Stimmen für Van der Bellen erwartet. SORA geht davon aus, dass er auf knapp 61 Prozent kommt, was den Einzug in die Hofburg bedeuten würde. Wie groß der Vorsprung Van der Bellens bei den Briefwahlstimmen tatsächlich ist, steht aber freilich erst nach der Auszählung am Montag fest. „Hoffentlich zwischen 17.00 und 19.00 Uhr“ werde das endgültige Gesamtergebnis inklusive Briefwahl vorliegen, sagte der Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, Robert Stein. Im ersten Wahlgang war die Briefwahl um 17.30 Uhr fertig ausgezählt.

Vorläufiges amtliches Ergebnis ohne Briefwahl:  51,9 % Hofer; 48,1 % Van der Bellen; Wahlbeteiligung: 60,7 %

ORF.at/Innenministerium

„Wir werden warten müssen“, kommentierte Hofer am Abend des Wahlsonntags den vorerst unklaren Ausgang der 13. Präsidentschaftswahl. „Das hat sich niemand von uns gewünscht, wir wollten beide ruhig schlafen“, so Hofer im ORF-Doppelinterview mit seinem Konkurrenten Van der Bellen.

„Präsident muss Land einen“

Hofer sagte, er wolle, sollte er gewinnen, ein Präsident für alle sein, nicht nur für jene rund 50 Prozent, die ihn laut Hochrechnung gewählt haben. „Die Person, die gewinnt, wird die Aufgabe haben, Österreich zu vereinen.“ Die Wähler von Van der Bellen will Hofer für den Fall seines Sieges durch gute Arbeit in der Funktion als Bundespräsident überzeugen.

Erste Stellungnahmen der Kandidaten

Gegen 18.40 Uhr traten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen zum ersten Mal an diesem Wahlabend vor die Öffentlichkeit.

Beide dankten den Wählerinnen und Wählern. Van der Bellen zeigte Respekt gegenüber dem Konkurrenten und dessen Einsatz im Wahlkampf. Zu den internationalen Medienberichten, in denen Hofer als Rechtspopulist bezeichnet wird, sagte der Blaue, man werde im Ausland „sehr schnell erkennen, dass etwas im Raum gestanden ist, das nicht den Tatsachen entspricht“.

Ländlicher Raum für Hofer, Städte für Van der Bellen

Die Wahlergebnisse zeigten eine deutliche Kluft zwischen Stadt und Land. In praktisch allen Städten setzte sich Van der Bellen deutlich durch. Eisenstadt ging als einzige Landeshauptstadt - vorläufig - an Hofer. Das beste Ergebnis brachte Van der Bellen Graz mit - ohne Briefwahl - 61,99 Prozent, Wien lag mit 61,16 Prozent knapp dahinter, Linz mit 60,54 Prozent auch noch über der 60-Prozent-Marke. Knapp darunter blieb Van der Bellen in Bregenz und Innsbruck - mit der Briefwahl wird er diese Marke wohl noch überschreiten. Drei Landeshauptstädte konnte Van der Bellen gegenüber dem 24. April „drehen“: Salzburg, St. Pölten und Klagenfurt wählten diesmal mehrheitlich ihn und nicht Hofer.

Alexander Van der Bellen jubelt

APA/AFP/Dieter Nagl

Van der Bellen lässt sich von Anhängern feiern

Klarer Hofer-Sieg im Burgenland

Im Burgenland siegte Hofer deutlich mit 63 Prozent. In Salzburg setzte sich der FPÖ-Kandidat mit 55,1 Prozent durch, in Kärnten mit 60,1 Prozent. In der Steiermark gewann er 58,7 Prozent. Auch Niederösterreich ging mit 54,3 Prozent an Hofer. Ohne Wahlkarten lag Hofer auch in Oberösterreich und Tirol voran, allerdings dürfte Van der Bellen in den beiden Bundesländern mit Wahlkarten noch als Erster ins Ziel gehen. In Vorarlberg setzte sich Van der Bellen mit 56,4 Prozent gegen Hofer mit 43,6 Prozent durch.

Norbert Hofer jubelt

APA/Herbert Pfarrhofer

Auch Hofer am Wahlabend zufrieden

Van der Bellen dominiert in Wien

Dass Van der Bellen seine Aufholjagd nach dem ersten Wahlgang überhaupt starten konnte, hat er den Wienerinnen und Wienern zu verdanken. Derzeit werden in der Bundeshauptstadt mit Wahlkarten 63 Prozent für ihn prognostiziert. In einigen Bezirken konnte er mehr als 70 Prozent erringen, selbst der Flächenbezirk Favoriten stimmte mehrheitlich für den Ex-Chef der Grünen. Im vorläufigen Endergebnis lag Hofer nur in Simmering und in Donaustadt voran, auch das könnte sich mit den Wahlkarten noch ändern - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

FPÖ glaubt an Sieg

„Es ist ein Tag der großen Dankbarkeit und der Freude“, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und bedankte sich für das „unglaubliche Vertrauen“ der Österreicher in Hofer. Dieser sei mit Untergriffen im Wahlkampf „sehr souverän umgegangen“. Hofers Sieg wäre „ein Sieg für die Demokratie“. Was ein Bundespräsident Hofer für seine eigene politische Karriere bedeuten würde, wollte Strache nicht beantworten. „Für mich persönlich ist es der bewegendste, ergreifendste und schönste Moment, den ich bis dato in meiner politischen Laufbahn erleben durfte“, sagte er.

„Wir hoffen und glauben daran, dass am Ende Norbert Hofer die Mehrheit der Österreicher auf seiner Seite haben wird“, zeigte er sich nach den ersten Hochrechnungen zuversichtlich. Strache beklagte sich über die Hochrechnung des ORF und verwies auf die Zahlen des Innenministeriums, die Hofer deutlicher voran sahen. Allerdings berücksichtigte das Innenministerium in seiner Prognose die 900.000 Wahlkarten nicht. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nannte das Ergebnis einen „Sieg der Demokratie und der Glaubwürdigkeit“. Van der Bellen habe am Schluss auf einen „Angstwahlkampf“ gesetzt.

Auch Grüne zuversichtlich

Mit Zuversicht kommentierte Van der Bellens Wahlkampfmanager Lothar Lockl die ersten vorliegenden Hochrechnungen. „Wir sind ganz knapp dran“, sagte er vor Journalisten im Wiener Palais Auersperg. „Wir haben eine Chance, wir glauben daran, es kann sich ausgehen.“ Lockl sprach von einem Fotofinish, „das Spiel geht in die Verlängerung“.

Runde der Klubobleute

Bei ORF-Reporter Wolfgang Geier diskutierten die Klubobleute der Grünen, der FPÖ, von NEOS und des Teams Stronach. SPÖ und ÖVP blieben der Diskussion fern.

Aufgeregt und „sehr optimistisch“ zeigte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Sie sei „unglaublich gespannt“, Van der Bellen habe ein „Fotofinish“ hingelegt. Angesichts der großartigen Wahlbewegung sei sie sprachlos. All das sei ein „sehr schönes, ermutigendes Signal für Österreich“. Alles sei noch offen, klar sei nur, dass Van der Bellen eine unglaubliche Aufholjagd hingelegt habe.

Höhere Wahlbeteiligung

Schon während des Wahltages zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab: In den Städten Wien und Salzburg und auch auf dem Land - etwa in Niederösterreich - vermeldeten die jeweiligen Wahlbehörden am Vormittag durchgehend eine höhere Beteiligung als zum selben Zeitpunkt vor einem Monat. Laut SORA-Hochrechnung wird sie bei rund 72 Prozent liegen.

Schild "Zum Wahllokal"

APA/Georg Hochmuth

So leer waren die Wahllokale meist nicht

Am ersten Wahlgang hatten 68,5 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen - ein deutliches Plus gegenüber dem historischen Tiefststand im Jahr 2010 von 53,57 Prozent bei der Wiederwahl von Noch-Bundespräsident Heinz Fischer.

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