Ernennung am Sonntag
Der türkische Verkehrsminister Binali Yildirim soll neuer Ministerpräsident des Landes werden. Die regierende islamisch-konservative AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan nominierte den Politiker am Donnerstag zum neuen Parteichef, womit er auch designierter Regierungschef ist.
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Offiziell ernannt werden soll der 60-jährige Yildirim, ein enger Vertrauter Erdogans, am Sonntag bei einem Sonderparteitag. Dort soll der Kandidat als Parteichef bestätigt werden. Anschließend wird er auch das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.

AP/Eckehard Schulz
Yilidrim ist ein enger Vertrauter Erdogans
Erdogan im Hintergrund tätig
Die Verfassung schreibt dem Präsidenten zwar Neutralität vor. Erdogan ist aber weiterhin die unbestrittene Führungsfigur in der AKP und dürfte maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl Yildirims gehabt haben. Yildirim sagte nun zu seiner bevorstehenden Zeit als Regierungschef: „Wir werden in vollkommener Harmonie auf allen Ebenen mit unseren Parteikollegen zusammenarbeiten.“ Das gelte vor allem für den „Gründer und Anführer“ Erdogan.
AKP-Sprecher Ömer Celik sagte bei der Nominierung Yildirims in Ankara: „Es gibt keinen Abstand zwischen der AKP und unserem Präsidenten, und es wird auch in Zukunft keinen geben.“ Das Publikum applaudierte Erdogan.
Lange Treue zu Erdogan
Als Minister wachte Yildirim seit 2002 über einen beträchtlichen Ausbau des türkischen Straßennetzes, was von Erdogan bis heute als großer Erfolg seiner Regierung präsentiert wird. Auch in der Parteipolitik setzte Yildirim stets die Anweisungen seines Chefs um. So bewarb er sich vor zwei Jahren um den Bürgermeisterposten in der westtürkischen Säkularistenhochburg - allerdings vergeblich.
Yildirim war im Vorfeld als einer der heißesten Favoriten für die Nachfolge von Ahmet Davutoglu gehandelt worden. Neben ihm wurden noch Justizminister Bekir Bozdag, Regierungssprecher Numan Kurtulmus und Erdogans Schwiegersohn, Energieminister Berat Albayrak, genannt.

APA/AFP/Adem Altan
Davutoglu überwarf sich mit Erdogan
Kritik an Davutoglu
Davutoglu hatte sich mit Erdogan überworfen. Erdogan-Anhänger hatten Davutoglu mangelnde Loyalität vorgeworfen. Sie hatten ihn außerdem beschuldigt, die von Erdogan angestrebte Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei nicht engagiert genug voranzutreiben.
Nach einem Treffen mit Erdogan hatte Davutoglu vor zwei Wochen seinen Rückzug angekündigt. Davutoglu war Erdogan im August 2014 an der Spitze der AKP und der Regierung nachgefolgt. Erdogan war damals vom Volk zum Staatspräsidenten gewählt worden.
Yildrim soll Präsidialsystem durchsetzen
Nach dem Sonderparteitag am Sonntag wird Yildirim voraussichtlich schon bald von Erdogan mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt werden. Davutoglu soll offenbar so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden: Laut türkischen Presseberichten sind beim Parteitag nicht einmal Plakate mit dem Bild des bisherigen Parteichefs und Ministerpräsidenten erlaubt.
Als Premier wird Yildirim vor allem dafür zu sorgen haben, dass die Regierung nach den Wünschen des Präsidenten funktioniert und dass mit Hilfe von Verfassungsänderungen alles für einen raschen Übergang zu einem Präsidialsystem getan wird. Das soll die faktisch bereits vollzogene Verlagerung der Macht vom Parlament zum Präsidenten festschreiben.
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