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Neue Gesichter unter Kern erwartet

Geht es nach den SPÖ-Landesorganisationen, soll ÖBB-Chef Christian Kern Werner Faymann als Kanzler und Parteichef nachfolgen. Wie sein Kabinett aussehen wird, ist vorerst noch Gegenstand von Spekulationen. Etwaige SPÖ-Rochaden könnten auch die ÖVP zu personellen Wechseln veranlassen. Innerhalb der von der SPÖ gestellten Ministerien wird man sich aber aller Voraussicht nach an neue Gesichter gewöhnen müssen.

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Als fix gilt, dass der ÖBB-Manager, so er tatsächlich neuer Bundeskanzler wird, zumindest an einigen personellen Schrauben drehen wird. Donnerstagvormittag verbreitete sich zunehmend das Gerücht, dass Wiens Sozialstadträtin Sonja Wehsely, eine Vertreterin des linken Parteiflügels der Sozialdemokraten, als Gesundheitsministerin in die Bundesregierung aufrücken könnte.

Experte: Wehsely „Kampfansage“

Amtsinhaberin Sabine Oberhauser könnte dann das Sozialministerium übernehmen, wenn der dortige Ressortchef Alois Stöger in die oberösterreichische Landespolitik wechseln sollte. Einer von den beiden dürfte jedenfalls den Sozialbereich überantwortet bekommen. Sollte Wehsely Ministerin werden, wäre das laut dem Politexperten Thomas Hofer „eine kleine Kampfansage an die ÖVP“ - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Wackelkandidaten Heinisch-Hosek und Ostermayer

Als Ablösekandidat gilt Infrastrukturminister Gerald Klug. Auch Sonja Steßl, Staatssekretärin für Digitales, Verwaltung und Öffentlichen Dienst, soll von ihrer steirischen Landesorganisation wenig Unterstützung haben, wurde am Donnerstag in Medien gemutmaßt. Der erst im Vorjahr vom EU-Parlament in die steirische Landesregierung gewechselte Jörg Leichtfried soll den Überlegungen zufolge neu ins SPÖ-Ministerteam kommen. Er ist derzeit in Graz als Landesrat für Umwelt- und Verkehrsagenden zuständig.

Ihres Postens nicht sicher sein können sich Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil bleibt höchstwahrscheinlich.

Landesrat Jörg Leichtfried

APA/Erwin Scheriau

Jörg Leichtfried könnte SPÖ-Minister werden

Nicht fix ist, ob die ÖVP die Rochade bei den Sozialdemokraten nützt, um allenfalls selbst Änderungen vorzunehmen. Als gefährdet gilt speziell Familienministerin Sophie Karmasin, die allerdings die einzige Frau im schwarzen Regierungsteam ist. ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hatte vor wenigen Monaten eingeräumt, dass er eine Rochade im ÖVP-Regierungsteam überlegt habe - und dabei neben Karmasin auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter als Ablösekandidaten genannt.

Treffen mit Mitterlehner geplant

Mitterlehner wird den neuen SPÖ-Chef nach dessen offizieller Kür zum Gespräch treffen. Das sagte Mitterlehners Sprecher am Donnerstag auf Anfrage der APA. Ein weiteres Treffen des Bundesparteivorstands ist vorerst nicht geplant. Der Sprecher verwies auf die inhaltliche Festlegung am Dienstag in Salzburg.

Der ÖVP-Vorstand trat diese Woche zusammen und richtete drei Fragen an den neuen Bundeskanzler - es geht dabei um die Flüchtlingspolitik, die Mindestsicherung und den Wirtschaftsstandort. Eine weitere Vorstandssitzung soll es aktuell nicht geben, der Parteichef werde aber die neue SPÖ-Spitze zum Gespräch treffen. Sollte bei diesen drei Punkten kein Übereinkommen hergestellt werden, dann werde das im ÖVP-Vorstand erneut besprochen, hieß es zuletzt. Mitterlehner weilt am Freitag beim Handelsrat in Brüssel.

Mitterlehner sieht Kern positiv entgegen

Gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ (Freitag-Ausgabe) äußerte sich Mitterlehner rundum positiv über die erwartete Bestellung Kerns zum SPÖ-Chef und Bundeskanzler. Er attestierte Kern „Managementqualitäten“ bei Themenwahrnehmung und -management, streckte ihm „die Hand zur Zusammenarbeit“ aus und hofft auf „offene Zusammenarbeit ohne Querschüsse“. Denn die Koalition habe „die viel zitierte letzte Chance“ vor sich.

Die Regierung müsse „stimmig agieren. Wenn es uns nicht gelingt, das in den nächsten Monaten rüberzubringen, ist wirklich alles verloren“, sagte Mitterlehner. Es müsse eine neue Form des Umgangs miteinander geben, auch über eine „Art von Bestandsgarantie“ und die Kommunikation der Regierungsarbeit will er mit dem neuen Partner an der Regierungsspitze reden.

McDonald will neuen Stil

ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald fordert einen neuen Stil. In einem Vieraugengespräch zwischen ÖVP- und SPÖ-Chef müsse es um inhaltliche Leitlinien und um einen neuen, partnerschaftlichen Stil in der Regierung gehen, so McDonald. „Der alte Stil muss der Vergangenheit angehören“, plädierte McDonald für eine neue Partnerschaft mit klaren Spielregeln.

Der ÖVP-Generalsekretär sieht mit dem neuen Bundeskanzler jetzt die letzte Chance für die Regierung, das nicht nur in Worten, sondern auch in Taten umzusetzen. Kritik übte McDonald in diesem Zusammenhang an ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der den derzeitigen ÖBB-Chef Kern als „sehr teuren Manager“ bezeichnet hatte. Diese Wortmeldung sei „alter Stil“, so McDonald zu seinem Parteikollegen.

Mitterlehner und Häupl berieten Situation

Einstweilen führten Mitterlehner und der geschäftsführende SPÖ-Chef Michael Häupl Donnerstagmittag ein Gespräch über die aktuelle Situation. Mitterlehner teilte danach online mit, dass er dem Wiener Bürgermeister die aus ÖVP-Sicht zentralen Punkte für die Fortführung der Regierungskoalition dargelegt habe.

Der Vizekanzler und der geschäftsführende SPÖ-Vorsitzende berieten die Pläne für die weitere Zusammenarbeit. Mitterlehner verwies dabei einmal mehr auf den Standortpakt für Wirtschaft und Arbeitsplätze, eine Reform der Mindestsicherung sowie die Flüchtlingspolitik. Gerade Letzteres müsse „konsequent fortgesetzt“ werden, so der ÖVP-Chef auf Facebook.

Mitterlehner will Vertrauen zurück

Die genannten Punkte stünden aber nur beispielhaft dafür, dass ein „Relaunch der gesamten Regierungsaktivitäten notwendig“ sei, um wieder mehr Vertrauen bei der Bevölkerung zu gewinnen. Ob Häupl in diesem Gespräch bereits Kern als neuen SPÖ-Chef nannte, ließ Mitterlehners Sprecher auf Nachfrage der APA offen.

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