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Wahl bei Parteitag am 25. Juni

Der SPÖ-Vorstand hat Montagnachmittag den Zeitplan für die Nachfolge des zurückgetretenen Ex-Parteichefs Werner Faymann geregelt. Demnach soll bis nach Pfingsten feststehen, wer die Sozialdemokraten künftig leiten soll. Die offizielle Wahl des Parteichefs ist für einen Parteitag am 25. Juni in Wien geplant.

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Diese Ankündigungen machte nach der nicht einmal zweistündigen Vorstandssitzung Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der einstimmig gebeten wurde, geschäftsführend den Vorsitz zu übernehmen. Er könne das reinen Herzens annehmen, da er nicht vorhabe, in die Bundespolitik zu wechseln, sagte der Wiener Stadtchef. Er werde also weder Parteichef noch Bundeskanzler. Es ist Häupls erster Einsatz in der Bundespartei - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl

APA/Herbert Neubauer

Häupl führt die SPÖ bis auf Weiteres

Zu Faymanns Rücktritt sagte Häupl, einer der stellvertretenden SPÖ-Vorsitzenden, er glaube, dass auch viele persönliche Argumente dahinter gestanden seien. „Das ist zu respektieren.“ Ob tatsächlich fehlender Rückhalt Auslöser für Faymanns Rücktritt gewesen war, wollte Häupl nicht beurteilen. Er persönlich habe sich „den heutigen Tag nicht gewünscht“, so Häupl. Er wollte lieber eine inhaltliche Diskussion führen. Er sei Faymann für „seine fast acht Jahre als Bundesparteivorsitzender und Bundeskanzler“ sehr dankbar.

Strategiegruppe soll über Inhalte beraten

Eingesetzt wurde vom Vorstand auch eine Strategiegruppe, die sich den inhaltlichen Weichen in der Partei widmen soll. Zudem sollen Kriterien für potenzielle künftige Koalitionspartner festgelegt werden. Diese inhaltliche Neuausrichtung soll dann bei einem weiteren Parteitag im Herbst abgeschlossen werden. Schon am Freitag soll es neuerlich ein Treffen der Landesparteivorsitzenden geben.

SPÖ-Parteivorstand stellt Weichen neu

Nächsten Dienstag soll über den neuen SPÖ-Parteichef entschieden werden, am 25. Juni gibt es einen vorgezogenen SPÖ-Parteitag. Vorläufig übernimmt Wiens Bürgermeister Michael Häupl den SPÖ-Vorsitz.

Zum Parteiprogramm soll es laut Häupl zudem eine Mitgliederbefragung geben. Ausschließen könne er, dass dabei gefragt werde, ob Koalitionen mit der FPÖ eingegangen werden oder nicht. Gefragt nach einem Nachfolger für Faymann sagte der Wiener SPÖ-Chef bloß, derzeit stünden nur Männer in der engeren Auswahl. „Sie werden sich noch eine Woche gedulden müssen.“ Es soll beim Parteivorstand nächsten Dienstag auch ein Kandidat von außen vorgeschlagen werden. Der SPÖ-Chef soll dann auch wieder Kanzler sein.

Zuletzt zeichnete sich eine Präferenz für ÖBB-Chef Christian Kern ab, unter anderen von Kärntens Landeschef Peter Kaiser. Auch Walter Steidl aus Salzburg und Michael Ritsch sprachen sich für Kern aus. Beide hatten sich schon im Vorfeld als Kritiker Faymanns positioniert. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl wehrte sich kurz nach dem Rücktritt Faymanns, schon am Montag Entscheidungen über die Nachfolge und weitere Fragen zu treffen.

„Regierung braucht einen Neustart“

Montagmittag hatte Faymann in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz einen Rücktritt erklärt. „Dieses Land braucht einen Kanzler, wo die Partei voll hinter ihm steht. Die Regierung braucht einen Neustart mit Kraft. Wer diesen Rückhalt nicht hat, kann diese Aufgabe nicht leisten“, so Faymann. „Ich lege meine Funktionen als Bundeskanzler und SPÖ-Chef zurück“, sagte Faymann, der nach der Bundespräsidentschaftswahl stark unter Beschuss geraten war.

Faymann legt alle Funktionen zurück

Bei einer Pressekonferenz Montagmittag begründete Faymann seinen Schritt mit fehlendem Rückhalt.

In dieser Zeit gehe es nicht darum, wer die Mehrheit in der Partei hat, sondern darum, wer „in dieser schwierigen Zeit der großen Herausforderungen“ - wie der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, den schwierigen Wettbewerbsbedingungen und der Flüchtlingskrise - zurande komme. Zum Ende seiner Pressekonferenz verabschiedete er sich noch mit einem „Alles Gute“ für seinen Nachfolger.

Fischer und Mitterlehner vorab informiert

Die Erklärung Faymanns kam nach einem Treffen mit den SPÖ-Landesparteichefs im Bundeskanzleramt. Dort informierte Faymann über seinen Schritt. Zuvor habe er nur mit wenigen Menschen darüber gesprochen, so Faymann. Mitterlehner habe er bereits persönlich informiert. Auch Fischer wurde Montagvormittag vor der Gedenkveranstaltung im Parlament telefonisch über Faymanns Rücktritt informiert. Faymann nahm auch nicht an dem bei Fischer geplanten Mittagessen mit Nationalratspräsidentin Doris Bures und den SPÖ-Landeschefs teil.

Strategische Fragen offen

Ungelöst bleibt vorerst die Frage der Positionierung der SPÖ gegenüber der FPÖ. Darum ging es auch beim Treffen der Sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG), das schon am frühen Montagvormittag begonnen hatte. Selbst durch die Gewerkschaft geht der Riss, ob sich die SPÖ gegenüber einer möglichen Koalition mit der FPÖ öffnen solle.

Bundeskanzler Werner Faymann

APA/Roland Schlager

Faymann wünschte seinem Nachfolger alles Gute

Nach der Nachricht von Faymanns Rücktritt zeigten sich die Gewerkschafter schockiert. Einige verließen vorzeitig die Sitzung. FSG-Chef Wolfgang Katzian und ÖGB-Präsident Erich Foglar sagten nach der Sitzung, Faymanns Entscheidung zum Rücktritt sei zu respektieren. Zur Position gegenüber der FPÖ verwiesen beide auf den anstehenden Strategieprozess. Der Vorsitzende der Bau-Holz-Gewerkschaft, Josef Muchitsch, sagte: „Ich war vorher nicht zufrieden, ich bin jetzt nicht zufrieden.“ Faymanns Rücktritt sei eine „schwere Entscheidung“ gewesen.

Grafik zu Österreichs Bundeskanzlern

Grafik: ORF.at; Quelle: APA

Mit fast acht Jahren Amtszeit gehört Faymann zu den längstdienenden Kanzlern der Zweiten Republik

Die Sozialistische Jugend (SJ) forderte bereits einen Neustart. Die SPÖ müsse mit einer personellen Neuaufstellung zur „demokratischen Mitmachpartei mit klaren Inhalten gemacht werden“, so die kritische Parteijugend am Montag in einer Aussendung. Ähnlich äußerte sich der Verbands Sozialistischer Student_innen (VSStÖ). SJ-Vorsitzende Julia Herr warnte vor einer Zusammenarbeit mit der FPÖ. Herr will Faymanns Nachfolger in einer Urwahl unter allen SPÖ-Mitgliedern bestimmen.

ÖVP sieht keinen Grund für Neuwahlen

In einer ersten Reaktion dankte Bures dem zurückgetretenen Kanzler für sein Krisenmanagement. Seine Amtszeit sei „von großen internationalen Krisen überschattet“ gewesen, sagte Bures mit Blick auf die Wirtschaftskrise und die Flüchtlingsbewegung. Diese Herausforderungen habe Faymann „ohne Sozialabbau und ohne Sparpakete bewältigt“.

Die ÖVP nimmt Faymanns Rücktritt zur Kenntnis und will am Dienstag über die Konsequenzen beraten. Er sehe aber keinen Grund für Neuwahlen, so Mitterlehner vor Journalisten. Wichtig sei nun im Sinne der Koalition, dass „wir stabil bleiben, was die Arbeit anbelangt“. Der neue SPÖ-Chef sei reine Angelegenheit des Koalitionspartners. Bei der Kür des nächsten Bundeskanzlers wolle sich die ÖVP aber „genau anschauen, wer das in Zukunft machen soll“.

NEOS-Chef Matthias Strolz sieht die Entwicklung als Möglichkeit, „Österreich zu verändern und das Machtkartell von SPÖVP zu beenden“. Der SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda glaubt mit Faymanns Rücktritt an eine Chance für einen Neustart. Von einem „schönen Tag für Österreich“ sprach hingegen FPÖ-EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht mit Faymanns Rücktritt die „grundsätzlichen Probleme der SPÖ nicht gelöst“. Die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, sieht den Wechsel als „letzte Chance“ für Regierung.

Regierungsumbildung möglich

Eigentlich ist die nächste Nationalratswahl erst für 2018 geplant. Sollte es aufgrund von Faymanns Rücktritt zu einer vorgezogenen Wahl kommen, ginge das frühestens Anfang September. Faymanns Rücktritt könnte auch zu einer größeren Regierungsumbildung führen. Infrastrukturminister Gerald Klug und Staatssekretärin Sonja Steßl sagten, es sei gute Tradition, dass ein neuer Kanzler sein Team aussuche. Sozialminister Alois Stöger meinte zur Frage, ob er denn in seinem Amt bleibe, bloß: „Alles kein Thema jetzt.“

Faymann selbst will laut einem Interview mit der Tageszeitung „Österreich“ aus der österreichischen Politik völlig ausscheiden. Er wolle auf keinen Fall „ein Balkon-Muppet werden, das ständig dazwischengscheiterlt“. Faymann überlegt, „etwas im Rahmen der EU“ zu machen. Vorerst wolle er sich „mal zwei, drei Monate von all dem Stress erholen und gar nichts machen. Nachdenken.“ Kanzleramtsminister Josef Ostermayer habe ihm versprochen, in der Regierung zu bleiben.

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