Schelling in St. Peterburg dabei
Die OMV will dem russischen Gasprom-Konzern im Gegenzug für die OMV-Beteiligung an sibirischen Gasfeldern anbieten, sich seinerseits an der Ölförderung in der Nordsee zu beteiligen. Das Ausmaß der russischen Beteiligung an der dort tätigen OMV-Tochter wird von der Bewertung der OMV-Assets in der Nordsee abhängen - das soll in den nächsten Monaten geschehen.
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Erstmals wurde damit klargestellt, dass Gasprom keine österreichischen OMV-Assets bekommen soll. „Es wird keine Beteiligung der Gasprom an der OMV geben“, betonte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Anfang April in St. Petersburg vor österreichischen Journalisten.
„Wir sind in den Vorgesprächen, auch mit Vertretern der Gasprom, übereingekommen, dass das aus industriepolitischer Sicht in Österreich derzeit nicht gewünscht ist, und wir sind bei unseren Partnern auf entsprechendes Verständnis gestoßen.“ Im Vorfeld war befürchtet worden, das Gasspeicher oder die Raffinerie in Schwechat von dem Deal erfasst werden könnten.
Finanzminister rügt „Zwischenrufe“
„Spekulationen, die es immer wieder in den Medien gegeben hat, bis hin zu parlamentarischen Prozessen und politischen Zwischenrufen, die allesamt mehr als entbehrlich waren“, hätten dem Unternehmen nicht genützt, sondern geschadet. „Der Schaden, der mit solchen politischen Zurufen passiert, ist ziemlich groß - insbesondere, wenn man nicht nur die Frage des Aktienkurses anschaut, sondern auch die internationale Reputation: Mischt sich hier die Politik wieder in operative Geschäfte ein oder nicht?“, so der Minister. Einmal mehr spielte er auch auf die frühere SPÖ-Staatssekretärin und Siemens-Managerin Brigitte Ederer an, die im Vorjahr vor einem „schleichenden Ausverkauf“ der OMV gewarnt hatte.
Abschluss soll noch heuer über die Bühne gehen
Gasprom-Chef Alexej Miller rechnet mit dem Abschluss der Deals noch in diesem Jahr. Die Gefahr, dass der geplante Asset-Tausch noch scheitern könnte, sieht Miller nicht. Warum eine Beteiligung an der relativ teuren Ölförderung in der Nordsee für die Russen attraktiv sein könnte, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. „Für die Gasprom ist es ein Schritt in Richtung Öl“, sagte OMV-Chef Rainer Seele.

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Seele (l.) und Miller, Schelling im Hintergrund links
Die Russen wollten „einen strategischen Partner finden, der entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit ihnen zusammenarbeitet. Dabei hat er (Miller, Anm.) auch die Bedeutung des Nordstream-Projekts betont“, so Seele. Für die OMV hätte der Einstieg des russischen Konzerns den Vorteil, dass Gasprom auch einen Teil der in Norwegen notwendigen Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro übernehmen würde.
Auch Kernaktionär der Emirate zufrieden
Der zweite Kernaktionär der OMV, die Staatsholding International Petroleum Investment Company (IPIC) der Vereinigten Arabischen Emirate, ist in St. Petersburg durch Energieminister Suhail Mohammed al-Masrui vertreten. Man habe ein gemeinsames Interesse daran, die OMV weiterzuentwickeln und hochprofitabel zu halten, sagte Schelling, „das ist im Interesse der Sicherheit der Versorgung, aber auch im Interesse der Eigentümerstruktur. Daher unterstützen sowohl die Vertreter Abu Dhabis als auch die Republik Österreich die neue Strategie, die von Dr. Seele entwickelt wurde, vollinhaltlich.“
Sibirien-Deal mit zwei Standbeinen
Im sibirischen Urengoj wird sich die OMV mit knapp unter 25 Prozent an einer gemeinsamen Gasfördergesellschaft mit Gasprom beteiligen, die Produktion wird dann an Gasprom verkauft. Gefördert werden zu 70 Prozent Gas und zu 30 Prozent Gaskondensat. Wichtig sei die Unterscheidung deshalb, weil man sich mit Gasprom darauf geeinigt habe, das Kondensat zu internationalen Rohölpreisen zu verkaufen, sagte Seele. Das sei auch eine Absicherung gegen einen weiteren Gaspreisverfall, weil man nicht ausschließlich von Gas abhängig sei.
„Beim Gas haben wir zwei verschiedene Verpreisungen vereinbart. Eine Verpreisung ist für die Mengen im Inland, eine für das europäische Ausland.“ Über weitere Details habe man aber Stillschweigen vereinbart, so Seele.
Kaum Risiko?
Den Einwand, dass die OMV mit dem Fokus auf Russland ein Risiko eingehe, wies Seele zurück. „Das ist die Natur unseres Geschäfts, das hat nichts mit Russland zu tun.“ So sei das Explorationsrisiko in Russland „für uns vernachlässigbar“, denn es sei ja bereits bestätigt, dass Gasreserven vorhanden seien. „Es ist in erster Linie ein Projekt, bei dem wir uns anschauen: Was müssen wir investieren, um diese Reserven zu heben?“ Das Marktrisiko werde durch Mindestabnahme-Verpflichtungen minimiert.
Das Investitionsvolumen in Sibirien sei für die OMV ebenfalls überschaubar, es liege „unter einer Milliarde - über einen Zeitraum, der über das Jahr 2020 hinweggeht“. Die „Due Diligence“ - also die Frage, wie viele Reserven tatsächlich gefördert werden können, wie das zeitliche Produktionsprofil aussieht und wie viel man investieren muss - sei großteils abgeschlossen. „Diese Fragen können wir zu 90 Prozent beantworten. Wenn wir 100 Prozent haben, sprechen wir mit dem Aufsichtsrat.“
Russisches Rohöl für Schwechat
Was die Bewertung der OMV-Assets angeht, ist man noch nicht so weit. „Da muss ein vertiefter Datenraum weiter von den Gasprom-Kollegen studiert werden. Ich gehe davon aus, dass wir den Zeitplan bis zum Sommer dieses Jahres sicherlich halten können.“
Neben dem Asset-Tausch wurde auch eine Vereinbarung über russische Rohöllieferungen für die Raffinerie Schwechat unterzeichnet. Derzeit stammt etwa ein Zehntel des in Schwechat verarbeiteten Rohöls aus Russland - dieser Anteil könnte deutlich ausgebaut werden, „darum wollen wir auch einen Anschluss an die Druschba-Pipeline“, sagte Seele. Derzeit fehlt dafür ein etwa 60 Kilometer langes Verbindungsstück durch die Slowakei, für das dort aber behördlichen Genehmigungen fehlen.
Insgesamt verarbeiten die OMV-Raffinerien pro Jahr 17,5 Mio. Tonnen Öl, rund zehn Mio. davon in Schwechat. 3,6 Mio. Tonnen Öl kauft die OMV von Kasachstan. In der Raffinerie in Rumänien werden 3,7 Mio. Tonnen eigenes Öl verarbeitet. Aus Russland bezog die OMV im vergangenen Jahr eine Mio. Tonnen Öl, heuer sollen es 1,6 Mio. Tonnen werden.
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