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„Kein Richtungsstreit“

Das Ausscheiden von SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer in der ersten Runde der Hofburg-Wahl hat die Spannungen in der Partei mit einem Satz stark steigen lassen. Es gibt aus mehreren Ecken inhaltliche und personelle Kritik. Nach dem mächtigen Wiener SPÖ-Landeshauptmann Michael Häupl stellt sich nun auch Vizeklubchef Josef Cap hinter SPÖ-Parteichef Kanzler Werner Faymann.

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Die vorgezogene SPÖ-Parteivorstandssitzung kommende Woche werde nicht den Anfang vom Ende der Ära Faymann einläuten: „Das ist auszuschließen“, gab sich Cap trotz Kritik von SPÖ-Granden wie der ehemaligen Siemens-Vorständin Brigitte Ederer und der Parteijugend am Dienstag im Ö1-Morgenjournal-Interview überzeugt - mehr dazu in oe1.ORF.at

Faymann sei der gewählte Parteivorsitzende, und „alle hören auf ihn, genauso wie alle auf Michael Häupl und (den burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann, Anm.) Hans Niessl hören“. Häupl habe Faymann ganz richtig als „unterschätzten Kanzler“ bezeichnet. Er lobte etwa Faymanns Vorgehen in der Flüchtlingskrise. Cap betonte, das Parteipräsidium sei ein Team.

„Sehe Spaltung nicht“

Eine „Spaltung der SPÖ sehe ich nicht“, sagte Cap. In den Wiener SPÖ-Gremien am Montag sei jede Wortmeldung „eindeutig“ gegen ein Auseinanderdividieren gewesen. „Die Mitbewerber hätten das (gemeint: eine Spaltung, Anm.) gerne, aber die Freude werden wir niemandem bereiten.“

Die SPÖ werde keinen Richtungsstreit führen. Der Parteitag werde, „so wie ich das sehe“, wie geplant im November stattfinden. Häupl mache im Team nun die Vorbereitungsarbeit. Dabei gehe es nicht darum, parteiinterne Befindlichkeiten zu diskutieren, sondern es gehe darum, dass „wir für ein besseres Leben eintreten“.

Zurückgewinnen von FPÖ-Wählern

Inhaltlich betonte Cap, nicht ein Ende oder Beibehalten der Abrenzungspolitik zur FPÖ - wie zuletzt von Gewerkschaftschef Erich Foglar gefordert - sei die Frage. Thema sei vielmehr, wie man die FPÖ-Wähler und die Nichtwähler zurückgewinnen könne. „Im Interesse Österreichs“ wolle die SPÖ nicht Populisten den Platz überlassen.

Schieder: Sein kann alles

Außerordentlich zurückhaltend gab sich die Regierung am Dienstag vor dem Ministerrat anlässlich der SPÖ-Krise. Die meisten roten Regierungsmitglieder ließen sich vor Journalisten gar nicht blicken. Jene, die sich zeigten, wollten sich in keine Richtung festlegen. So meinte etwa Klubobmann Andreas Schieder zur Frage, ob der Parteitag trotz aller Turbulenzen wirklich plangemäß erst im November stattfinden könnte: „Sein kann alles in Zeiten wie diesen.“ Seine persönliche Präferenz in dieser Frage will er nur in den Gremien bekanntgeben.

Dass sich Häupl am Montag quasi zum geheimen Chef der Sozialdemokraten aufgeschwungen habe, wollte Schieder nicht so sehen: „Häupl ist Chef der Wiener SPÖ.“ Der Klubchef selbst wurde zuletzt auch als Außenseiter für den Job des Parteivorsitzenden genannt. Ihn fülle die Stelle des Klubobmanns aus, so Schieder.

Koalitionspartner schweigsam

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) plädierte dafür, die Diskussion in der Partei in aller Offenheit, aber nicht in aller Öffentlichkeit zu führen. Dass die SPÖ gespalten sei, bestritt er. Man solle sich nun die Zeit dafür nehmen, alle Fragen zu diskutieren. Stöger geht auch davon aus, dass Faymann nach dem Bundesparteivorstand der SPÖ am Montag weiter Chef der Sozialdemokraten sein wird.

Der Koalitionspartner ÖVP wollte sich zu den Schwierigkeiten in der SPÖ nicht wirklich äußern. Finanzminister Hans Jörg Schelling betonte, es gelte in der Regierung ein Programm abzuarbeiten. Daher denke er auch nicht an Neuwahlen. Ähnlich äußerte sich Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Er sei optimistisch, dass die Regierung weiter halte. Die Regierung sei zur Arbeit bereit.

Häupl soll vermitteln

Am Montag hatte Häupl von den Wiener SPÖ-Gremien das „Pouvoir“ als Vermittler im parteiinternen Strategie- und Personalstreit erhalten. Der Konflikt war bei der 1.-Mai-Kundgebung auf dem Wiener Rathausplatz mit Buhrufen für Faymann öffentlich sichtbar geworden. Häupl kündigte nach den Sitzungen an, er wolle Faymann „helfen“. Diesen halte er für einen „unterschätzten Bundeskanzler“. Nachsatz: „Ob er in der Partei akzeptiert ist, werden wir sehen. Ich unterstütze ihn jedenfalls“ - und das „nicht nur aus Mangel an Alternativen“.

„Schauen wir einmal“

Helfen will er Faymann nicht nur bei den Vorbereitungen des auf den 9. Mai vorverlegten Bundesparteivorstandes, sondern auch bei der Ausgestaltung der damit verbundenen Strategiegruppe in Sachen Umgang mit der FPÖ. Er werde sich außerdem an den Vorbereitungen für den Bundesparteitag beteiligen und auch mitverhandeln, was den Zeitpunkt für ebenjenen betreffe.

Häupl soll es richten

Mehr als acht Stunden berieten die Gremien der Wiener SPÖ am Montag über den Zustand der Partei.

Ob der Parteitag vorverlegt wird, ließ der Stadtchef am Montagnachmittag noch offen. Einen früheren Termin, wie etwa von Kärnten und Salzburg vorgeschlagen, wollte der Wiener SPÖ-Chef aber nicht ausschließen: „Ich gehe davon aus, dass er im November sein wird - aber schauen wir einmal.“ Wobei in den Debatten des Präsidiums, des Vorstands und des „Wiener Ausschusses“, des größten Wiener Parteigremiums, die Frage nach dem Zeitpunkt „mäßig interessant“ gewesen sei: „Es ist nicht wichtig wann, sondern was.“

Häupl: Nicht in „FPÖ-Falle“ tappen

Eine Personaldebatte habe es in den Sitzungen heute nicht gegeben, versicherte Häupl. Auch über Spaltung will der Wiener Landesparteivorsitzende nicht reden - denn „die SPÖ spaltet sich nicht.“ Was zutage getretene Differenzen in der Flüchtlingslinie betrifft, verwies der Bürgermeister einmal mehr auf den einstimmigen Beschluss des Landesparteitags vor gut zwei Wochen. Allerdings müsse die Sozialdemokratie von der „Monothematik“ wieder zur „Polythematik“ kommen. Denn man dürfe nicht in die „FPÖ-Falle“ tappen und sich nur mit Flüchtlingen bzw. Ausländern beschäftigen.

Der Gedanke an eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen bleibt indes Streitthema: Hier bekräftigte Häupl trotz immer lauter werdender Gegenstimmen von Parteifreunden sein Nein zu einer etwaigen Zusammenarbeit. Da es im Burgenland und in einigen Gemeinden allerdings sehr wohl Kooperationen gebe, müsse man darüber reden. Grundsätzlich sprach Häupl von einer „langen Diskussion“, was angesichts des Ergebnisses bei der Bundespräsidentschaftswahl „nicht verwunderlich“ sei.

„Hart aber herzlich“

Die Wiener Gremien waren seit der Früh im Rathaus gesessen. Wortkarg gaben sich nach dem „Wiener Ausschuss“ die anderen Teilnehmer. Hundstorfer, der mit seinem Ergebnis bei der Präsidentschaftswahl für die Krisenstimmung mitverantwortlich zeichnet, verwies auf den Wiener Bürgermeister. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid war die Sitzung „sehr konstruktiv, sehr positiv“.

„Die Sitzung war hart, aber herzlich“, sagte Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die auch stellvertretende Bundesparteichefin ist. Herausgekommen seien „lauter gute Sachen“, gesprochen wurde „über alles, denn Tabus gibt es in der Sozialdemokratie keine“. Wesentlich weniger gesprächig war Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Er meinte lediglich: „Kein Kommentar.“

Konkret tagten Präsidium, Vorstand und Wiener Ausschuss. Dieses größte Gremium umfasst rund 160 Mitglieder und besteht neben der Parteispitze auch aus Vertretern der Bezirke und Vorfeldorganisationen. Die Treffen wurden kurzfristig vorverlegt, sie hätten eigentlich erst in drei Wochen stattfinden sollen.

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