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„So, als ob es heute stattfinden würde“

Fünf Jahre nach der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden hat die CIA ein minutengenaues Protokoll der Kommandoaktion online gestellt. Unter dem Hashtag „#UBLRaid“ notierte der US-Geheimdienst im Kurzbotschaftendienst Twitter die einzelnen Schritte des Einsatzes - „so, als ob er heute stattfinden würde“. Kritik ließ nicht lange auf sich warten.

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Bin Laden war am 2. Mai 2011 von US-Spezialkräften in seinem Haus in Pakistan erschossen worden. „1.51 Uhr - Hubschrauber fliegen aus Afghanistan Richtung Abbottabad, Pakistan“, lautete einer der Tweets. Über die Ankunft der US-Spezialeinheit Navy SEALs im Versteck Bin Ladens hieß es: „3.30 Uhr - 2 Helikopter landen auf Anwesen in Abbottabad, Pakistan. Einer stürzt ab, aber der Angriff wird ohne Verzögerungen oder Verletzte fortgesetzt.“

„Schlechter Geschmack?“

Neun Minuten später wurde die Tötung des Al-Kaida-Chefs verkündet. „Osama bin Laden im dritten Stockwerk entdeckt und getötet.“ Zudem postete die CIA die berühmten Fotos von US-Präsident Barack Obama und anderen Regierungsvertretern, die den Einsatz damals im Lagezentrum des Weißen Hauses per Liveschaltung verfolgten.

Osama Bin Laden

picturedesk.com/AFP

Bin Laden verkündet in einem Video eine seiner Botschaften

Die ungewöhnliche Twitter-Aktion des Geheimdienstes stieß bei Nutzern auf Kritik. Die Reaktionen seien großteils negativ, berichtete die BBC. Ob nun auch ein Minutenprotokoll über den Abwurf der Atombombe in Hiroshima 1945 geplant sei, fragte Twitter-Nutzer Kris Knight. „Oder ist das dann schlechter Geschmack?“ Andere wiederum fanden die CIA-Nachrichten „grotesk“ und „peinlich“. Einige Twitter-User posteten Bilder, auf denen die Originalgesichter ausgetauscht waren oder Obama und die damalige Außenministerin Hillary Clinton die Augen rollen.

Haus in dem Bin Laden getötet wurde

picturedesk.com/AFP/Aamir Qureshi

Das Haus in Abbottabad, in dem Bin Laden getötet wurde

Al-Kaida geschwächt

Bin Ladens Tod schwächte Al-Kaida, das Terrornetzwerk konnte seinen charismatischen Gründer nicht adäquat ersetzen. Gut sechs Wochen nach Bin Ladens Tod übernahm der Ägypter Aiman al-Sawahiri als bisherige Nummer zwei von Al-Kaida die Führung. Wie sein Vorgänger lebt Sawahiri im Untergrund. Als sein zweiter Mann gilt Nasser al-Wuhaischi. Der aus dem Jemen stammende Extremist stieg in den 1990er Jahren als Privatsekretär Bin Ladens in der Organisation auf.

„Diffuses globales Netzwerk“

Bereits in den Jahren vor Bin Ladens Tod hatte sich Al-Kaida strukturell gewandelt und zunehmend auf Regionalisierung gesetzt. Aus der einst straff organisierten Terrororganisation wurde ein „diffuses globales Netzwerk“, wie es in einer Analyse des wissenschaftlichen Dienstes im US-Kongress heißt.

Es gehe um eine über die Welt verstreute ideologische Bewegung - mehr oder minder unabhängig von der einstigen Kommandozentrale im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Diese blieb zwar der ideologische Kopf, Anschläge werden aber zunehmend von regionalen Ablegern organisiert und ausgeführt. Dazu gehören Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQMI) und Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP).

IS als Konkurrenz

In den vergangen Jahren rief Al-Kaida in Internetbotschaften wiederholt zu „Einsamer Wolf“-Attacken auf, die keine große Organisation erfordern. Dezentral geplante Taten von Einzeltätern oder kleinen Gruppen sollen von Polizei und Geheimdiensten schwer vereitelt werden können. Seit einigen Jahren sieht sich das Terrornetzwerk zunehmend in Konkurrenz zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der IS ging aus einem Al-Kaida-Ableger hervor und ging 2013 auf Expansionskurs.

Es entwickelte sich ein blutiger Konkurrenzkampf. Im Jänner 2015 bekannte sich Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel zum Angriff auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in Paris. Einer der Attentäter von Paris bekannte sich vor seinem Tod allerdings zum IS. Während IS-Terroristen im November 2015 erneut in Paris und im April 2016 in Brüssel zuschlugen, griff der Al-Kaida-Ableger AQMI in Afrika Hotels in Mali, Burkina Faso und zuletzt in der Elfenbeinküste an.

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