Themenüberblick

Keine Vorverlegung des Parteitags

Das Wahldebakel für SPÖ-Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer bleibt vorerst ohne Konsequenzen für die Partei. Nach einer rund zweieinhalbstündigen Parteipräsidiumssitzung trat Werner Faymann - weiterhin in seiner Eigenschaft als SPÖ-Vorsitzender - vor die Presse und erklärte: „Fürs Arbeiten sind wir gewählt und nicht fürs Streiten.“

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Die Frage, wie er für die SPÖ ohne personelle Erneuerung das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen wolle, quittierte er mit einer Gegenfrage: „Schauen Sie, die ÖVP hat viermal gewechselt, und wie steht die da?“ Weiter sagte Faymann: „Wir gehen dorthin, wo uns die Bevölkerung erwartet.“ Er wolle jene Themen in den Vordergrund stellen, um die es der Bevölkerung gehe.

Das sind laut Faymann: die Sicherung der Arbeitsplätze, die Schaffung von finanzierbarem Wohnraum sowie „Arbeit, von der man leben kann“. Dazu gehörten aber auch die Freihandelsabkommen TTIP und CETA - internationale Konzerne dürften nicht über heimischen Gerichten stehen, sagte der SPÖ-Vorsitzende. In der Flüchtlingsfrage erklärte er, dass man der Bevölkerung zeigen müsse, „wie wir eine europäische Lösung zustande bringen“. Die Asyllinie der Regierung habe in der SPÖ „eine ganz breite Mehrheit“, betonte Faymann mit Nachdruck.

„Schwebezustand“ vermeiden

Von einer Vorverlegung des SPÖ-Bundesparteitags wollte er nichts wissen. Dieser werde im Herbst stattfinden, bekräftigte Faymann, ein genauer Termin stehe noch gar nicht fest. Zuvor hatte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) via „Presse“ eine Vorverlegung des Parteitags ins Spiel gebracht. Diesen könnte man früher abhalten, um einen „Schwebezustand“ zu vermeiden.

Vranitzky im „Report“

Im „Report“-Studio diskutierten Claus Raidl und Ex-Kanzler Franz Vranitzky, prominente Unterstützer der unterlegenen Kandidaten der Koalitionsparteien.

Ähnlich Altbundeskanzler Franz Vranitzky: Er fände es durchaus sinnvoll, den Parteitag vorzuziehen - sollte sich nach dem „dramatisch schlechten Abschneiden“ bei der Bundespräsidentenwahl ein „Schwebezustand“ mit viel Diskussion ergeben. Eine Personaldiskussion wolle er öffentlich nicht führen, lehnte er im ORF-„Report“ einen Kommentar zu Faymann ab.

Bild zeigt Internetauftritt der SPÖ

Screenshot/spoe.at

Die SPÖ-interne Formulierung des Absturzes lautet: „Schmerzliches Ergebnis“

Das schlechte Ergebnis Hundstorfers, dessen Personenkomitee Vranitzky mit Brigitte Ederer leitete, sieht er auch durch nicht gerade „rasende Unterstützung“ des Kandidaten durch Partei und Gewerkschaft verursacht. Ederer hat mittlerweile bereits offen Faymanns Ablöse gefordert. Vranitzky empfahl der Regierung dringend, endlich „die Themen der Zeit aufzugreifen“ und Reformen anzugehen.

Wortkarge Präsidiumsmitglieder

Die übrigen Präsidiumsmitglieder gaben sich nach der Sitzung wortkarg - sie entschwanden entweder ganz ohne Statement oder verwiesen auf Faymann. Auch vor der Sitzung wollten sie von einer Personaldiskussion nichts wissen. Auf eine entsprechende Frage antworteten sie, Faymann sitze fest im Sattel. „Wir sind keine Reiterpartei“, sagte etwa Kaiser. Auf Nachfrage, ob Faymann der richtige Parteichef sei, gab Kaiser dann doch ein „Ja“ von sich. Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser sagte nur: „Das werde ich nicht mit den Journalisten klären.“

Ergebnis „verdauen“

„Wir können nach so einem Ergebnis doch nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte etwa Wiens Bürgermeister Michael Häupl. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid wollte zwar nicht von einer Krisensitzung sprechen, es sei aber eine Sitzung aus dringlichem Anlass. Ähnlich Infrastrukturminister Gerald Klug: Als „normale Sitzung“ wollte er das Zusammentreffen „vor dem Hintergrund der gestrigen Wahl“ nicht gerade bezeichnen, aber man müsse nun eben das Ergebnis - so auch wie die ÖVP - „verdauen“. Gefragt nach der Zukunft seines Parteivorsitzenden sagte er: „Mein Bundeskanzler und mein Bundesparteivorsitzender ist Werner Faymann.“

„Es geht nicht um Personen“

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl sprach von einer „Aussprache, wie sie nach einem derartigen Ergebnis üblich“ sei. Er ging mit einem klaren Wording in die Sitzung: Es gehe „nicht um Personen, sondern um Positionen“. Zuvor hatte Niessl eine Mitgliederbefragung vorgeschlagen, „so wie das das Burgenland gemacht hat“. Dass FPÖ-Kandidat Norbert Hofer im Burgenland über dem Bundestrend liege, „das ist natürlich der Heimvorteil im eigenen Bundesland“, glaubt Niessl.

Was die Koalition auf Bundesebene betreffe, habe sich Faymann festgelegt, das sei „zu respektieren. Nur denke ich, dass es diese Form der Koalition nach den nächsten Wahlen ganz schwer geben wird“, sagte der Landeshauptmann. Er sei aber nicht für eine vorgezogene Neuwahl - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Rumoren in der Wiener SPÖ

Ein Rumoren gab es in der Wiener SPÖ. So gab es Stimmen für eine Wahlempfehlung für Alexander Van der Bellen - etwa von der stellvertretenden Klubchefin Tanja Wehsely. Gleichzeitig hielt sie eine Personaldebatte für unerlässlich: „Nach so einem Ergebnis ist alles infrage zu stellen. Da muss man auch ernsthaft über Personen diskutieren.“

Es gebe jedenfalls in der Partei „genügend Personalreserven“. Jeder sei ersetzbar, so Wehsely. Der Mariahilfer SPÖ-Bezirksvorsteher Markus Rumelhart forderte einen „Relaunch der Sozialdemokratie“, die Bezirks-SPÖ gab eine offizielle Wahlempfehlung für Van der Bellen ab.

Linzer Bürgermeister: Kosmetik reicht nicht

Mit „kleinen, kosmetischen Reformen“ könne die Glaubwürdigkeit nicht zurückgewonnen werden, sagte der Linzer Bürgermeister Klaus Luger. Die SPÖ trete schon zu lange auf der Stelle, verfange sich zu sehr in allfälligen Forderungen ihrer verschiedenen Lager. Wozu dieses Dilemma führe, zeige gerade die SPÖ Oberösterreich, die bei beiden Landtagswahlen 2009 und 2015 herbe Verluste eingefahren hatte. Statt politische Entscheidungen zu treffen werde diskutiert. Luger war es dann auch, der mit dem Zurücklegen seiner Funktionen in der Landespartei den Rücktritt von Parteichef Reinhold Entholzer Ende Jänner erwirkte.

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