„Allerletzte Chance“
Während es in der SPÖ nach der Wahlschlappe vom Sonntag bereits deutlich rumort, ist es in der ÖVP noch - verdächtig - ruhig. Parteichef Reinhold Mitterlehner sprach wie auch Tirols Landeshauptmann Günter Platter von einer „letzten Chance“ für einen Neustart. Für eine Obmanndebatte gibt es bisher nur Absagen. Auch durchgängig ist die Linie, für die Stichwahl keine Wahlempfehlung geben zu wollen.
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Mit personellen Konsequenzen löse man keine Probleme, so Mitterlehner: „Wir haben ein gutes Team.“ Die Niederlage Andreas Khols führte er auf eine „Grundstimmung gegen das gesamte politische Establishment“ zurück. Teilweise gebe es auch „überzogene Erwartungen“ an die Politik.
Unzufriedenheit und Verunsicherung in der ÖVP
Viele in der Parteispitze warnen vor Neuwahlen und einer Obmanndebatte, betonen aber gleichzeitig, dass es so wie bisher nicht weitergehen könne.
Scharfe Kritik übte er an den Umfragen, die das taktische Wählen befeuert hätten: Die ÖVP sei nach der Wien-Wahl schon „zum zweiten Mal Opfer der Meinungsumfragen geworden“. Mitterlehner will nun einen „Relaunch der Arbeit“ - sowohl was den Stil als auch was Inhalte betreffe.
Gegen „scheibchenweise Demontageversuche“
Der steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler sah Khol „unter seinem Wert geschlagen“, die eigene Partei habe es Khol nicht einfach gemacht, so Drexler gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal. Derartige Ergebnisse habe es noch nie gegeben, es wäre naiv, sich darauf herauszureden, dass es eine Persönlichkeitswahl gewesen sei, sagte Drexler. Es sei auch wenig originell zu sagen, dass die falsch gelegene Meinungsforschung alleinig schuld gewesen sei, so der Landesrat.
Es habe holprige Elemente in der Kampagne gegeben, aber es sei müßig, in die Vergangenheit zu blicken. Drexler verwies auf Mitterlehners Vorstoß für einen „Relaunch", der müsse aber auch tatsächlich stattfinden“. Den Parteichef selbst wollte Drexler nicht infrage stellen: „Die Erfahrung in der ÖVP mit Obmanndebatten sollte allen zeigen, dass sich das nicht bewährt hat, wenn man scheibchenweise Demontageversuche unternimmt“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Platter: Chance, Österreich „neu zu denken“
Für Platter haben die Regierungsparteien nur noch eine „allerletzte Chance“. Sie müssten nach der „Zäsur“ die Chance erkennen, Österreich „neu zu denken“, sagte er. Einem personellen Umbruch an der ÖVP-Parteispitze wollte Tirols Landeschef indes nicht das Wort reden: „Ich führe keine Personaldebatte.“ Man werde in den „kommenden Wochen und Monaten“ beurteilen, inwiefern es der Bundesregierung gelinge, den „Stillstand“ zu beenden.
„Das war eine deutliche Abrechnung mit der Bundeskoalition. Die Politik des Zauderns und Zögerns ist abgestraft worden“, übte der Landeshauptmann scharfe Kritik an den Verantwortlichen. Die Regierungspartner hätten sich gegenseitig keine Erfolge gegönnt, hätten „Hackl geschmissen“ und „keine Ergebnisse“ zustande gebracht. Dieses „Verhalten“ der Bundesregierung habe die Bevölkerung wahrgenommen.
Keine Wahlempfehlungen
Platter sprach sich zudem klar gegen eine Wahlempfehlung der ÖVP für einen der beiden Stichwahlkandidaten Norbert Hofer oder Alexander Van der Bellen aus. Auch hinsichtlich seines persönlichen Wahlverhaltens ließ er sich nicht in die Karten schauen.
Auch Oberösterreichs Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteichef Josef Pühringer will „sicherlich keine Wahlempfehlung“ abgeben. Das gelte auch für seine Landespartei. „Ich halte unsere Bürger und Bürgerinnen für mündig“, meinte er. Pühringer verriet auch nicht, wem er seine Stimme gibt - er persönlich mache vom „Wahlgeheimnis Gebrauch“.
Salzburgs Landeshauptmann und VP-Landeschef Wilfried Haslauer gibt ebenfalls keine Wahlempfehlung ab, wie ein Sprecher am Montag auf Anfrage der APA erklärte.
Blümel gibt SPÖ die Schuld
Ähnlich auch der Wiener Landesparteichef Gernot Blümel: „Wir geben keine Wahlempfehlung ab, unser Kandidat war Dr. Andreas Khol.“ Vielmehr werde auf die Eigenverantwortung der Wähler gebaut.
Kritik setzte es am Koalitionspartner im Bund: „Der gestrige Tag muss das Ende der Faymann-Stillstandspolitik zur Folge haben. Es ist jetzt eine andere Politik gefragt als die mutlose, visionslose und tatenlose Politik des Kanzlers. Die ÖVP darf dabei keine Unterstützung mehr sein“, sagte Blümel.
Er schloss sich damit der Argumentation von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll an, der schon am Vortag ähnliche Worte verwendet hatte: „Das Ergebnis ist aber auch die Folge von mittlerweile acht Jahren Faymann-Politik. Eine Politik des Verschleppens, des Verzögerns und des Wegduckens“, so Pröll.
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