Länge der Haft entscheidend
Ein Gericht in Norwegens Hauptstadt Oslo hat dem rechtsextremen norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik in seiner Klage gegen den Staat wegen seiner „unmenschlichen“ Einzelhaft teilweise recht gegeben.
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Breivik hatte den norwegischen Staat wegen seiner langjährigen Isolationshaft geklagt. „Das Gericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die Haftbedingungen eine unmenschliche Behandlung darstellen“, heißt es in dem Urteil. Die „Haftbedingungen von Anders Behring Breivik stellten eine Verletzung der Menschenrechtskonvention, Artikel 3, dar“, so das Gericht. Das Gericht verwies insbesondere darauf, dass der 37-Jährige seit fast fünf Jahren in Einzelhaft sitze.
„Das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung zählt zu den Grundwerten einer demokratischen Gesellschaft“, heißt es in dem Urteil. „Das gilt auch für die Behandlung von Terroristen und Mördern.“ Der Staat muss nun auch Breiviks Prozesskosten in Höhe von fast 36.000 Euro übernehmen. Nicht durchsetzen konnte sich Breivik mit der Klage gegen die Kontrolle seiner Korrespondenz.
Kaum Kontakt zur Außenwelt
Entscheidende Faktoren waren die Länge der Isolation, eine mangelhafte Begründung, begrenzte Klagemöglichkeiten und zu wenige ausgleichende Maßnahmen, hieß es im Urteil. In Bezug auf Artikel 8 der Konvention habe sich der Staat dagegen nichts zuschulden kommen lassen. Breivik hatte es im Prozess unter anderem als unmenschlich bezeichnet, dass er kaum Kontakt zur Außenwelt habe.

APA/AFP/NTB Scanpix/Lise Asreud
Breivik mit seinen Anwälten
Breivik hatte in den Anhörungen zu dem Fall argumentiert, seine Einzelhaft verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Rechtsvertreter der Behörden hatten dagegengehalten, Breivik sei „extrem gefährlich“, und seine Haftbedingungen seien durch die Konvention klar gedeckt.
Unterschiedliche Reaktionen
In ersten Reaktionen bewerteten Überlebende des Massakers auf der Insel Utöya das Urteil unterschiedlich. „Das Urteil zeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert und die Menschenrechte selbst in extremen Fällen respektiert“, schrieb der Überlebende Björn Ihler im Kurznachrichtendienst Twitter.
Ein weiterer Überlebender, Viljar Hanssen, kam zu einem anderen Schluss: „Ein Hoch auf den Rechtsstaat - aber das ist nun einfach absurd“, schrieb er auf Twitter. Breiviks Anwalt Oystein Storrvik hatte die Klage mit dem Hinweis zu rechtfertigen versucht, dass sein Mandant wahrscheinlich den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen müsse.
Der Norweger hatte im Juli 2011 aus rechtsextremen Motiven heraus bei einem Bombenanschlag in Oslo und einem anschließenden Massaker auf der Ferieninsel Utöya 77 Menschen getötet. Dafür hatte ihn ein Gericht zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt, die Inhaftierung kann allerdings verlängert werden. In den Anhörungen zu seinen Haftbedingungen hatte er sich immer wieder extremistisch geäußert. Er bezeichnete sich als Neonazi und zeigte den Hitlergruß. Breivik begründete seine Klage auch damit, dass er intensiver mit seinen Anhängern kommunizieren wolle.
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