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„Kriterien werden nicht verwässert“

Die EU-Kommission könnte am 4. Mai einen Verzicht auf die Visapflicht für türkische Bürger vorschlagen. Dazu müsse die Türkei zuvor aber die Anforderungen der EU erfüllen, betonte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel.

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„Es kann keine Visaliberalisierung angeboten werden, wenn nicht alle Bedingungen erfüllt sind“, sagte er. Falls das der Fall ist, will die Brüsseler Behörde in ihrem Bericht Anfang Mai visafreies Reisen für türkische Bürger ab spätestens Ende Juni vorschlagen. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssten dem zustimmen.

Die Visafreiheit ist das zentrale Versprechen, das die EU der Türkei im Gegenzug für die Kooperation in der Flüchtlingsfrage machte. Es ist daher auch kein Zufall, dass Avramopoulos genau einen Monat nach Inkrafttreten dieses, besonders bei UNHCR und NGOs, umstrittenen Abkommens die Liberalisierung in Aussicht stellte bzw. von Journalisten danach gefragt wurde.

72 Anforderungen

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte am Vortag vor dem Straßburger Europarat ebenfalls unterstrichen: „Die Kriterien werden nicht verwässert.“ Verstärkte Bemühungen um eine Abschaffung des Visazwangs sind Teil der Vereinbarungen zwischen der EU und der Türkei in der Flüchtlingspolitik.

Dazu muss die Türkei 72 Anforderungen erfüllen, zum Beispiel zur Ausstellung biometrischer Reisepässe. Wie vielen der Bedingungen Ankara bisher nachkommt, sagte Avramopoulos nicht. „So weit läuft es gut“, antwortete er auf eine entsprechende Frage. Nach Angaben des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu vom Montag entspricht die Türkei inzwischen den meisten Anforderungen. Es geht um Kurzzeitvisa für Türken, die einen Aufenthalt von maximal 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen erlauben. Derzeit müssen Türken einen aufwendigen Prozess durchlaufen, um ein Visum zu bekommen.

„Kein politischer Rabatt“

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul, hatte Ankara zuvor in der „Bild“-Zeitung gewarnt: „Die Zeit läuft ab.“ Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber kündigte an: „Politischen Rabatt wird es in dieser Frage für die Türkei nicht geben. Es kann nicht sein, dass wir wegen türkischer Erpressungsversuche diese Entscheidung durchs Parlament peitschen müssen.“

Für die türkische Regierung ist die Visafreiheit von zentraler Bedeutung. Davutoglu hatte die EU Anfang der Woche zur Umsetzung aufgefordert. „Falls nicht, kann natürlich niemand erwarten, dass die Türkei sich an ihre Verpflichtungen hält“, sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

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