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Laut ZDF vier Wochen Pause

ZDF-Moderator Jan Böhmermann will nach der von der deutschen Bundesregierung erteilten Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen seines Gedichts über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vorerst nicht mehr im Fernsehen auftreten. Er habe sich „entschlossen, eine kleine Fernsehpause einzulegen“, teilte Böhmermann am Samstag auf seiner Facebook-Seite mit.

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Es gebe „bedeutsamere Themen als die Diskussion um ein in einer Satiresendung vorgetragenes Gedicht“, begründete Böhmermann den Schritt. Öffentlichkeit und Internet sollten sich „mal wieder auf die wirklich wichtigen Dinge wie die Flüchtlingskrise, Katzenvideos oder das Liebesleben von Sophia Thomalla konzentrieren“, schrieb der Satiriker in seiner bekannt ironischen Weise.

Bildungsreise nach Nordkorea

„Vom Saarland bis nach Sachsen fühle ich eine Solidarität für die Sendung von der überwältigenden Mehrheit derjenigen, die nicht Präsident Erdogan sind, und dafür möchte ich mich von Herzen bedanken“, erklärte Böhmermann weiter. Er verlasse jetzt erst einmal das Land, kündigte der Satiriker - wieder ironisch gefärbt - an.

Reiseziele hat er demnach bereits ausgewählt: Nordkorea - um sich „die Sache mit der Presse- und Kunstfreiheit noch mal genau erklären“ zu lassen - und den Jakobsweg. Letzteres mit dem Segway und zwecks Selbstfindung. Laut ZDF sollen in den nächsten vier Wochen, bis zum 12. Mai, keine neuen Ausgaben von Böhmermanns Sendung „Neo Magazin Royale“ produziert werden.

ZDF: „Gehen mit Böhmermann durch alle Instanzen“

Indes sicherte Böhmermanns Sender ZDF dem Moderator für die juristische Auseinandersetzung volle Unterstützung zu. Der Sender stehe hinter dem Satiriker, sagte Intendant Thomas Bellut dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Wir gehen mit ihm durch alle Instanzen.“ Das ZDF hatte am 1. April die am Vortag auf ZDFneo ausgestrahlte Szene aus der Mediathek gelöscht. ZDF-Intendant Bellut sagte nun dem „Spiegel“, er halte den Beitrag für einen Grenzfall: „Man kann das so oder so sehen.“

Jan Böhmermann

APA/AP/dpa/Henning Kaiser

Böhmermanns Show „Neo Magazin Royale“ läuft seit Oktober 2013 auf ZDFneo

Die Entscheidung zur Entfernung der Szene aus der Mediathek habe er aufgrund „meines persönlichen moralischen Wertesystems“ getroffen. „Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Aber ich halte sie nach wie vor für die am wenigsten falsche Entscheidung, die ich treffen konnte“, sagte Bellut. Der ZDF-Redakteur, der die strittige Szene mit Böhmermann diskutiert und freigegeben habe, müsse „keinerlei disziplinarische Maßnahmen befürchten“, versicherte er.

Grünes Licht für Strafverfolgung

In „Neo Magazin Royale“ hatte Böhmermann in einem Gedicht über Erdogan bewusst beleidigende Formulierungen benutzt. Er kündigte das Gedicht in der Sendung als Beispiel für herabwürdigende Schmähkritik an, um die Unterschiede zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik deutlich zu machen. Zuvor hatte Ankara wegen eines satirischen Beitrags in der Sendung „extra 3“ („Erdowie, Erdowo, Erdowan“) den deutschen Botschafter Martin Erdmann einbestellt, um Deutschland zu rügen.

Aufgrund des Schmähgedichts hatte die Türkei die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches verlangt. Dafür gab die deutsche Regierung am Freitag grünes Licht, was die Kanzlerin Angela Merkel gegen das Votum ihrer SPD-Minister tat. Zugleich kündigte sie die Abschaffung des Paragrafen bis 2018 an.

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