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Szydlo sieht „Angriff“ auf Polen

Im Streit der EU mit Polen ist keine Entspannung in Sicht - im Gegenteil: Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo hat den Entschluss des Europaparlaments in Straßburg als „Angriff“ auf den polnischen Staat bezeichnet. Zuvor hatte sich das Europaparlament „ernsthaft besorgt“ über das Vorgehen der polnischen Regierung gegen das Verfassungsgericht des Landes gezeigt.

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Die EU solle sich besser mit ihren aktuellen „ernsthaften Krisen“ beschäftigen und sich nicht „in einen internen politischen Konflikt einmischen“, sagte Szydlo am Mittwochabend im polnischen Fernsehen. Die Demokratie in Polen sei nicht in Gefahr.

Warnung des EU-Parlaments

Die Abgeordneten in Straßburg hatten zuvor in einer mit großer Mehrheit verabschiedeten Entschließung von einer „effektiven Lähmung“ des Gerichts gesprochen - und vor einer Gefahr für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gewarnt. Die polnische Regierung müsse „unverzüglich“ die Entscheidungen des Verfassungsgerichts beachten, forderte das EU-Parlament.

Außerdem müsse Warschau die Empfehlungen des Europarats zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit „uneingeschränkt“ umsetzen. Die EU gründe sich gemäß ihren Verträgen auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung von Menschenrechten, einschließlich der Rechte von Minderheiten, heißt es in der mit großer Mehrheit angenommenen Entschließung. Diese Grundsätze seien für alle Mitgliedstaaten bindend.

Kampf um Verfassungsgericht

Polen steckt in einer politischen Krise, seitdem das von der rechtsnationalen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) beherrschte Parlament im vergangenen Dezember im Eilverfahren und gegen den Widerstand der Opposition Maßnahmen verabschiedet hatte, mit denen das Verfassungsgericht erheblich geschwächt wird.

Anfang März wiesen die polnischen Verfassungsrichter selbst die Maßnahmen als verfassungswidrig zurück. Die Regierung von Ministerpräsidentin Szydlo weigert sich jedoch, dieses Urteil im Amtsblatt zu veröffentlichen und damit in Kraft zu setzen.

EU-Verfahren eingeleitet

Auch der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hatte die polnische Regierung Anfang April bei einem Besuch in Warschau aufgefordert, die Urteile des Verfassungsgerichts zu befolgen. Die amtierende niederländische EU-Ratspräsidentschaft leitete wegen der Schwächung des Verfassungsgerichts und anderer umstrittener Gesetze ein Verfahren zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen ein. Das ist eine Premiere in der Geschichte der Europäischen Union.

Eskalation möglich

Anfang März hatte die Venedig-Kommission des Europarats, der angesehene Verfassungsrechtler aus 60 Ländern angehören, vor einer Gefahr für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Polen gewarnt. Bisher zeigt sich die polnische Regierung im Machtkampf mit dem Verfassungsgericht aber unnachgiebig.

Sollte es dabei bleiben, könnte die EU-Kommission die zweite Stufe des Prüfverfahrens einleiten. Diese Etappe sieht vor, dass die Brüsseler Behörde Warschau eine Frist gibt, bis zu der die Probleme gelöst sein müssen. Als letztes Mittel kann die Kommission Sanktionen beschließen - etwa den Entzug von Stimmrechten im Rat der 28 EU-Staaten.

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