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„So viel wie nötig, so wenig wie möglich“

Wer versucht, beim Einkauf Verpackung zu sparen, wird oft auf eine harte Probe gestellt: Eingeschweißtes Obst und Gemüse sowie Einzel- und Kleinverpackungen machen das meist unmöglich. Dabei ist nicht jede Verpackung immer so schlecht wie ihr Ruf, einige Materialien können auch helfen, Müll zu verhindern.

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Eigentlich müssten Gurken nicht unbedingt verpackt werden, doch im Winter sind importierte Gurken meist nur in geschrumpfter Plastikfolie eingeschweißt erhältlich. Der Grund dafür ist laut Handel einfach: Weil Gurken einen hohen Wasseranteil haben und der Transport etwa aus Spanien länger dauert, werden die Gurken eingeschweißt - so verlieren sie weniger Wasser und bleiben länger haltbar.

Eine eingeschweißte Gurke kann im Eiskasten tatsächlich bis zu einige Wochen genießbar bleiben, nicht eingeschweißte Gurken haben hingegen nur wenige Tage, bevor sie weich werden. Einer Studie der Agentur Denkstatt zufolge kann mit einer PE-Folie der Abfall schlecht gewordener Gurken um die Hälfte reduziert werde - und ist damit trotz des zusätzlichen Mülls ökologisch durchaus sinnvoll einsetzbar.

Auf das richtige Material kommt es an

Gerade im Frischebereich - bei Gemüse und Obst -, aber auch bei Milchprodukten oder dem besonders ressourcenintensiven Fleisch und anderen hochwertigen und teuren Produkten kann die Verpackung helfen, die Haltbarkeit deutlich zu erhöhen und damit den Müllberg gerade im Lebensmittelbereich deutlich zu verringern. Auch die CO2-Bilanz wird beeinflusst: Bei der Gurke etwa stehen der Produktion der Plastikverpackung die Tausenden Kilometer, die die Gurke beim Transport aus Spanien zurücklegt, gegenüber.

Wichtig ist dabei laut Fachleuten, das jeweils passende Material einzusetzen. Auch auf die Ware kommt es an, eine Feldgurke braucht mit ihrer dickeren Schale weniger Schutz und trocknet nicht so schnell aus. Allerdings bevorzugen die meisten Kunden dünnwandigere Salatgurken, die eben schneller austrocknen.

Ökobilanz muss auch Produktion einbeziehen

Die im Lebensmittelhandel, vor allem im Biobereich, immer öfter eingesetzte regenerierte Zellulose, unter dem Markennamen Zellophan bekannt, sei zum Beispiel nicht für Gurken geeignet, so Johannes Bergmair vom Werkstoffinstitut OFI in Wien gegenüber ORF.at. Zellophan biete zwar einen guten Sauerstoffschutz, aber keine Wasserdampfbarriere, die Gurken trocknen in der Zellulose eher aus. Bei der PE-Folie seien die Eigenschaften hingegen genau andersherum. Zellophan sei daher gut für Paradeiser oder Pilze, sagt Bergmair.

Ökologisch betrachtet bringe die regenerierte Zellulose, die meist aus Holzfasern hergestellt wird, gegenüber der PE-Folie nichts, sagt Bergmair weiter. Holz ist zwar ein nachwachsender Rohstoff und das Material grundsätzlich kompostierbar, für die aufwendigere Herstellung der regenerierten Zellulose werde jedoch mehr Energie benötigt als für die Produktion von PE-Folie, zudem würden Mittel wie Schwefelsäure zum Einsatz kommen.

Effektive Wiederverwertung wichtig

Weil die Kompostierung der regenerierten Zellulose mit vier Wochen länger dauere als die zwei Wochen, die die meisten Kompostierer für ihren Heißkompost veranschlagen, lautet die offizielle Empfehlung, das Material über den Restmüll zu entsorgen - wo es dann verbrannt wird. Das gilt laut Bergmair auch für stärkebasiertes Bioplastik, wie es etwa bei Einkaufssackerln und Bioabfallsackerln eingesetzt wird.

Wichtig sei bei allen eingesetzten Materialien, dass sie so effektiv wie möglich verwertet werden - dazu zählt laut Bergmair auch die Müllverbrennung. PE-Folie wird aus Erdöl erzeugt, ist davon zu wenig im Restmüll, muss Öl bzw. Gas in der Müllverbrennungsanlage zugesetzt werden, damit der Müll nutzbringend verbrannt werden kann. Österreich sei bei Recycling zwar Weltmeister, Bergmair gibt aber zu, dass die rechte Aufteilung der wiederverwertbaren Materialien auf die diversen Sammelbehälter „eine Wissenschaft ist“.

Jedes Material hat Vor- und Nachteile

Eine Gurke zu verpacken ist laut Bergmair je nach Ausgangslage „eine gute Sache“, es gebe aber immer Optimierungsmöglichkeiten: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“, sei die Devise. Eine Gut-böse-Einteilung sei „Nonsens“, jedes Material habe Vor- und Nachteile, daher gebe es auch so viele Verbundverpackungen wie etwa Tetrapak. Karton und Papier können Plastik je nach Einsatzgebiet nur bedingt ersetzen - und umgekehrt.

Nudeln etwa könnten in Kartonverpackungen besser präsentiert werden, weil Karton aber dreimal schwerer als Plastik ist, sind die Transportkosten höher und es wird dabei mehr CO2 erzeugt. Dafür hat Karton den Vorteil, auf einem nachwachsenden Rohstoff zu basieren, und wird recycelt. Zwar kann auch Plastik vollständig recycelt werden, derzeit zahlt sich das laut Bergmair aufgrund des niedrigen Ölpreises aber nicht aus.

Kunden drängen auf weniger Verpackung

Verpackung sei immer Thema, heißt es vom Handel. Vor allem die Kunden wünschten nachhaltigere Verpackungen, sagen Marktbeobachter, auch wenn nicht alle Wünsche immer ökologisch sinnvoll seien. Der Handelskonzern REWE versucht laut eigenen Angaben, Verpackungen laufend zu reduzieren, ganz ohne gehe es aber auch nicht, sagt REWE-Sprecherin Ines Schurin. Im Frischebereich sei Verpackung überhaupt ein eigenes Thema: Einerseits würden die Kunden die Produkte gerne angreifen, andererseits würden die Produkte genau dadurch auch schneller verderben - womit der Müll erst recht wieder mehr wird.

REWE setzt stark auf Green Packaging auf Basis von Holz, Zellulose oder Karton. Die Umsetzung sei aber bei Eigenmarken naturgemäß einfacher als bei Zulieferern, so Schurin weiter. Nicht vergessen werden dürfen laut REWE auch der Transport und die Lagerung: Die Logistik präferiere aus praktischen Gründen allerdings überhaupt möglichst gleichförmige Verpackungen.

Verpackungen machen Einkaufen flotter

Der Trend gehe in Richtung unfolierte Ware, stellt auch Michael Wehofer, Verkaufsleiter bei der Genossenschaft LGV Frischgemüse Wien, fest. LGV verpackt Ware nur auf Kundenwunsch, verschweißt seine Gurken zu Beginn der Saison, wenn die Ware noch nicht lange halte, aber ebenfalls. Im Hochsommer sei das aufgrund der kurzen Transportwege in Österreich hingegen nicht notwendig. Anders bei Paradeisern: Hier sei eine Verpackung, gerade bei kleinteiligen Produkten wie Cocktailparadeisern notwendig.

Für Wehofer sind Verpackungen nicht unbedingt nötig, in der Logistik mache das keinen Unterschied, beim Diskonter, wo es an der Kassa meist besonders schnell gehen muss, gebe es allerdings mehr Verpackungen. Wenn Verpackung, dann ist Plastik für Wehofer im Moment „die beste Variante“, schließlich werde auch mit den Augen gekauft. LGV versuche aber, Plastik möglichst zu reduzieren, und teste auch laufend neue Verpackungen.

Mit Hirn kaufen und zügig verbrauchen

Den meisten Müll vermeidet sicher, wer Produkte möglichst saisonal und in überschaubaren Mengen kauft bzw. zügig verarbeitet, gerade bei Obst und Gemüse. Bei ganzjährig erhältlichen und ebenfalls leicht verderblichen Produkten wie Fleisch oder Käse kann laut einer Denkstatt-Studie im Auftrag der Industrie mit der passenden Verpackung aber ebenfalls viel Müll vermieden werden.

Laut Denkstatt fallen etwa bei an der Frischtheke offen verkauftem, ebenfalls ressourcenintensiven Käse durch Austrocknung fünf Prozent Müll an - wobei es womöglich auch bei der Lagerung in der Theke Optimierungsmöglichkeiten gibt. Zudem muss vielleicht nicht jedes Produkt zusätzlich zum Einwickelpapier auch noch in ein Papiersackerl abgepackt werden - wodurch ebenfalls mehr Müll anfällt, was laut Denkstatt die Bilanz für in Plastik verschweißten Käse besser ausfallen lässt. Hier gibt es vielleicht beim Handel und bei den Kunden ebenfalls Optimierungspotenzial.

Nadja Igler, ORF.at

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