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Preisplus von 700 Prozent

Weltweit hat jede zehnte Person keinen Zugang zu sauberem Wasser. Während in Österreich das Thema Wasserprivatisierung ein absolutes Tabu ist, sehen finanzschwache Staaten darin eine Möglichkeit, eine lückenhafte Wasserversorgung in ihrem Land auszubauen. Die lebensnotwendige Ressource Trinkwasser in die Hände Privater zu legen birgt freilich Risiken - wie am Beispiel der Philippinen zu sehen ist.

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1997 wurde das Trink- und Abwassersystem der philippinischen Hauptstadt Manila privatisiert. Begleitet wurde der Deal von der Weltbank-Gruppe. Dass sich eine Suborganisation der Gruppe an einer der Firmen, die den Zuschlag erhielten, beteiligte, wirft nun Jahre später kritische Fragen auf.

Brief an Weltbank-Präsidenten

Die US-Kongressabgeordnete Gwen Moore zeigt sich in einem Brief an den Weltbank-Präsidenten Jim Yong Kim besorgt und spricht von einem Interessenkonflikt. Konkret geht es um die Internationale Finanz-Corporation (IFC), eine internationale Entwicklungsbank, die sich als Teil der Weltbank-Gruppe auf die Förderung privater Unternehmen spezialisiert hat. IFC hält Anteile an der Manila Water Co. Diese hatte gemeinsam mit einer anderen Firma, Maynilad Water Services Inc., den Zuschlag bei der Privatisierung erhalten.

Arbeiter repariert Wasserleitung

AP/Aaron Favila

Manila Water erklärt die höheren Kosten mit einem größeren Leitungsnetz

Manila Water hatte sich die vorwiegend vermögenderen Gegenden in der Stadt gesichert und erwirtschaftete schon nach zwei Jahren Profite. 2005 notierte das Unternehmen an der Börse und war so erfolgreich, dass es in Länder wie Indien, Vietnam und Indonesien expandierte. Die Abgeordnete Moore fürchtet, dass die Beteiligung negativen Einfluss auf das eigentliche Ziel des IFC hat, die Wasserversorgung auszubauen. Die Weltbank solle ihre Wasserprivatisierungsbemühungen zurückfahren, fordert Moore.

Weiter Versorgungsschwierigkeiten

Für die Stadt Manila ist die Bilanz aus der Privatisierung im Gegensatz zur Firma gemischt. Während in den 90ern nur etwa ein Viertel der Bevölkerung versorgt wurde, feiert das IFC Manila als Erfolgsgeschichte, mit einer relativ zuverlässigen Versorgung. Die Kosten für Wasser stiegen allerdings dramatisch, im Fall von Manila Water um etwa 700 Prozent. Und viele Kunden klagen darüber, statt einer durchgängigen Versorgung häufige Ausfälle und Druckabfälle zu haben.

Philippinischer Mann in Manila trägt einen Wasserkanister

AP/Bullit Marquez

Auch wenn Tausende Kilometer neuer Leitungen gebaut wurden, müssen viele Menschen Trinkwasser in Flaschen zukaufen

Finanzielle Interessen einer Entwicklungsbank

Moore wirft dem IFC und der Weltbank vor, eine Situation zu schaffen, in der wegen der Profitorientierung die Wasserpreise in die Höhe schießen. Die Abgeordnete fürchtet, dass das Modell auch auf Städte in Afrika oder Asien übertragen werden könnte. Die Weltbank, die für die Reduktion von Armut zuständig ist, stelle ironischerweise ihre eigenen finanziellen Interessen vor jene von Millionen Menschen, die dringend sauberes Wasser brauchten, beklagt Nathaniel Meyer von der in Boston ansässigen NGO Corporate Accountability International.

Vom IFC hieß es, man begrüße den Brief als Diskussionsgrundlage über die angesprochenen Probleme. Die Vorwürfe würden ernst genommen, so IFC-Sprecher Geoffrey Keele. Er stellte auch klar, dass die Beteiligung erst Jahre nachdem die Privatisierung begleitet worden war erfolgte. Keele sagte gegenüber der AP, dass üblicherweise die Weltbank-Gruppe in solchen Projekten die Grundversorgung bereitstelle und Investitionsmöglichkeiten für den Ausbau biete. Wenn eine Regierung aber einen privaten Betreiber wünsche, dann helfe man dieser, einen Partner zu finden und eine Public-Private-Partnership aufzubauen. Die Variante werde etwa dann gewählt, wenn Managementkompetenzen gefragt seien.

Firma: Günstiger als auf dem Schwarzmarkt

Manila Water verteidigt sich mit dem Argument, eine 99-prozentige Versorgungsquote in den zuständigen Gebieten zu bieten und Tausende Kilometer neuer Leitungen zu verlegen. Die fast 700-prozentige Steigerung der Gebühren seit 1997 stehe im Einklang mit den Kosten und sei außerdem noch immer weniger, als wenn Menschen sich auf dem Schwarzmarkt versorgen müssten.

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