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Ruf nach Öffnung der Grenze

Trotz Waffenruhe und neuer Friedensgespräche nimmt die Gewalt zwischen Armee und Rebellen im Norden Syriens zu. In der Provinz Aleppo sind nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten Zehntausende Menschen auf der Flucht. In den vergangenen 48 Stunden hätten mindestens 30.000 Menschen das Gebiet verlassen, teilte die Organisation Human Rights Watch (HRW) am Freitag mit.

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HRW forderte die Türkei auf, die Grenze für die Flüchtlinge zu öffnen. Sie warf den türkischen Grenzschützern vor, auf einige Menschen, die sich der Grenze näherten, geschossen zu haben. Das Militär und seine Verbündeten versuchen, die von Regimegegnern kontrollierten Teile der Großstadt Aleppo - vor allem den Osten - von der Außenwelt abzuschneiden.

Die Rebellen hätten das Regime jedoch bei Kämpfen um den Ort Handarat und die Al-Mallah-Farmen nördlich der Stadt zurückgedrängt, meldete die oppositionelle, in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Versorgungsroute im Visier

Der Aktivist Mahmud al-Schami aus Aleppo warf Russland vor, die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad bei der Offensive mit Luftangriffen zu unterstützen. Sollte die syrische Armee das umkämpfte Gebiet einnehmen, könnte sie die letzte Hauptversorgungsroute der Rebellen in Aleppo in Richtung Türkei unter Beschuss nehmen und eine Blockade über sie verhängen. Das gab die Beobachtungsstelle bekannt, deren Angaben von einem Netz aus Informanten stammen und nicht von unabhängiger Seite überprüft werden können.

Bereits am Donnerstag hatte es in der Provinz Aleppo heftige Kämpfe gegeben. Regierungstruppen, Rebellen und Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) lieferten sich Gefechte um die Kontrolle einzelner Gebiete. Die Stadt Aleppo ist seit Langem umkämpft. Nach Beginn des Waffenstillstands Ende Februar hatte sich die Lage zunächst beruhigt.

Feuerpause in Gefahr

Die anhaltenden Kämpfe stellten eine vor fast sieben Wochen begonnene Feuerpause in Syrien infrage, die von Rebellen und Regierungstruppen weitgehend eingehalten worden war. Der Kampf gegen Dschihadisten ist von der Waffenruhe ausgenommen. UNO-Sondervermittler zeigten sich am Mittwoch zum Auftakt der dritten Runde der Genfer Syrien-Gespräche besorgt über die brüchige Waffenruhe.

Friedensgespräche stocken

Bei den Friedensgesprächen selbst verharren Regierung und Rebellen in gegenseitiger Blockade. Zwar könne man sich eine Übergangsregierung mit Mitgliedern des Kabinetts von Präsident Assad vorstellen, sagte der Sprecher der Verhandlungsgruppe der Rebellen, Salim al-Muskat, am Donnerstag Reuters. Assad selbst könne ihr aber nicht angehören. Die Regierung in Damaskus schloss dagegen Veränderungen der Präsidentschaft aus. Hinweise auf eine Änderung dieser Haltung gab es nicht.

Wenn Russland, ein Verbündeter der syrischen Regierung, Druck auf Damaskus ausüben und der Vertreter der Regierung es ernst meinen würde, könnte eine Einigung in den kommenden Verhandlungsrunden erzielt werden, so Muskat. Die Gegenseite solle vorschlagen, wie mit Assad verfahren werden könne - dann werde man darüber reden. In dem vor mehr als fünf Jahren ausgebrochenen Bürgerkrieg wurden rund 250.000 Menschen getötet, Millionen Syrier mussten ihr Land verlassen.

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