Obama zieht Bilanz
US-Präsident Barack Obama hat in einem TV-Interview Selbstkritik geübt. Er bezeichnete am Sonntag das Fehlen einer Strategie nach dem Tod des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi für das Land als seinen schwersten Fehler während seiner Präsidentschaft.
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Obama gab damit auf Fox News die Antwort auf die Frage nach den größten Niederlagen in seiner Amtszeit. Er verteidigte jedoch das Eingreifen in Libyen, es sei richtig gewesen. Die USA hatten 2011 gemeinsam mit weiteren Ländern Luftschläge zum Schutz von Zivilisten in dem zwischen Aufständischen und den Truppen Gaddafis ausgebrochenen Kämpfen ausgeführt.

Reuters/Asmaa Waguih
Muammar al-Gaddafi zwischen dem mittlerweile gestürzten Präsidenten des Jemen, Ali Abdullah Saleh, und dem ehemaligen Machthaber Ägyptens, Hosni Mubarak
Machtvakuum ausgenutzt
Nach dem Tod Gaddafis folgte allerdings ein veritables Chaos. Milizen übernahmen das Land, zwei rivalisierende Parlamente und zwei rivalisiere Regierungen formten sich. Auch die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) nutzte das Machtvakuum in dem von Experten als „failed State“ bezeichneten Land.
Schlechtester Tag
In dem Interview mit Fox News gab Obama auch seine größte Leistung an: Er habe die Wirtschaft aus der großen Depression gerettet. Der beste Tag seiner Präsidentschaft sei die Durchsetzung der Gesundheitsreform gewesen. Als schlechtesten Tag bezeichnete er den Massenmord am 14. Dezember 2012 in der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown. Der Täter war dort eingedrungen und hatte 20 Erstklässler und sechs Erwachsene erschossen, ehe er sich selbst tötete. Dass er kein strengeres Waffengesetz durchbringen konnte, hatte Obama in einem Interview letztes Jahr als seine größte Frustration im Amt bezeichnet.
Erstes Interview mit Fox seit 2008
Das Interview war unter anderem beachtet worden, weil Obama dem strikt konservativen Sender Fox News seit 2008 keine Interviewzeit mehr eingeräumt hatte. Fox News ist den Demokraten, insbesondere aber Obama, gegenüber feindlich eingestellt.

Reuters/Esam Omran Al-Fetori
Der Bürgerkrieg in Libyen fordert seinen Tribut
In Sachen Libyen hatte Obama in einem Interview mit dem US-Magazin „The Atlantic“ bereits vorigen Monat die europäischen Partner schwer kritisiert. Er bezeichnete die Versäumnisse der europäischen Verbündeten als eine der Ursachen für die Krise in Libyen nach dem Sturz von Gaddafi.
Cameron war „zerstreut“
„Wenn ich zurückblicke und mich frage, was schiefgelaufen ist, dann gibt es Raum für Kritik, weil ich angesichts ihrer Nähe zu Libyen mehr Vertrauen in ein stärkeres Engagement der Europäer in der Folge hatte“, sagte Obama in dem Mitte März veröffentlichten Interview. Der Einsatz sei zwar so gelaufen, wie er gehofft hatte, aber in Libyen herrsche jetzt ein Chaos. Obama kritisierte dabei vor allem Frankreich und Großbritannien.
Der britische Premier David Cameron sei nach der Intervention „zerstreut“ und „abgelenkt von anderen Dingen“ gewesen, ging Obama mit seinem europäischen Partner hart ins Gericht. Der selten offen gegen einen nahen Verbündeten ausgesprochene Tadel traf offenbar. Downing Street sei stark verärgert gewesen.
Zahl der IS-Kämpfer in Libyen „verdoppelt“
Die Zahl der IS-Kämpfer in Libyen wuchs nach Einschätzung der USA im vergangenen Jahr deutlich an. Die Terrormiliz habe zwischen 4.000 und 6.000 Kämpfer in dem Bürgerkriegsland, sagte der Oberbefehlshaber des US-Afrika-Kommandos (Africom), David Rodriguez, am Donnerstag in Washington. Er sprach von einer Verdoppelung.
Das ölreiche Land gilt mittlerweile als Rückzugsort für IS-Kämpfer aus Syrien und dem Irak, die den dortigen Luftangriffen entgehen wollen. Die Terrormiliz kontrolliert unter anderem einen Küstenstreifen um Sirte. Schon seit Längerem gibt es Spekulation über eine internationale Militärintervention gegen den IS in Libyen. Die USA hatten im Februar ein Trainingslager der Miliz bombardiert. Rodriguez schloss Ende letzter Woche weitere Luftangriffe nicht aus.
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