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Auftritt mit Pröll und Mitterlehner

Der ÖVP-Bundesparteivorstand hat den Wechsel von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nach Niederösterreich am Sonntagabend offiziell gemacht. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentierten Parteichef Reinhold Mitterlehner und Landeshauptmann Erwin Pröll auch den neuen Innenminister Wolfgang Sobotka.

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Mitterlehner verteidigte den Zeitpunkt für den Wechsel im ÖVP-Regierungsteam mitten im Präsidentschaftswahlkampf. Man versuche „so gut es geht“ das eine vom anderen zu trennen: „Wir glauben, dass die rasche Entscheidung eher dazu beigetragen hat, als wenn ein Thema lange diskutiert wird.“

ÖVP-Bundesparteivorstand zur Personalrochade

APA/Herbert Pfarrhofer

Sobotka, Mitterlehner, Mikl-Leitner und Pröll bei der Vorstellung der Rochade

Mitterlehner bedauert

Laut Pröll wurde der Wechsel Anfang März zwischen Mitterlehner und ihm vereinbart. Von Mikl-Leitner wurde Mitterlehner nach eigenen Angaben „vor einigen Tagen“ über den Wunsch zur Rückkehr nach Niederösterreich informiert. Der ÖVP-Chef bedauerte, dass er die Ministerin nicht zum Verbleib in der Bundespolitik überreden habe können. Die Rochade wurde laut Pröll sowohl im niederösterreichischen Landes- als auch im Bundesvorstand einstimmig beschlossen.

ÖVP-Bundesparteivorstand zur Personalrochade

APA/Herbert Pfarrhofer

Pröll scherzt mit seiner neuen Stellvertreterin

„Selbstverständlich“ Möglichkeit des Vorschlags

Mitterlehner sagte, dass er sich für die Nachfolge Mikl-Leitners im Regierungsteam mit Niederösterreich abgestimmt habe. „Selbstverständlich“ habe er als Parteichef auch die Möglichkeit, jemand anderen für diese Funktion vorzuschlagen. Nachdem er Sobotka aber schon lange kenne, habe man diese Ausrichtung vorgenommen. Er versicherte, kein Problem mit dieser Nachfolge zu haben. Die Kontinuität sei dabei eine Grundvoraussetzung gewesen, so Mitterlehner weiters.

Personalrochade in der ÖVP fix

Am Sonntag wurde die Personalrochade in der ÖVP offiziell.

Die Personalrochade wurde nur zwei Wochen vor der Bundespräsidentschaftswahl vollzogen, wobei der ÖVP-Kandidat Andreas Khol mit schwachen Umfragewerten zu kämpfen hat. ÖVP-Chef Mitterlehner betonte diesbezüglich, dass man sich „keine Sorgen“ um die Mobilisierung der Partei machen müsse, und verwies etwa auf eine große Veranstaltung am Montagabend in Niederösterreich für Khol. Mitterlehner räumte ein, es gebe wohl nie den „idealen Termin“ für die Bekanntgabe einer solchen Rochade.

Pröll denkt an „nächste Wahlauseinandersetzung“

Auch Pröll sagte, dass es immer für manche der richtige, für andere ein falscher Zeitpunkt sei, es gehe jedoch darum, dass man mit einer derartigen Entscheidung verantwortungsbewusst umgehe. Bei der Personalrochade habe es sich jedenfalls um „keinen Coup“, sondern eine „lang gereifte Überlegung“ gehandelt. Ein Ministerwechsel irritiere nicht den Wahlkampf, das sei eine andere Sache.

ORF-Redakteur Geier beim ÖVP-Bundesvorstand

Wie der Wechsel in der ÖVP begründet wird, versucht ORF-Redakteur Wolfgang Geier beim Parteivorstand zu erfahren.

Der Wechsel habe eine fünfjährige Vorgeschichte, denn als Mikl-Leitner in die Bundespolitik gegangen sei, habe man ihr die Rückkehr nach Niederösterreich zugesagt - und zwar ursprünglich bereits binnen drei Jahren.

Verweis auf Doskozil

Am Höhepunkt der Flüchtlingskrise sei der Wechsel „nicht möglich“ gewesen, so Pröll: „Mittlerweile hat sich die Situation verändert, die Innenministerin hat einen exzellenten Job, insbesondere im letzten Jahr, hingelegt.“ Außerdem sei zur Halbzeit der Legislaturperiode auf Bundesebene der Zeitpunkt gekommen, Entscheidungen zu treffen, „von denen wir uns sicher sein können, dass wir guten Gewissens in die nächste Wahlauseinandersetzung hineingehen können“.

Zweifel an der Qualifikation Sobotkas wollte Pröll mit Hinweis auf SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil zu zerstreuen. Wenn man einem ehemaligen Landespolizeidirektor exzellente Arbeit in einem Ministerium zutraue, dann müsse das auch für Sobotka mit seinen 18 Jahren landespolitischer Erfahrung gelten.

Mikl-Leitner: Schönste Aufgabe vor mir

Mikl-Leitner zeigte sich erleichtert über ihre Rückkehr in die Landespolitik: „In einigen Tagen habe ich wohl den schwierigsten Job dieser Republik hinter mir und die schönste Aufgabe in Österreich vor mir.“ Es sei harte Arbeit gewesen, die „Sicherheitslinie“ des Innenministeriums zur Politik der gesamten Regierung zu machen. Sobotka habe die nötige Kompetenz und Erfahrung, den Weg fortzusetzen.

Sobotka selbst betonte, im Innenministerium „keine Experimente“ riskieren zu wollen. Mikl-Leitner habe „entscheidende Weichenstellungen“ vollzogen: „Dieser Kurs wird weiterentwickelt werden, daran ist nicht zu rütteln.“ Sowohl Mikl-Leitner als auch Sobotka kommen aus der Arbeitnehmerorganisation der Volkspartei.

Bereits lange Prölls Wunschkandidatin

Der Wechsel in der ÖVP-Regierungsmannschaft dürfte in den nächsten 14 Tagen über die Bühne gehen, man werde sich mit Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) abstimmen, so Mitterlehner. Die nächste Möglichkeit zur Wahl der Landeshauptmann-Stellvertreterin gebe es in der Landtagssitzung am 21. April. Wann Pröll sein Amt zurücklegt, war auch nach der Pressekonferenz am Sonntag unklar. Möglicherweise wird er mit seinem 70. Geburtstag im Dezember heurigen Jahres seine Funktionen an Mikl-Leitner übergeben.

Die bisherige Innenministerin gilt schon seit Langem als Prölls Wunschkandidatin. Als noch davon ausgegangen wurde, dass der Landeshauptmann zur Hofburg-Wahl antritt, wurde Mikl-Leitner bereits fix als seine Nachfolgerin gehandelt. Die 52-Jährige gehörte bereits von 2003 bis 2011 der niederösterreichischen Landesregierung an. Davor war sie unter Pröll als Landesgeschäftsführerin in der niederösterreichischen ÖVP tätig.

Staatssekretär Harald Mahrer wird neben ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka neuer Regierungskoordinator und übernimmt diese Funktion von Mikl-Leitner, gab Mitterlehner auf Nachfrage bekannt.

„Gegenstück“ zu Doskozil

Weitere Personalrochaden seien nicht ausgeschlossen, schrieb etwa die „Tiroler Tageszeitung“. Hintergrund sei die Bundespräsidentschaftswahl, so die Zeitung. ÖVP-Kandidat Khol liege in den Umfragen abgeschlagen zurück und werde es wohl kaum in die Stichwahl schaffen. Mit Sobotka soll offenbar frischer Wind in das Innenressort gebracht und weitere Maßnahmen in der Flüchtlingskrise durchgesetzt werden. Das SPÖ-Gegenüber des neuen Innenministers, Verteidigungsminister Doskozil, ist erst seit Ende Jänner und damit ebenfalls noch nicht lange im Amt.

Doskozil freut sich auf Zusammenarbeit

Die SPÖ nahm den Wechsel im ÖVP-Regierungsteam am Sonntag zur Kenntnis. „Das ist die Entscheidung des Koalitionspartners, die ich selbstverständlich respektiere“, so Bundeskanzler Werner Faymann. Faymann dankte Mikl-Leitner für ihre Arbeit in der Bundesregierung. Sie habe das Innenressort in einer außergewöhnlich schwierigen Zeit geführt, so Faymann. „Ich wünsche ihr persönlich und beruflich alles Gute.“ Der Bundeskanzler hofft auf gute Zusammenarbeit mit dem neuen Innenminister Sobotka.

Doskozil versicherte in einem der APA übermitteltem Statement, „dass ich auch mit meinem neuen Regierungskollegen gut zusammenarbeiten möchte“. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit“, so Doskozil. Außerdem lobte Doskozil zum Abschied die „Handschlagqualität“ Mikl-Leitners, mit der er in der Migrationsfrage „sehr gut kooperiert“ habe: „Persönlich finde ich es schade, dass sie aus der Regierung ausscheidet.“

FPÖ und Grüne skeptisch

„Die Ablöse der völlig überforderten Innenministerin war überfällig“, so der Sicherheitssprecher der FPÖ, Gernot Darmann, am Samstag. „Wer sich so für die Willkommensklatscher eingesetzt hat, darf sich nicht wundern, dass sich jetzt die Verabschiedungsklatscher freuen“, sagte Darmann. Er hoffe auf eine Änderung in der Flüchtlingspolitik des Innenministeriums, zeigte sich allerdings gegenüber Sobotka skeptisch.

Die Grünen schossen sich am Samstag auf Sobotka ein. „Sobotkas unsauberer Umgang in der niederösterreichischen Hypo-Causa ist sicher kein gutes Vorzeichen dafür, dass er nun die Leitung eines der sensibelsten Ressorts übernimmt“, hieß es in einer Stellungnahme von Bundessprecherin Eva Glawischnig.

Kritik von NEOS und TS

„Verwundert und ablehnend“ reagierte NEOS in einer Aussendung am Samstag. Das Ressortkarussell offenbare, nach welchen Grundsätzen in der ÖVP Personalentscheidungen getroffen würden, so NEOS-Geschäftsführer Feri Thierry. „Es dominieren Parteikalkül und ein offensichtlich nach Bundesländern aufgeteiltes Erbpachtprinzip“, so Thierry. Er sieht das als „erneut unter Beweis gestellte Nominierungshoheit der NÖ-ÖVP im Innenressort“. Ähnlich sah man das beim Team Stronach (TS). „Gerade in der für das Land schwierigen Sicherheitslage einfach den Innenminister auszutauschen, weil der ÖVP das Personal ausgeht, ist ein Wahnsinn“, so Klubchef Robert Lugar.

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