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Positives Echo aus Österreich

Der Vorstoß der EU-Kommission für ein gemeinsames Asylrecht in der gesamten Union soll nur eine „Diskussionsgrundlage“ sein, hieß es bei der Präsentation der Pläne am Mittwoch. Mehr wäre realpolitisch auch gar nicht drin: Die Ideen gehen weit über das hinaus, was die EU jetzt schon bei dem Thema entzweit - vor allem in der Frage der Aufteilung von Flüchtlingen innerhalb der gesamten Union.

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Die EU-Kommission will erst später Gesetzesvorschläge machen und dabei auch Reaktionen aufgreifen. Der Vizepräsident der Behörde, Frans Timmermans, hofft, man könne dann „Vorschläge machen, die tatsächlich eine Chance haben, angenommen zu werden“. Die Vorschläge der Kommission reichen bis zu einer Abtretung der Asylkompetenz der Mitgliedsstaaten an EU-Behörden, die dann Europa als einheitlichen Raum betrachten und für eine solidarische Verteilung der Lasten sorgen könnten.

Skepsis zu eigener „weitreichender Lösung“

Dass die „weitreichende Lösung“ einer Verlagerung der Asylkompetenz auf übernationale Ebene „kurz- und mittelfristig schwer vorstellbar“ ist, weiß die EU-Kommission selbst. Denn dafür müsste das europäische Asylsystem komplett umgebaut werden. Insbesondere osteuropäische Länder pochen bei dem Thema auf ihre einzelstaatliche Souveränität. Allein die vereinbarte Umverteilung von bis zu 160.000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland in andere EU-Staaten kommt kaum voran.

Möglicherweise legte die Kommission die Europäisierung der Asylverfahren bewusst als Maximalforderung auf den Tisch, um bei einem Kompromiss das zu erreichen, worum es ihr eigentlich geht: der Verteilung von Schutzsuchenden auf alle Länder der Union gemäß ihrer Größe und Leistungsfähigkeit. Deutschland, Schweden und Österreich, die derzeit überproportional vielen Flüchtlingen Schutz bieten, stehen den Plänen naheliegenderweise positiv gegenüber.

Kanzleramt will „Nägel mit Köpfen machen“

Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) erklärte für die Regierung, die Pläne der Kommission gingen „in die richtige Richtung“. Jetzt gelte es, „Nägel mit Köpfen zu machen und so schnell wie möglich neue Regelungen umzusetzen“. Der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer, zugleich Vizepräsident der Europäischen Sozialdemokraten, meinte, viele EU-Staaten seien „bis heute nicht bereit, sich ernsthaft des Problems anzunehmen - das muss sich jetzt ändern“.

Ebenso positiv äußerte sich die ÖVP-EU-Fraktion. „Nur mit mehr EU in diesem Bereich können wir die Herausforderungen bewältigen und die Schwächen beseitigen“, sagte der Abgeordnete Othmar Karas. Die Blockade einzelner Mitgliedsländer solle ein Ende haben. Auch seitens der österreichischen Bischofskonferenz wurden die Pläne der EU-Kommission als „logischer und wichtiger Schritt in Richtung einer echten Werte- und Solidargemeinschaft“ gelobt.

Grüne und NEOS sehen Regierung gefordert

Die Grünen begrüßten ebenso den Reformwillen der Kommission angesichts der „absurden Situation von 28 unterschiedlichen Asylsystemen in ein und demselben Rechtsraum“. Die österreichische Regierung werde dadurch gezwungen, Farbe zu bekennen. Auch NEOS sah die Regierung „nun gefordert, sich auf EU-Ebene als Vorreiter für diese Vorschläge starkzumachen“. Obwohl diese zwar noch ein wenig „vage“ seien, sei der „Weg in die richtige Richtung“ eingeschlagen.

Das „Geheimnis der Kommission“

Die EU-Kommission begab sich mit ihren Vorschlägen allerdings nicht auf das Feld der politischen Träumerei. Zum einen stoßen die Vorschläge im EU-Parlament auf einige Zustimmung. Auch Gabriele Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion im Europaparlament, sprach sich für die stärkere Umverteilung aus, meinte aber, wie die Kommission „die Regierungen aller Mitgliedstaaten davon überzeugen will, bleibt allerdings ihr Geheimnis.“

Ein Schlüsselfaktor bei dem „Geheimnis“ könnte jener Punkt in den Plänen sein, der bei der gewollten Aufteilung der Flüchtlinge innerhalb der gesamten EU auch auf das Wohlstandsgefälle innerhalb der Union abstellt. In der bisherigen Diskussion argumentierten die osteuropäischen Länder vor allem, dass eine Verteilung bloß nach Bevölkerungszahlen wegen unterschiedlicher wirtschaftlicher Gegebenheiten unfair sei.

Gemeinsame Finanzierung als Lockmittel

Zusätzlich wird in den EU-Plänen betont, dass das Asylwesen künftig gemeinsam finanziert werden soll. Sollte beim Thema Migration ein ähnliches Ausgleichsmodell wie etwa derzeit bei Agrarförderungen gelingen, wären wohl viele Bedenken, Ängste und Unwillen bei der Integration von Flüchtlingen und Migranten bei einigen EU-Mitgliedsländern obsolet. Umgekehrt will die Kommission künftig die Mitgliedsländer für irreguläre Bewegungen von Nicht-Europäern innerhalb der EU in die Pflicht nehmen.

Außerdem könnten gerade die sich abzeichnenden Probleme beim EU-Türkei-Flüchtlingspakt zum Motor für eine gemeinsame Asyllinie werden. Dass seit dessen Inkrafttreten unzählige Asylanträge vor allem in Griechenland gestellt werden, macht etwa die geplanten Abschiebungen ohne Prüfung der jeweiligen Einzelfälle unmöglich - wodurch die EU zumindest gezwungen ist, ihre eigenen jetzt gültigen Asylregeln in diesen Fällen zu befolgen.

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