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Geschäfte mit ungarischem Beamten

In den Panama-Papers tauchen rund 50 Offshore-Firmen mit österreichischen Adressen und weitere 80 Personen und Unternehmen mit Adressen in Österreich auf. Einer von ihnen ist der Investmentbanker Heinrich Pecina, Gründer des Wiener Investmenthauses Vienna Capital Partners (VCP).

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Das ist jenes Unternehmen, bei dem der frühere ÖVP-Innenminister Ernst Strasser und dessen Kabinettschef Christoph Ulmer nach ihrem Ausstieg aus der Politik andockten. Pecina war als Berater sehr gefragt, begleitete Privatisierungen, schloss Geschäfte mit Oligarchen und war vor allem in Osteuropa sehr aktiv. Besonders gute Beziehungen werden ihm zu Ungarn nachgesagt. Eine dieser guten Bekanntschaften war der hochrangige Staatsbeamte Janos Erös, der bis 2010 Generaldirektor der staatlichen ungarischen Entwicklungsbank MFB war.

Die beiden kennen einander nicht nur persönlich. Ihre Wege kreuzten sich auch in Panama-Stadt, wie die Panama-Papers zeigen. Diese Dokumente wurden der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt und vom Internationalen Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ) und seinen Medienpartnern, in Österreich der ORF und der „Falter“, bearbeitet. Die Auswertung der Daten zeigt, dass Pecina und Erös über Panama geheime Deals abwickelten.

OMV vs. MOL: Pecina witterte Chance

Nach Aufarbeitung der Daten stellt sich die Frage, ob die beiden Insiderwissen ausgetauscht haben und ob Pecina Erös verbotenerweise Millionen für wertvolle Informationen bezahlte. Erös wollte dazu keine Stellungnahme abgeben. Pecina ließ gegenüber dem „Falter“ ausrichten: „Die gestellte Frage ist absurd und entbehrt jeglicher Grundlage.“ Konkret geht es um Pecinas Beteiligung an dem letztlich geplatzten Übernahmekrimi zwischen dem teilstaatlichen heimischen Ölkonzern OMV und der ungarischen MOL im Sommer 2007. Die OMV wollte zur Gänze MOL übernehmen, die Ungarn wehrten sich mit Händen und Füßen gegen die geplante Übernahme.

Pecina witterte offenbar eine Chance, Geld zu verdienen, beteiligte sich an den Geschäften und landete einen Coup. Im Juni 2007 kaufte der Investmentbanker von dem russisch-ungarischen Oligarchen Medget Rahumkulow 5,6 Millionen MOL-Aktien. Pecinas VCP hielt damit am 25. Juni 2007 über sechs Prozent der MOL-Anteile im Wert von damals rund 785 Millionen Euro.

Noch am selben Tag verkaufte er dieses Aktienpaket an die OMV weiter. Die OMV unter dem damaligen Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer ließ sich das einiges kosten - sogar mehr als den Börsenkurs, wie Stimmen aus der OMV gegenüber dem „Falter“ bestätigten. Mit Ende Juni 2007 hatte die OMV ihre MOL-Anteile überraschend von zehn auf 18,6 Prozent aufgestockt.

War Abwehraktion der MOL bekannt?

Pecina hatte es eilig, die MOL-Anteile an die OMV loszuwerden. Hier drängt sich die Frage auf, ob er bereits etwas wusste, was der OMV noch unbekannt war. Denn nur eine Woche nach dem Pecina-Deal wehrte sich die MOL gegen die Übernahme durch die OMV und kaufte eigene Aktien in großem Stil auf. Finanziell unterstützt wurde sie dabei von mehreren staatlichen Unternehmen, die auch auf politischen Druck hin tätig wurden. Die MFB Bank des Pecina-Bekannten Erös erwarb ebenfalls mehr als zehn Mio. Anteilsscheine der MOL. Diese Aktion vereitelte die Pläne der OMV. Als MFB-Bank-Generaldirektor dürfte Erös von den Abwehrplänen der MOL gewusst haben.

Grafik zeigt die Konstruktion von Briefkastenfirmen

Grafik: ORF.at

Unklar bleibt, ob Erös Pecina darüber schon im Vorfeld informierte. Keiner der beiden wollte dazu etwas sagen. Über die Panama-Papers lässt sich aber nachweisen, dass Pecina und Erös in dem entscheidenden Zeitraum geschäftliche Beziehungen und wechselseitige Finanztransaktionen laufen hatten - mit teils fraglichem Nutzen. So kaufte etwa Pecina die Gesellschaft Wintercastle im Juni 2007 und verkaufte diese über seine Collegia Privatstiftung nur wenige Monate später um rund 50.000 Euro weiter an die in Panama registrierte Briefkastenfirma Garuda Group. Deren wirtschaftlich Berechtigter ist wiederum Erös.

Verfahren wegen Geldwäscheverdachts eingestellt

Die Garuda Group verfügte überhaupt über sehr viel Geld, wie aus einem Firmenkonto bei der Schweizer Bank UBS ersichtlich ist. Woher der ungarische Staatsbeamte über ein Millionenvermögen verfügte, bleibt offen. Doch aus den Dokumenten abzulesen ist, dass im Juli 2009 5,4 Mio. Euro vom UBS-Konto der Garuda an eine VCP-Tochtergesellschaft überwiesen wurden. Diese Zahlung wurde als Darlehen rubriziert.

Bei einer VCP-Betriebsprüfung stellten sich selbst die Finanzprüfer die Frage, warum die Tochter einer Investmentbank einen Kredit einer Offshore-Gesellschaft brauche: Es könne „(...) objektiv kein finanzieller Grund gefunden werden, weshalb es beim geprüften Unternehmen zu einer Kreditaufnahme gekommen ist“. Schon nach vier Monaten zahlte die VCP-Tochter den 5,4-Mio.-Euro-Kredit zurück. Auf Ersuchen der Garuda Group floss das Geld aber nicht wieder nach Panama, sondern auf das Wiener Konto eines Treuhänders. Im April vergangenen Jahres wurde ein Verfahren wegen Geldwäscheverdachts nach einem Jahr ohne Resultat eingestellt.

Pecina will nichts kommentieren

Der APA lag nach Veröffentlichung dieser Panama-Papers-Tangente eine Stellungnahme von Pecina vor: „Es ist nicht möglich, Medienberichte, die unter Umgehung sämtlicher ethisch-journalistischer Regeln mittels Verwendung des Konjunktivs fabriziert wurden, mithin also nichts als vollkommen unbegründeten Verdachtsjournalismus darstellen, zu kommentieren.“

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