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Haus wird zum Depot

Das Essl Museum in Klosterneuburg stellt mit 1. Juli 2016 den Ausstellungsbetrieb ein. Die Finanzierung sei trotz aller Bemühungen nicht mehr möglich, sagte Karlheinz Essl am Dienstag anlässlich der Presseführung zur Schau „Body & Soul“, die am Abend eröffnet wird.

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„Die Familie Essl hat den Bau des Essl Museums und alle laufenden Kosten für Betrieb und Ausstellungen 17 Jahre lang aus eigenen Mitteln finanziert. Dies ist nun leider nicht mehr möglich“, begründete Essl die mit Juli angekündigte Schließung des Hauses, nachdem eine Finanzierungszusage des Bundes ausgeblieben war.

Das Museum war aufgrund der finanziellen Probleme der bauMax-Kette von Museumsgründer Essl in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Die Baumarktkette war vergangenen Sommer an den deutschen Heimwerkerkonzern Obi und den Grazer Immobilienentwickler Supernova verkauft worden.

38 Mitarbeiter müssen gehen

Die Sammlung Essl bleibe von der Schließung des Ausstellungsbetriebs unberührt, sagte Essl. Das Museum werde weiterhin als Depot für die Werke genutzt, Archiv, Restaurierung und Technik blieben - mit vier Mitarbeitern - ebenso erhalten wie der internationale Leihverkehr.

Karlheinz Essl

APA/Herbert Pfarrhofer

Karlheinz Essl

Die übrigen der insgesamt 42 Mitarbeiter verlieren allerdings ihren Job, bedauerte der Sammler, der seinem hervorragenden Team dankte. Um einen besseren Übergang dafür zu schaffen, neue berufliche Herausforderungen zu finden, sei die Schließung des von Architekt Heinz Tesar geplanten Hauses um ein Quartal hinausgezögert worden.

Essl: „Missachtung der österreichischen Kunst“

Das Land Niederösterreich wäre bereit gewesen, einen „wesentlichen Beitrag“ für den Betrieb zu leisten, wenn der Bund im selben Ausmaß eingestiegen wäre. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) habe aber abgelehnt, so Essl (angedacht war eine Finanzierung zu je einem Drittel). Von persönlicher Enttäuschung über das Scheitern der Finanzierungspläne wollte er nicht sprechen, sondern er sah im Aus für den Ausstellungsbetrieb eine „Missachtung der österreichischen Kunst“.

„Es geht nicht um unsere Befindlichkeiten, wir sind nur die Sammler“, so Essl. Aber es gehe eine Kernstätte österreichischer Kunst bzw. auch der aktuellen Kunstszene verloren, die fehlen werde. Wenn der Staat meine, das Museum sei nicht notwendig für die Gesellschaft, dann habe der Staat das zu verantworten.

Die letzten Ausstellungen

Nach der Eröffnung von „Body & Soul“ Dienstagabend wird am 4. Mai mit „Die Sammlung eSeL“, einem partizipativen Ausstellungsprojekt von Lorenz Seidler, eine allerletzte Ausstellung eröffnet, Konzerte und Lesungen stehen ebenfalls noch auf dem Programm. Von 25. bis 30. Juni sollen dann „Open Days“ bei freiem Eintritt die letzte Möglichkeit geben, das Museum zu besuchen.

Maria Lassnig: Kopf, 1963

Sammlung Essl, Foto: Mischa Nawrata, Wien

Zu den zahlreichen in der Sammlung Essl enthaltenen Werken zählt etwa das Gemälde „Kopf“ von Maria Lassnig aus dem Jahr 1963

In 50-jähriger Sammeltätigkeit sei es ihm und seiner Frau Agnes immer Anliegen gewesen, österreichische Kunst sichtbar und für die Menschen zugänglich zu machen sowie jungen Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten, betonte Essl. „Wir haben die Kunstwerke nie als unseren Besitz betrachtet. Die Kunst gehört allen Menschen.“

Die Sammlung decke einen großen Teil der österreichischen Kunstgeschichte nach 1945 und ihrer internationalen Vernetzungen ab. Das Aus für das Haus tue ihm sehr leid, sagte der Sammler, dem man seine emotionale Bewegung anmerkte. Seine Frau und er würden weiterhin aktiv am Kunstgeschehen teilnehmen: „Unser Herz schlägt für die Kunst.“

Breites Programm

Im Rückblick auf die Entwicklung des 1999 eröffneten Ausstellungshauses - „es war eine aufregende Zeit“ - verwies Essl auf viele maßgebliche Schauen wie die weltweit erste Ausstellung der neuen Leipziger Schule und „Blut & Honig - Zukunft ist am Balkan“. Die Kunstvermittlung sei eine Säule der Aktivitäten des „offenen Hauses“ gewesen, seit 1999 wurden Konzerte Neuer Musik aufgeführt, ab 2011 kam eine Schiene für aktuelle Literatur dazu.

Friedensreich Hundertwasser, Heimweh der Fenster - Heimweh ins Meer (611), 1964

Friedensreich Hundertwasser; Foto: Photoatelier Laut, Wien, ©NAMIDA AG, Glarus/Schweiz

Ebenfalls Teil der Sammlung Essl: Friedensreich Hundertwasser, „Heimweh der Fenster - Heimweh ins Meer“ (1964)

Essl hob weiters die Bedeutung des Essl Art Award CEE für die junge Kunstszene sowie die Zusammenarbeit mit großen und kleinen Museen weltweit hervor. Auf seinen Reisen habe er die internationale Wertschätzung des Klosterneuburger Museums, das auch von der Wissenschaft als Kompetenzzentrum anerkannt worden sei, erfahren.

Werke wurden versteigert

Bereits im Jahr 2014, noch lange vor dem Verkauf von bauMax, hatte sich der Unternehmer Hans Peter Haselsteiner über eine Stiftung mit 60 Prozent an der Kunstsammlung Essls beteiligt und einen „sparsameren Museumsbetrieb“ angekündigt. Haselsteiner und Essl erwarben damals mit einem Kredit von mehr als 100 Millionen Euro die Sammlung von den Banken, damit diese von bauMax unabhängig werde und im Großteil erhalten werden könne. Um diesen Kredit zurückzuzahlen, wurden 44 wertvolle Gemälde im Oktober 2014 um 60 Millionen Euro in London versteigert. Für die weiteren Kreditraten sollten Stück um Stück weitere Kunstwerke verkauft werden, so der Plan.

Gerüchte über Umzug nach Wien

Seit dem Einstieg Haselsteiners gingen Gerüchte um, dass zumindest Teile der Sammlung Essl nach Wien übersiedeln könnten, konkret ins Künstlerhaus am Karlsplatz. Das Haus wird ab Sommer 2016 saniert, zu seinem 150-Jahr-Jubiläum im September 2018 soll es wieder eröffnet werden.

Arnulf Rainer, Vertikalgestaltung, 1951

Sammlung Essl, Foto: Mischa Nawrata, Wien

Auch Arnulf Rainers 1951 geschaffenes Werk „Vertikalgestaltung“ wurde von Essl erworben

Haselsteiners Privatstiftung hält seit Dezember 2015 74 Prozent am Künstlerhaus. Der Unternehmer will 30 Millionen Euro für die Renovierung aufwenden und jährlich 700.000 Euro für die Erhaltung und den Betrieb aufbringen. Die Albertina soll sich auf etwa der Hälfte der zukünftigen Ausstellungsflächen des Künstlerhauses der österreichischen Kunst seit 1945 widmen - wofür sie unter anderem auch Werke der Sammlung Essl verwenden wird, die Haselsteiner zur Verfügung stellt. Die andere Hälfte der Ausstellungsflächen wird die bisherige Alleineigentümerin, die Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs, nutzen, um der lebendigen Kunst der Gegenwart ein Forum zu geben.

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