Auch Drohnen brauchen Kennzeichen
Spätestens seit der Schrecksekunde von Madonna di Campiglio, als Skirennfahrer Marcel Hirscher beinahe von einer herabfallenden TV-Drohne getroffen worden war, ist das Thema in den Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher präsent. Ist man auf dem Boden noch vor herabstürzenden Teilen vom Himmel sicher?
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In Europa und den USA mehren sich Meldungen zu Vorfällen mit Drohnen. Erst kürzlich kam es in Los Angeles beinahe zu einer Kollision zwischen einem der Fluggeräte und einer Maschine der Lufthansa. Bereits Anfang März ereignete sich ein ähnlicher Vorfall nahe Paris. Und einem deutschen Autofahrer flog auf der Autobahn ein Quadrocopter direkt in die Windschutzscheibe - der „Pilot“ des Flugobjekts flüchtig.
Fälle von „Drohnenflucht“ häufen sich
Fälle von „Drohnenflucht“ häufen sich, was auch daran liegen mag, dass Drohnen oft widerrechtlich in Betrieb genommen werden. Seit Anfang 2014 gingen bei der Austro Control laut Angaben rund 1.100 Anträge zur Zulassung neuer Drohnenpiloten ein. Etwa zwei Drittel davon seien positiv entschieden worden.
Angesichts 20.000 verkaufter Geräte dürfte die Dunkelziffer aber hoch sein. „Weil die Gesetze relativ neu sind, ist die Zahl der Genehmigungen noch gering. Viele Menschen glauben, ich kauf mir so ein Gerät, steck’ den Akku rein - und es fliegt von selber“, sagt Wolfgang Semler von der Modellsportsektion des Österreichischen Aeroclubs über den bedenkenlosen Umgang mit Privatdrohnen.
Undurchsichtige Drohnenbestimmungen
Drohnen erleben derzeit einen großen Boom. Solange Drohnen nicht höher als 30 Meter fliegen, gelten sie auch noch als Spielzeug, und man bewegt sich im gesetzlichen Rahmen.
In seinem Verein werden für Mitglieder Kurse angeboten, die Einsteigern beim Erlernen des Hobbys helfen. Dennoch sei es grundsätzlich ein sicherer Sport: „Wir hatten seit 70 Jahren keinen nennenswerten Fall, wo Personen zu Schaden gekommen wären. Das mag auch an den strengen Auflagen liegen.“
Ein Kennzeichen für jede Drohne
Wer einen Quadro- oder Multicopter besitzt, sollte sich genau über die gesetzlichen Rahmenbedingungen informieren. Es drohen Strafen bis zu 22.000 Euro, wenn damit eigenmächtig und ohne amtliche Bewilligung hantiert wird. In Österreich gehen Multicopter bis 250 Gramm als Spielzeug durch und werden nicht kontrolliert. Alles was schwerer ist, muss aber bei der Austro Control genehmigt werden.

ORF/Leo Potesil
Beim Drohnenkauf sind einige hundert Euro für die Genehmigung einzukalkulieren - je nachdem, in welcher Klasse man unterwegs ist
In den Genehmigungsklassen A bis D wird definiert, welchen Einsatzzweck die Drohne verfolgt und welche technischen Voraussetzungen das Gerät erfüllen muss. Eine Genehmigung kann mehrere hundert Euro kosten - dafür erhält der Pilot eine Registrierungsnummer, die er wie ein Kennzeichen auf dem Fluggerät anbringt.
Videobrille ersetzt direkten Sichtkontakt nicht
Einen Sonderfall stellt der immer beliebtere FPV-Flug (First Person View) dar. Dabei sieht der Pilot auf einer Videobrille die Perspektive seines Fluggeräts. Gesetzlich ist das aber nicht zulässig, weil eine Livevideoübertragung nicht den vorgeschriebenen direkten Sichtkontakt ersetzt. Ebenso wenig besteht hierzulande die Möglichkeit, GPS-gesteuerte Multicopter zuvor eingespeicherte Routen abfliegen zu lassen — denn nach 500 Metern Umkreis ist da auch mit Genehmigung Schluss.
Europäisches Flugrecht „hinkt noch hinterher“
Die nächsten Spielregeln für den Flugverkehr dürften auf internationaler Ebene aufgestellt werden. Damit etwa US-Versandriese Amazon seinen Plan von der Paketzustellung per Multicopter in die Tat umsetzen kann, bedarf es neu definierter Lufträume für autonom fliegende Geräte - und dafür wird massiv lobbyiert.
Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) will demnächst ein neues Gesetz vorlegen, das den Umgang mit Drohnen EU-weit regeln soll. Nationale Flugsicherungen wie die Austro Control arbeiten daran mit: „Wesentliche Teile der österreichischen Regeln werden mitverwendet werden. Und wir hoffen, dass noch in diesem Jahr eine gesamteuropäische Lösung auf dem Tisch liegt“, sagte Heinz Sommerbauer, CEO der Austro Control.
Kommt Gesetzeslage den Möglichkeiten nach?
Und so schmieden die Flugjuristen Europas im Eiltempo Paragrafen, die dem immer vielfältigeren Modellflug-Hype gerecht werden sollen. Sie hinken den technischen Möglichkeiten stets hinterher: „Es geht nicht nur um luftfahrtrechtliche Fragen, sondern um gesellschaftspolitische. Wollen wir wirklich, dass hinter jeder Ecke eine Drohne wartet?“, so Sommerbauer. Allen Zweifeln zum Trotz geht er davon aus, dass sich in zehn bis 15 Jahren Flugzeuge, Hobbymodellflieger und satellitengesteuerte Drohnen den Luftraum harmonisch teilen werden. Das neue Gesetz sei erst der Anfang dieser Entwicklung.
Kenny Lang, „heute konkret“
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