„Anlassbezogene Vorortprüfung“
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat auf die von ORF und „Falter“ aufgedeckten Verbindungen der Raiffeisen Bank International (RBI) und von Hypo Vorarlberg zu verdeckten Finanzdeals reagiert. Infolge der Berichterstattung zu den Panama-Papers wird die FMA die beiden Banken genauer unter die Lupe nehmen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) will dagegen nicht aktiv werden.
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„Wir werden bei jeder dieser Banken eine anlassbezogene Vorortprüfung durchführen, um zu überprüfen, ob in diesen genannten Fällen die Organisationspflicht zur Prävention von Geldwäsche eingehalten wurde“, sagte FMA-Sprecher Klaus Grubelnik am Montag.
Nur für Prävention zuständig
Dabei sei die FMA nur für die Überwachung der Vorbeugungsmaßnahmen zuständig, also zu überprüfen, ob die Banken die geforderten organisatorische Maßnahmen zur Prävention von Geldwäsche auch eingehalten haben. Ein Verdacht auf Geldwäsche selber sei von der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt (BK) bzw. den ordentlichen Gerichten zu verfolgen.
Eine mögliche Folge der Vorortprüfungen sei, dass die FMA per Bescheid sicherstelle, dass entdeckte Fehler sofort behoben werden und dass die Organisation so aufgestellt wird, dass es zu keinen weiteren Problemen komme. Sollte ein konkreter Verdacht auf Geldwäsche aufgedeckt werden, würde die FMA eine „Verdachtsmeldung“ weiterleiten.
Ein Fall 2012 an BK weitergeleitet
Die RBI und die landeseigene Hypo Vorarlberg tauchen in einem geleakten Datensatz der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) auf, den die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) zur Verfügung stellte und der nun in Österreich von Journalisten des ORF und des „Falter“ aufgearbeitet wurde. Beide Banken betonen, die gesetzlichen Verpflichtungen zur Geldwäscheprävention einzuhalten.
Grubelnik zufolge sei bei einem der genannten Fälle bereits im Jahr 2012 bei einer Vorortprüfung ein Verdacht auf Geldwäsche festgestellt und eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle im BK weitergeleitet worden. Details dazu könne er nicht nennen, wie der FMA-Sprecher weiter sagte.
Ermittlungen 2013 eingestellt
Ein Sprecher des Landesgerichts Feldkirch bestätigte gegenüber der APA, dass Ermittlungen wegen Verdachts der Geldwäsche gegen den russischen Milliardär Gennadi Timtschenko mangels Beweisen eingestellt wurden. Die Einstellung sei bereits im Frühjahr 2013 erfolgt.
FMA-Vorstand Ettl zu Geldwäscheverdacht der Hypo
Finanzmarktaufsicht-Vorstand Helmut Ettl sagte in der ZIB2, dass seine Behörde die Hypo Vorarlberg schon einmal wegen des Verdachts auf Geldwäsche angezeigt habe.
Der russische Milliardär und enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit finnischem Pass und Wohnsitz in der Schweiz machte laut den jüngsten Enthüllungen aus den Panama-Papers einen Deal mit der Southport Management Service auf den britischen Jungferninseln. Die Konten sollen laut der Berichterstattung über die Vorarlberger Landeshypo gelaufen sein. Timtschenko wurde im Frühjahr 2014 auf die Sanktionsliste der USA in Folge des Ukraine-Krim-Kriegs gesetzt. Er ist laut „Forbes“ (2015) der neuntreichste Russe mit 10,7 Mrd. Dollar Vermögen (9,36 Mrd. Euro).
WKStA: „Derzeit liegt keine Anzeige vor“
Die WKStA sieht derzeit noch keinen Anlass, in der Causa Panama-Papers selber aktiv zu werden. „Uns liegt derzeit keine Anzeige vor. Laut der Medienberichterstattung ist der Vorwurf in Österreich viel zu unkonkret, um hier Ermittlungen einleiten zu können“, sagte WKStA-Sprecherin Alexandra Baumann.
Die Staatsanwaltschaft werde die Medienberichterstattung weiter verfolgen. „Es kann sich ja heute noch einiges tun“, so Baumann. Eventuell Betroffene, die reinen Tisch machen wollen, könnten jederzeit Selbstanzeige erstatten, sowohl bei jeder Polizeistelle als auch bei der WKStA selber.
„Ein Offshore-Konto an sich ist ja noch nichts Illegales“, sagte dazu der Sprecher der Staatsanwälte, Gerhard Jarosch, im Ö1-Mittagsjournal. Die Frage sei Jarosch zufolge, was mit dem Konto gemacht werde, ob Gelder gewaschen oder Steuern hinterzogen werden. Voraussetzung für Ermittlungen sei jedenfalls ein „begründeter Anfangsverdacht“.
Aus für Offshore-Geschäfte bei Hypo Vorarlberg
Die Hypo Vorarlberg beteuerte am Montag erneut, nur legale Offshore-Geschäfte zu betreiben. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kündigte als Eigentümervertreter aber auch an, dass sich die Bank ganz aus dem Offshore-Bereich zurückziehen werde. Ein Zusammenhang mit den Panama-Papers wurde von Wallner nicht bestätigt. Vielmehr habe man sich bereits 2009 mit dem Verkauf der Hypo-Tochter in Liechtenstein strategisch dazu entschlossen, sich aus dem Offshore-Geschäft zu verabschieden.
Wurden Sorgfaltspflichten eingehalten?
Vorarlbergs Landeshauptmann will unter anderem prüfen, ob bei der Hypo Vorarlberg die Sorgfaltspflichten eingehalten wurden.
Die Panama-Papers sorgen dennoch für eine externe Sonderprüfung durch eine Wirtschaftskanzlei, wie Wallner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Hypo-Vorarlberg-Chef Michael Grahammer weiter sagte - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
RBI: Offshore-Bezug „nicht ungewöhnlich“
In einer Reaktion betonte RBI-Konzernsprecherin Ingrid Krenn-Ditz gegenüber dem „WirtschaftsBlatt“ (Dienstag-Ausgabe), dass Geschäfte mit Offshore-Bezug „keinen wesentlichen Anteil am Gesamtgeschäft“ der RBI hätten. Es werde nun „eine externe Prüfung des Sachverhalts und stichprobenartige Überprüfungen des Portefeuilles“ beauftragt. „Ein Offshore-Bezug an sich ist weder verboten noch löst er per se einen Geldwäscheverdacht aus“, so Krenn-Ditz. „Bei internationalen Kunden ist ein Offshore-Bezug nicht ungewöhnlich.“
Internationale Maßnahmen gefordert
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sieht wie Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner die Zuständigkeit vor allem auf internationaler Ebene. Gegen Steuerbetrug und Geldwäsche müsse man vor allem international vorgehen, die heimischen Regeln seien ohnehin schon sehr streng, wurde am Dienstag nach dem Ministerrat betont. Die Hintergründe seien „rigoros“ aufzuarbeiten. Die Fälle mit österreichischen Verbindungen werde man „genau ansehen“, hieß es aus dem Büro Faymanns.
Mitterlehner plädierte für eine „dreigeteilte Vorgangsweise“. Die österreichischen Behörden müssten alle vorliegenden Daten daraufhin überprüfen, ob „steuerrechtliche Verfehlungen vorliegen oder nachgewiesen werden können“. International müssten die EU-Finanzminister bzw. die OECD alle möglichen Maßnahmen wahrnehmen, wobei es wohl „in Richtung Datenaustausch und Informationspflicht“ gehen werde.
Schelling: Problem vor allem Trusts
Auch Justizminister Wolfgang Brandstetter verwies darauf, dass die Justiz in der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung bereits aufgerüstet habe. Brandstetter bezeichnete die heimischen Gesetze zudem als „streng“. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sprach sich wie Faymann und Mitterlehner für „klare internationale Regeln, die weit über eine Empfehlung hinausgehen“ aus. Daran arbeite die EU-Kommission derzeit. Die OECD-Bestimmungen seien ja nicht verpflichtend.
Generell zeigte sich Schelling „verwundert, dass man jetzt feststellt, dass es in Panama Briefkastenfirmen gibt“. Das habe man schon seit 1977 gewusst. Aber die zwei Fälle mit Österreich-Bezug (RBI und Hypo Vorarlberg) „werden sofort überprüft“, und auch bei weiteren Fällen werde das geschehen. Das Problem seien vor allem Trusts, in die man nicht hineinschauen könne. Man solle nun nicht nur mit dem Finger auf Panama zeigen, viele Steueroasen seien mitten in Europa, etwa in Irland, Malta, Luxemburg und den Niederlanden.
Stichprobentests in Banken
Seit 2009 hat die FMA die Kompetenz, die Prävention von Geldwäsche bei den beaufsichtigten Instituten zu überwachen. Eine eigene Abteilung der Finanzaufsicht prüfe diesbezüglich routinemäßig die Banken. Im Jahr 2015 habe es 28 Vorortprüfungen und 30 „Company Visits“ gegeben.
Bei Vorortprüfungen werden stichprobenmäßig konkrete Unterlagen analysiert, ob alle Vorschriften eingehalten werden, erläuterte der Sprecher. Bei „Company Visits“ werde überprüft, ob es entsprechende Organisationshandbücher und Schulungen für Mitarbeiter sowie ein Softwaresystem, mit dem die Identitäten der Personen geprüft werden können, gebe.
Opposition kritisiert Maßnahmen als zu lasch
Während SPÖ und ÖVP auf Maßnahmen wie das Kontoregister verweisen, kritisierten die Oppositionsparteien das Vorgehen als zu lasch. Die FPÖ fordert eine vollständige Aufklärung der Rolle heimischer Banken. Von NEOS heiß es, Österreich sei „ein Nachbarland zu Panama, Liechtenstein und Zypern, wenn es um Verschleierungsoptionen von wirtschaftlich Begünstigten geht.“
Der Grüne Werner Kogler sagte, es wundere ihn nicht, dass heimische Banken in den Daten vorkommen. Dass österreichische Geldhäuser, vor allem aus dem Raiffeisen- und Hypo-Sektor, mit Briefkastenfirmen zusammenarbeiteten, habe sich schon im Banken-Untersuchungsausschuss gezeigt. Kogler forderte die Behörden auf, die Panama-Daten rasch zu beantragen.
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