UNESCO fordert umfassende Diskussion
Mit der Vertreibung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrolliert das Regime des syrischen Langzeitmachthabers Baschar al-Assad wieder die zum Weltkulturerbe zählende Oasenstadt Palmyra. Der von syrischer Seite angekündigte Wiederaufbau der vom IS zerstörten Tempelanlagen stößt nun international auf offene Ohren. Experten sind sich dabei einig, dass hier auch moderne Technologie zum Einsatz kommen soll.
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Wie die staatliche syrische Agentur SANA am Mittwoch berichtete, bat Assad UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in einem Brief um Hilfe beim Wiederaufbau von Palmyra. Unterstützungserklärungen kamen zuvor vom engen Assad-Verbündeten Russland, das beim Wiederaufbau Palmyras nun eine zentrale Rolle spielen will. Aber auch britische, italienische und deutsche Experten boten bereits an, ihr Know-how bei der Rekonstruktion Palmyras zur Verfügung zu stellen. Ein französisches Team ist laut „Independent“ schon im Auftrag Syriens im Einsatz, um eine detaillierte 3-D-Karte von Palmyra zu erstellen.

APA/AFP/Maher Al Mounes
Der Baal-Tempel vor und nach der IS-Eroberung von Palmyra
Geht es nach dem Leiter des britischen Instituts für digitale Archäologie, Roger Michel, ist das nun „der Moment, auf den wir gewartet haben“. Mit dem Wiederaufbau Palmyras könne Michel zufolge eine „mächtige Botschaft“ an all jene geschickt werden, die vor einer Zerstörung von Weltkulturerbe nicht zurückschrecken. „Wenn sie es abreißen, werden wir es neu aufbauen. Wenn sie es erneut abreißen, werden wir es erneut neu aufbauen“, wie Michel laut „New York Times“ („NYT“) weiter sagte.
Palmyra-Torbogen bereits rekonstruiert
Geht es nach dem Leiter der syrischen Museums- und Altertumsbehörde, Mamun Abdul-Karim, sollen die vom IS zerstörten Tempel in einer Weise wieder aufgebaut werden, „die ihre historische Identität bewahrt“. Abdul-Karim sprach in diesem Zusammenhang von einer Rekonstruktion mit teils originalen und teils neuen, aus den Steinbrüchen der Umgebung stammenden Felsblöcken. Für die italienische Archäologin Maria Teresa Grassi steht aber auch außer Frage, dass alle heute zur Verfügung stehenden Technologien angewandt werden sollen.

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Der Chef der syrischen Altertumsbehörde will Palmyra wieder aufbauen
Angesprochen wurden von der an der Universität von Mailand lehrenden Dozentin laut „Corriere della Sera“ damit auch die vom italienischen Ex-Kulturminister Francesco Rutelli verfolgten Pläne, historische Stätten per 3-D-Drucker zu rekonstruieren. Auf ein ähnliches Verfahren setzt auch das Institut für Digitale Archäologie, das in Kooperation mit dem italienischen Unternehmen Torart bereits einen Torbogen des vom IS-zerstörten Baal-Tempel von Palmyra rekonstruierte. Das aus Marmor gefräste Monument wird ab 19. April auf dem Londoner Trafalgar Square der Öffentlichkeit präsentiert und soll später dann auch in New York ausgestellt werden.
„Liegt in der Hand von Syrien“
Laut „Guardian“ hat Michel den Syrern bereits zwei 3-D-Drucker angeboten. Ob diese auch zum Einsatz kommen, ist der Zeitung zufolge derzeit allerdings noch mehr als offen. Demnach stünden die seit 1980 zum Weltkulturerbe zählenden historischen Stätten von Palmyra zwar unter der Ägide der UNO-Kulturorganisation UNESCO - ein gewichtiges Wort über die weitere Vorgehensweise wird neben dem syrischen Regime aber auch Russland zugerechnet: Italien und Großbritannien haben zwar die Technik, wie der „Guardian“ dazu schreibt - die Russen seien aber bereits an Ort und Stelle.
Die UNESCO plädierte indes für ein bedachtsames Vorgehen und will nun Anfang April über die weitere Vorgehensweise beraten. Russlands Angebot, Palmyra in einem ersten Schritt mit Spürhunden und Suchrobotern zu entminen, sei aber eine gute Nachricht, sagte der am UNESCO-Hauptsitz in Paris für die Notfallrettung von Kunstwerken zuständige Giovanni Boccardi. „Russland und insbesondere die Eremitage besitzen ausgezeichnete Kenntnisse in der Restaurierung“, sagte Boccardi. Nötig sei aber eine umfassende internationale Diskussion. Vor allem liegt es Boccardi zufolge aber „in der Hand von Syrien“.
„Noch fehlt eine Bestandsaufnahme“
Dem IS galt das antike Palmyra als Symbol des Unglaubens. Nach der Eroberung 2015 sprengte der IS dort Kulturdenkmäler wie den 2000 Jahre alten Baal-Tempel, den Baal-Schamin-Tempel sowie mehrere Turmgräber, den Triumphbogen und einen Teil der Säulenhalle.
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Optimismus bei Altertumsbehörde
Die Schäden in der syrischen Ruinenstadt Palmyra sind offenbar geringer als befürchtet. Palmyra könne wieder aufgebaut werden und „so werden wie vorher“, sagt der syrische Altertümerchef Mamun Abdul-Karim.
Erste Fotos aus der zurückeroberten Kulturstätte lösten bei der syrischen Altertümerverwaltung vorsichtigen Optimismus aus. Doch bisher ist unklar, wie groß das Ausmaß der Zerstörung ist. „Noch fehlt uns eine Bestandsaufnahme des tatsächlichen Schadens. Die können nur Drohnenaufnahmen oder Experten in einer Vor-Ort-Begehung leisten“, erklärte Markus Hilgert, der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin. Erst dann könne man dem Syrien-Experten zufolge entscheiden, „was man mit welchen Mitteln wiederherstellt“.
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