„Politisch sehr gespanntes Verhältnis“
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat Kritik an der Flüchtlingspolitik seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel (CDU) geübt: „Wenn ein oder zwei Millionen Menschen durch Österreich wollen, kann Deutschland durch seine Grenzabwicklung relativ einfach einen Rückstau bei uns bewirken. Wir würden zur Pufferzone“, so Faymann zur „Presse am Sonntag“.
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Das sei „unfair“. Österreich könne Schaden nehmen. „Ich habe ein persönlich gutes Verhältnis zu ihr. Aber ein politisch sehr gespanntes“, erklärte der Regierungschef in dem „Presse“-Gespräch. Seine Kritik an Merkel untermauerte Faymann folgendermaßen: „Diesen Vorteil, den Angela Merkel hat, uns als Pufferzone zu verwenden, so auszuspielen, dass man die Magnetwirkung aufrechterhält, ist europäisch ein Fehler, weil es die Balkan-Länder und andere - etwa Italien als Ausweichroute - unter Druck setzt.“
„Wollen nicht Pufferzone für Deutschland sein“
„Und es ist uns gegenüber ausgesprochen unfair“, so der SPÖ-Politiker weiter, „Merkels Politik kann dazu führen, dass Österreich Schaden nimmt. Wir wollen aber nicht die Pufferzone für Deutschland sein. Diese politische Deutlichkeit kann man uns ruhig übel nehmen - da bleiben wir konsequent.“
Von Deutschlands Regierungschefin würde sich Faymann wünschen, „dass sie klar sagt, dass Menschen nicht versuchen sollen, an diversen Grenzen durchzubrechen und illegale Routen zu nutzen. Dass sie sagt, wie viele sie nehmen will - durch legale Einreise.“
Auch Versagen der EU-Kommission
„Wobei man auch das Versagen der EU-Kommission beklagen muss“, so der Kanzler weiter. „Man beschließt Schengen und verabsäumt den Außengrenzenschutz. Ein Funktionieren von Frontex hätte es längst geben sollen. Ich glaube, wir werden da eine Zwischenlösung brauchen: ein paar Länder, die das übernehmen. Österreich würde im Rahmen einer EU-Mission sofort Soldaten bereitstellen.“
Durch Österreich seien 2015 „eine Million Menschen gegangen“, sagte Faymann, „wir waren keine Wegdrücker, haben 90.000 Menschen im Vorjahr aufgenommen und nehmen für die nächsten vier Jahre noch einmal 1,5 Prozent gemessen an der Bevölkerung.“ Es habe sich aber herausgestellt, dass eine angestrebte europäische Lösung „so nicht funktioniert“.
Mikl-Leitner: Kontrollen verschärfen
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) fordert gegenüber der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe) wiederum verschärfte Maßnahmen an den EU-Außengrenzen, um die Rückkehr von europäischen Dschihadkämpfern in den Schengen-Raum zu unterbinden. In Sachen Flüchtlingskrise spricht sich die Ministerin dafür aus, die im Lager Idomeni verbliebenen Flüchtlinge in Griechenland zu belassen.
„Wir wissen, dass mehr als 5.000 nach Syrien und in den Irak gefahren sind, um sich ausbilden zu lassen oder gar zu kämpfen. Es ist daher dringender denn je, dass in Zukunft auch EU-Bürger an den Außengrenzen systematisch kontrolliert werden“, sagte die Innenministerin.
„Flüchtlinge können sich Land nicht aussuchen“
Zum griechischen Flüchtlingslager Idomeni erklärte die ÖVP-Ministerin: „NGOs und Behörden sollten alle Überzeugungskraft einsetzen, sie dort in warme Quartiere zu bringen. Griechenland ist ein sicheres EU-Mitgliedsland.“ Ein klares Signal sei nötig: „Die Flüchtlinge können sich das Land nicht aussuchen, in dem sie einen Asylantrag stellen.“
Bezüglich des von der EU ausgehandelten Deals mit der Türkei sagte Faymann: „Die Türkei-Kritiker, zu denen ich mich in bestimmten Fragen ja auch zähle - Meinungsfreiheit, Kurden - sagen jetzt: Und auf so einen Nachbarn verlasst ihr euch? Ja, weil man gemeinsam mit ihm besser Rückführungen organisieren kann als ohne. Weil die Türkei jene, die illegal kommen, zurücknimmt.“
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