Abfuhr für das „Strandhandtuch“
Die Neuseeländer haben in einem Referendum eine neue Flagge für ihr Land abgelehnt. In der schriftlichen Abstimmung, dem Schlusspunkt einer millionenteuren Aktion, sprachen sich 56,6 Prozent gegen das neue Design mit einem Silberfarn aus, 43,2 Prozent dafür. Damit bleibt die alte Flagge mit dem britischen Union Jack im Eck erhalten.
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Für die Erneuerer, allen voran Regierungschef John Key, ist das Ergebnis ein Desaster. Die Niederlage hatte sich in Umfragen angekündigt. Mit der Änderung der seit 1902 offiziellen Nationalflagge wollte Key den „Kolonialzopf“ abschneiden, wie er sagte. Die jetzige Flagge stehe für eine „koloniale und postkoloniale Ära“, sagte Key mehrfach.
Key schrieb nach Bekanntgabe des Ergebnisses auf Twitter, Neuseeland habe für den Erhalt der herkömmlichen Flagge gestimmt. „Ich ermutige alle Neuseeländer dazu, sie zu nutzen, anzunehmen und - noch wichtiger - stolz auf sie zu sein.“ Vizepremier Bill English sagte, einige Bürger seien gewiss enttäuscht vom Ausgang des Referendums, die Regierung habe aber einen demokratischen Prozess ermöglicht, und die Neuseeländer hätten sich entschieden.
Lauter Protest von Militärangehörigen
Neuseeland erlangte 1947 die volle Unabhängigkeit von Großbritannien. Königin Elizabeth ist jedoch Staatsoberhaupt. Daran wollte der Regierungschef auch nicht rütteln. Dass die Labour-Opposition das Fahnenreferendum als Abstimmung über ihn nutzen könnte, sei kurzsichtig: „Dann würden sie in ein paar Monaten aufwachen und merken, was für einen schrecklichen Fehler sie gemacht haben“, sagte er im staatlichen Rundfunk. „Denn das Ergebnis macht für mich persönlich absolut keinen Unterschied.“
Am lautesten hatten Militärangehörige gegen die Änderung protestiert. Zehntausende Neuseeländer seien unter der alten Flagge für ihr Land gefallen, sagten sie. Die aktuelle Flagge repräsentiere die Geschichte und Identität Neuseelands. Auch Schauspieler Sam Neill („Das Piano“, „Jurassic Park“) war kein Fan des neuen Designs, wie er im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb: „Ich bleibe bei der alten Flagge. Kein Strandhandtuch. Würde.“
Teure Abstimmung und Designwettbewerbe
Dem Referendum waren kostspielige Designwettbewerbe und Abstimmungen vorangegangen. Das neuseeländische Newsportal Stuff.co.nz bezifferte die angefallenen Gesamtkosten mit umgerechnet etwa 15 Millionen Euro.
Im August des Vorjahres waren in einem ersten Schritt aus 10.000 eingereichten Fahnendesigns 40 ausgewählt worden. Die Bandbreite reichte damals von Farnwedeln bis zu textilen Assoziationen. Als Favorit auf das neue Motiv für die Nationalflagge galt von Anfang an das junge Blatt des Silberfarns, Koru genannt, der bereits das Symbol des Rugby-Nationalteams ist. Populär waren auch die Farbe Schwarz, ebenso die Sternenkonstellation Kreuz des Südens.

Flag Consideration Project
Die ursprünglich ausgewählten 40 Entwürfe im Überblick
Nach mehreren Abstimmungen setzte sich der Australier Kylie Lockwood mit seinem Entwurf durch. Die Arbeit - eine Kombination aus Silberfarnblatt, vier Sternen und schwarzem Hintergrund - galt auch als Favorit von Premier Key. Kritiker fühlten sich an die Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erinnert.
Bürger prahlten mit Wahlbetrug
Lockwoods Werk sorgte aber nicht nur wegen der Assoziation zum Symbol des IS für Unverständnis. „Wenn es das ist, was man für 26 Millionen (Neuseeland-)Dollar (rund 15 Mio. Euro) bekommt, ist das enttäuschend“, sagte der Chef der Partei Neuseeland Zuerst, Winston Peters, über die Entwürfe.
Für Aufregung sorgten zudem Meldungen über mutmaßlichen Wahlbetrug bei den Abstimmungen, die dem finalen Referendum vorausgegangen waren. Mehrere Neuseeländer prahlten in Sozialen Netzwerken damit, dass sie bei der Abstimmung über die neue Nationalflagge mehr als eine Stimme abgegeben haben. Die Wahlkommission bat die Polizei daraufhin um Ermittlungen in vier Fällen.
Ein Mann behauptete etwa auf Facebook, dass er bei Nachbarn 300 Stimmzettel eingesammelt und ausgefüllt habe. Das sei eine Straftat, so die Wahlkommission. Das könne mit bis zu zwei Jahren Haft oder einer Geldstrafe von 40.000 neuseeländischen Dollar (rund 25.000 Euro) geahndet werden.
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