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„Ein Krieg wird gegen uns geführt“

Einen Tag nach den verheerenden Brüsseler Terroranschlägen mit mehr als 30 Toten und über 200 Verwundeten haben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der französische Premier Manuel Valls eine entschlossenere Reaktion der EU verlangt. „Ein Krieg wird gegen uns geführt“, sagte Valls in Brüssel. „Europa sieht sich einer großen Terrorgefahr gegenüber.“

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„Wir haben es mit einer noch nie dagewesenen Bedrohung zu tun, die anhalten wird“, sagte Valls. Das sei anders als bei früheren Terrorattacken. Notwendig seien ein militärisches Vorgehen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), ein Handeln von Polizei und Justiz sowie ein verschärfter Schutz der Bevölkerung. Valls setzte damit die Kriegsmetaphorik fort, die er und Präsident Francois Hollande schon nach den Anschlägen von Paris verwendet hatten.

Pochen auf Fluggastdatenregister

Juncker kritisierte nach dem Treffen mit Valls bisherige Versäumnisse der EU-Staaten und des Europaparlaments bei Anti-Terror-Gesetzen. „Wenn alle Regierungen der Weisheit der EU-Kommission gefolgt wären, wäre die Situation nicht so, wie wir ihr heute gegenüberstehen.“ Bereits nach den Terrorschlägen vom 11. September 2001 in den USA habe die EU Maßnahmen beschlossen, „aber es ist noch immer nichts geschehen, obwohl etwas geschehen muss“, so Juncker.

Valls und Juncker forderten insbesondere einen Fortschritt bei der Schaffung eines europäischen Fluggastdatenregisters (PNR), das derzeit im EU-Parlament liegt. Valls sagte, ein europäisches PNR-System sei „essenziell, symbolisch, aber auch praktisch“ von hohem Wert. Terroristen könnten damit abgefangen werden. Das EU-Parlament müsse zeigen, dass es der Terrorismusbekämpfung voll verpflichtet sei. Mit ranghohen Abgeordneten will Valls das Thema im April erörtern, wie er sagte.

Maßnahmen gegen Radikalisierung

Juncker forderte auch ein rascheres Handeln der Europäer beim Aufbau einer Küsten- und Grenzschutzwache. Derzeit sei die Reaktion Europas zu stark von Ereignissen abhängig. „Wenn die Dinge passieren, fangen wir an, uns damit zu befassen. Wir sollten uns mehr darum kümmern, bevor sie passieren.“

Valls forderte mehr Bemühungen gegen die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher und mehr Investitionen in die Sicherheitssysteme, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Es gebe nicht eine einzige Lösung, sondern viele seien erforderlich. Auch müsse entschiedener gegen die Fälschung von Reisepässen vorgegangen werden, derzeit seien viele gefälschte syrische Pässe im Umlauf.

„Europa attackiert“

Der französische Premier bezeichnete die Anschläge von Brüssel als Angriff auf Europa. „Gestern wurde Brüssel, die Hauptstadt Europas, vom dschihadistischen Terror getroffen“, sagte er. Frankreich stehe solidarisch an der Seite Belgiens. „Wir haben auch Terroranschläge erlitten“, erinnerte der französische Premier an die Terrorserie in Paris vom 13. November, bei der 130 Menschen getötet wurden. „Indem sie Brüssel angegriffen haben, haben die Terroristen auch alles attackiert, wofür Europa steht, unsere Werte.“

Kritik an Versäumnissen

Zuvor hatte bereits EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos scharfe Kritik an den EU-Staaten geübt. „Wenn wir alles, was wir im Vorjahr beschlossen haben, voll umgesetzt hätten, hätte wir der Situation effizienter begegnen können“, sagte Avramopoulos in Hinblick auf die Anschläge in Brüssel. „Wir alle wussten, dass das passieren kann.“

Die EU-Staaten müssten sich mehr und besser des Anti-Terror-Zentrums bei Europol bedienen, forderte Avramopoulos. „Die Mitgliedstaaten müssen Vertrauen ineinander haben.“ Die mutmaßlichen Attentäter seien den einzelnen EU-Staaten zum Teil seit Langem bekannt.

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