Weitreichende Immunität für Ex-Staatschef
Der unter Korruptionsverdacht stehende ehemalige brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva wird Chef der Casa Civil unter seiner politisch angeschlagenen Nachfolgerin Dilma Rousseff. Das hat Rousseff am Mittwoch nach Mitteilung des Präsidentenbüros bestätigt. Der neue Posten sichert Lula weitgehende Immunität. Er soll in den Petrobras-Skandal verwickelt sein.
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Am Montag zog der für die Affäre um den Ölriesen Petrobras zuständige Bundesrichter Sergio Moro die Ermittlungen gegen Lula an sich. Als Regierungsmitglied kann ihm nur das Oberste Gericht den Prozess machen. Lula soll unter anderem wegen Geldwäsche angeklagt werden. Dabei geht es um ein Apartment in Guaruja an der Atlantikküste - die Ermittler vermuten, dass Lula die renovierte Immobilie als Gegenleistung für Hilfe bei Auftragsvergaben erhalten haben könnte. Der Ex-Staatschef bestreitet die Vorwürfe, doch die Staatsanwaltschaft Sao Paulo hat deshalb sogar Untersuchungshaft beantragt.
Lula soll Rousseff retten
Lula wird damit einen der einflussreichsten Posten in der Regierung übernehmen. Das Amt ähnelt dem eines Kabinettschefs, er koordiniert die Ministerriege. Doch auch Rousseff will von Lulas neuer Position profitieren. Die gemäßigt linke Arbeiterpartei setzt darauf, dass der 70-jährige Lula, der am 1. Jänner 2011 nach zwei Mandaten mit immer noch hohen Umfragewerten aus dem Präsidentenamt schied, seine angeschlagene Nachfolgerin vor einem drohenden Sturz bewahren kann.

APA/AP/Andre Penner
Große Teile der Bevölkerung drängen auf einen Rücktritt Rousseffs
Medienberichten zufolge verlangte Lula als Vorbedingung für seinen Regierungseintritt, dass Rousseff ihre bisherige Sparpolitik aufgibt und Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft ergreift. Die 68-Jährige wird für Rezession, Teuerung, explodierende Schulden und eine chaotische Regierungsführung verantwortlich gemacht. Sie hat nur noch zehn Prozent Zustimmung.
3,6 Millionen bei Demos gegen Rousseff
Ihr wird vorgeworfen, Steuergesetze verletzt und Staatsfinanzen manipuliert zu haben, um ihren Wahlkampf zu finanzieren. Die Präsidentin weist das zurück. Auch der wirtschaftliche Abschwung des Landes wird ihr angelastet. Brasilien droht die tiefste Rezession seit 1930. Die Zahl der Arbeitslosen stieg auf 9,1 Millionen.
Am Sonntag waren in Brasilien laut Polizeiangaben 3,6 Millionen Menschen gegen Rousseff auf die Straße gegangen. „Dilma raus!“, riefen die Regierungsgegner, die sich in der Hauptstadt Brasilia und rund 400 anderen Städten des Landes versammelt hatten. Die rechte Opposition hofft, mit den Massenmobilisierungen den Druck auf die Abgeordneten für das gegen die Präsidentin laufende Amtsenthebungsverfahren zu erhöhen. Ob Rousseff eine Abstimmung im Kongress überlebt, ist fraglich. Nach ihrer Wiederwahl 2014 endet ihr Mandat regulär Ende 2018.
Ermittlungen gegen Politiker
Allein gegen 57 Politiker wird mittlerweile in der „Operation Lava Jato“ (Autowäsche) ermittelt. Dabei geht es um jahrelange Schmiergeldzahlungen an Politiker bei Auftragsvergaben des halb staatlichen Ölkonzerns Petrobras an Bauunternehmen, zum Beispiel für den Bau einer Bohrplattform. Der Skandal hat das Vertrauen der Bürger in die seit 2003 regierende Arbeiterpartei schwer erschüttert. Die Opposition wirft Rousseff vor, vom Korruptionsnetz gewusst zu haben, was sie zurückweist. Sie war in Lulas Amtszeit Ministerin und Kabinettschefin.
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