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Fischen im Teich der Protestwähler

Die rechte Alternative für Deutschland (AfD) ist als Partei gerade einmal etwas mehr als drei Jahre alt. Sie punktet vor allen bei Protestwählern. Sie gilt als rechtspopulistisch, politische Gegner werfen ihr rechtsextremistische Positionen vor.

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Zuletzt hatte die AfD für Empörung gesorgt, als Koparteichefin Frauke Petry (die Partei hat eine Doppelspitze) in einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen“ erklärte, die deutsche Polizei müsse illegale Grenzübertritte verhindern und dabei „notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen“. Die SPD rief nach dem Verfassungsschutz, die Linke warnte davor, die Partei dadurch zum „Märtyrer“ zu machen. Petry versuchte anschließend zurückzurudern.

Strohfeuer oder künftiger Fixstern?

In der Frage, ob sich die Partei trotz ihrer Erfolge längerfristig in der politischen Landschaft werde etablieren können, gehen die Meinungen auseinander. „Die AfD hat sich noch nicht konsolidiert, das ist noch eine Koalition von verschiedenen Strömungen“, so die Einschätzung des renommierten Politologen Jürgen Falter von der Universität Mainz. Ähnlich sieht es auch der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer von der Freien Universität (FU) Berlin, der die Stärke der Rechtspopulisten auf Protestwähler zurückführt, die vor allem den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassen wollten.

Noch im Sommer, als sich der wirtschaftsliberale Flügel um den AfD-Mitbegründer Bernd Lucke abspaltete und nationalkonservative Kräfte um Parteichefin Petry das Kommando übernahmen, sahen viele Politologen die Partei auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Erst mit dem Anwachsen der Flüchtlingskrise kehrte sich der Abwärtstrend in Umfragen um. Viele ihrer Sympathisanten und Wähler fühlen sich von dem islamfeindlichen Kurs der AfD-Spitze und der kaum kaschierten Fremdenfeindlichkeit vieler Parteifunktionäre angezogen.

Mobilisieren mit Flüchtlingskrise

„Wer gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik ist, der kann ja außerhalb Bayerns eigentlich nur AfD wählen oder zu Hause bleiben“, sagte Falter. „Das stärkt die AfD ganz enorm.“ Auch der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, geht von einem „größeren Mobilisierungseffekt“ von Flüchtlingskrise und Zuwanderung für die AfD aus.

Allerdings agiert die AfD in der Flüchtlingsfrage nicht einheitlich. Petry erntete wegen ihrer Aussagen und der folgenden Negativschlagzeilen intern Kritik. Ähnlich umstritten wie sie ist der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke, der etwa den etablierten Parteien vorwirft, Deutschland abschaffen zu wollen. Bisher führten diese parteiinternen Streitigkeiten aber nicht zu einem Einbruch in den Umfragewerten - im Gegenteil.

Kein Erfolg ohne Grund für Protest?

Koparteichef Jörg Meuthen, Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, vermeidet Äußerungen an der Grenze zum Rechtsradikalismus. Die von AfD-Gegnern beschworene Gefahr, die Rechtspopulisten rückten immer mehr in die Nähe von Rechtsradikalen, weist er zurück. „Es gibt verschiedene Flügel in der Partei, das ist unstrittig“, sagt er. „Aber ich fürchte weder ein Nach-links-Rücken noch ein Nach-rechts-Rücken. Das ist alles nicht das, worüber wir nachdenken.“

Meuthen gilt als eine Art „Überbleibsel“ der alten Lucke-AfD, die als „Professorenpartei“ galt. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Lehrender an der Hochschule (HS) Kehl und gibt sich betont bürgerlich. Mit seiner Wahl in den baden-württembergischen Landtag dürfte auch sein Einfluss in der Bundesspitze wachsen. Zumal die noch vor Monaten unangefochtene Kochefin Petry nach diversen Alleingängen als angeschlagen gilt. Aus Sicht Meuthens ist jedenfalls noch nicht entschieden, wer die AfD in den Bundestagswahlkampf 2017 führen wird: „Wer in welcher Form bei der Bundestagswahl in welcher Funktion antritt, ist derzeit in unserer Partei überhaupt noch kein Thema. Das wird sich dann später zeigen.“

Möglicherweise ist die AfD bis dahin auch wieder in den Sinkflug übergegangen. Aus Sicht von Niedermayer steht und fällt das Schicksal der Partei mit dem Lösen der Flüchtlingskrise. Auch Falter sagte: „Die AfD kann noch sehr einbrechen, wenn die eigentlichen Anlässe für den Protest vorbei sein sollten.“ Die Partei wurde im Februar 2013 in Berlin gegründet.

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